Inschriftenkatalog: Gandersheim
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DIO 2: Kanonissenstift Gandersheim (2011)
Nr. 19 Bad Gandersheim, Stiftskirche 1484
Für eine aktualisierte Fassung dieser Katalognummer, siehe DI96 G1 Nr. 19.
Beschreibung
Grabplatte für die Pröpstin Elisabeth von Dorstadt. Stein. Die Platte ist in der nördlichen Innenwand des östlichen Querhauses angebracht. Zur Zeit der Kunstdenkmälerinventarisierung durch Steinacker (1910) befand sie sich in der Marienkapelle.1) Schultz gibt als ihren Standort die Außenwand der Marienkapelle an.2) Die Platte zeigt die Verstorbene als lebensgroße Figur in Ritzzeichnung unter einer Bogenarchitektur, zu ihren Füßen ein Wappenschild, dessen Inhalt stark beeinträchtigt ist. Wahrscheinlich waren auch in den vier Ecken des Innenfelds Wappenschilde angebracht, erkennbar sind nur noch die beiden auf der heraldisch rechten Seite. Von der wahrscheinlich ursprünglich vierseitig umlaufend eingehauenen Inschrift ist nur noch der auf der linken Langseite angebrachte Teil zu lesen. Der Stein ist in der rechten Hälfte stark abgetreten mit vollständigem Verlust der Wappen und der Inschrift an der oberen Schmalseite und der rechten Langseite. Im Bereich der unteren Schmalseite sind lediglich in der linken Ecke noch Buchstabenreste zu erkennen. Quer durch die Mitte der Platte verläuft eine breite Ausbesserungsfuge, auf der die verlorenen Buchstaben der Inschrift nachgetragen wurden.
Inschrift ergänzt nach Leuckfeld.
Maße: H.: 230 cm; B.: 118 cm; Bu.: 11 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel.
[Anno Domini millesimo qvadragentesimo octuagesimoa) qvarto in die sancti Martini Episcopi3) obiit nobilis et generosa Domina Elisabeth de Dorstad Abbatissa secularis]b) / eccl(es)iec) herrsend) ete) p(re)p(osit)〈a est〉 / h(u)i(us) ecc(lesi)ef) h(ic) sep(u)ltag) c(uius) a(n)i(m)a req(u)iescat i(n) pa[ce]
Übersetzung:
Im Jahr des Herrn 1484 am Tag des heiligen Bischofs Martin starb die edle und hochgeborene Domina Elisabeth von Dorstad, Äbtissin der freiweltlichen Kirche in Heerse und Pröpstin dieser Kirche. Sie liegt hier begraben. Ihre Seele ruhe in Frieden.
Dorstadt4) | |
Honstein5) | ? |
Pyrmont6) | ? |
Textkritischer Apparat
- octuagesimo] octumagesimo Leuckfeld.
- Die an der unteren Schmalseite noch erkennbaren Buchstabenreste lassen sich nicht mit Leuckfelds Überlieferung übereinbringen. Es ist daher zu vermuten, daß Leuckfelds Lesung nicht auf Autopsie beruht.
- eccl(es)ie] Nach ec ragt der Wappenschild in die Schriftleiste hinein.
- herrsen] Über den Buchstaben en ein Kürzungsstrich. Wahrscheinlich aufzulösen als herisiensis ‚Heerse‘; Herisiensis Leuckfeld.
- et] ac Leuckfeld.
p (rae)p (osit)〈a est〉 / h(u)i(us) ecc(lesi)e] Praepositissa Ecclesia (!) Gandersemensis Leuckfeld; ursprünglicher Wortlaut wohl:p (rae)p (osit)issa h(u)i(us) ecc(lesi)e.- h(ic) sep(u)lta] Fehlt Leuckfeld.
Anmerkungen
- Vgl. Kdm. Kreis Gandersheim, S. 157.
- Schultz, Grabmale, S. 80.
- 11. November.
- Wappen Dorstadt (geschachter Schrägbalken, der übrige Schildinhalt ist nicht mehr zu erkennen). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 6, Abt. 6, S. 20, Tafel 23: Schild quergeteilt und überdeckt von einem in zwei Reihen geschachten Schrägrechtsbalken.
- Wappen Honstein (Schild neunfach geschacht). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch Bd. 6, Abt. 6, S. 74, Tafel 47: Schild zwölffach geschacht.
- Wappen Pyrmont (Ankerkreuz).
- Biographische Daten nach Goetting, Kanonissenstift Gandersheim, S. 163f., S. 364 (mit Quellennachweisen); s. a. Gemmeke, Damenstift Neuenheerse, S. 171–175.
Nachweise
- Leuckfeld, Antiquitates Gandersheimenses, S. 408.
- Kdm. Kreis Gandersheim, S. 157.
- Gemmeke, Damenstift Neuenheerse, S. 174 (nach Leuckfeld) mit Abb.
- Schultz, Grabmale, S. 80.
Zitierhinweis:
DIO 2, Kanonissenstift Gandersheim, Nr. 19 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio002g001k0001902.
Kommentar
Elisabeth von Dorstadt ist seit 1452 in Gandersheim als Kanonisse bezeugt. Sie ist verwandtschaftlich nicht näher einzuordnen. Am 24. April 1462 urkundete sie zum ersten Mal als Pröpstin des Stifts. Im Jahr 1477 übernahm sie wahrscheinlich das Amt der Äbtissin im Stift Heerse (Neuenheerse bei Bad Driburg). Urkundlich belegt ist sie in dieser Funktion aber erst seit dem 30. Oktober 1481. Ihr Todesdatum ist der 11. November 1484.7)