Inschriftenkatalog: Gandersheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DIO 2: Kanonissenstift Gandersheim (2011)

Nr. 4 Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum 1. H. 11. Jh.

Für eine aktualisierte Fassung dieser Katalognummer, siehe DI96 G1 Nr. 4.

Beschreibung

Brustkreuz.1) Silber, teilweise vergoldet. Das Kreuz dürfte mit dem Creutzgen identisch sein, das Leuckfeld (1693–1712) in seiner Beschreibung eines Bleireliquiars aus dem Sepulchrum des Hochaltars erwähnt. Es ist wahrscheinlich im Jahr 1818 bei der Aufhebung der Reichsabtei Gandersheim nach Braunschweig in das Herzog Anton Ulrich-Museum gekommen.2) Auf der Vorderseite des Kreuzes die Figur des Gekreuzigten in Treibarbeit, darüber in zwei Zeilen der Titulus A. Auf der Rückseite, begleitet von zwei Engeln, in Gravur Maria, die in ihrer Linken ein Buch hält, die Rechte erhoben.3) Inschrift B in drei Zeilen über der Darstellung. Alle Inschriften sind eingraviert.

Maße: H.: 4,7 cm; B.: 3,9 cm; Bu.: 0,25 cm (A, B).

Schriftart(en): Romanische Majuskel.

  1. A

    IES/VS

  2. B

    S(ANCTA) / MA/RIA

Kommentar

Die Datierung in die 1. Hälfte des 11. Jahrhunderts folgt der stilkritischen Einordnung durch Regine Marth.4) Soweit der geringe Buchstabenbestand und die eher unregelmäßige Ausführung überhaupt eine schriftgeschichtliche Einschätzung zulassen, spricht der Befund nicht gegen eine Entstehung der Inschrift in der 1. Hälfte des 11. Jahrhunderts. Die Grundformen entstammen dem Kapitalis-Alphabet, die Schäfte und der Kürzungsstrich von S(ANCTA) sind mit bemerkenswert großen Sporen versehen. Die großen Sporen korrespondieren optisch mit den breiten Deckbalken des A. Die Cauda des R ist leicht nach oben gewölbt. Die S sind als leicht gerundete retrograde Z ausgeführt, in S(ANCTA) mit ungleich proportionierten Bögen.

Anmerkungen

  1. Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum Inv. Nr. MA 168. Vgl. auch Popp, Schatz der Kanonissen, S. 103.
  2. Vgl. Popp, Schatz der Kanonissen, S. 103, Fußnote 438. Zur Problematik der Provenienzbestimmung vermeintlich Gandersheimer Stücke in den Beständen des Herzog Anton Ulrich-Museums siehe demnächst den Beitrag von Regine Marth in dem von Hedwig Röckelein herausgegebenen Band „Der Gandersheimer Schatz im Vergleich“.
  3. Steinacker bezeichnet die Figur als „Maria byzantinischer Auffassung“ (Kdm. Kreis Gandersheim, S. 149). Zur Darstellung einer weiblichen Heiligen mit Buch vgl. eine aus der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts aus Werden stammende Darstellung disputierender Frauen mit Buch und zum Redegestus erhobener Hand (vgl. Kat. Krone und Schleier, S. 232, Abb. 91b).
  4. Kat. Krone und Schleier, S. 171 (Regine Marth).

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Gandersheim, S. 149.
  2. Röckelein, Gandersheimer Reliquienschätze, S. 53 mit Farbabb. 12 (Vorderseite).
  3. Kat. Krone und Schleier, S. 171 mit Abb.
  4. Popp, Schatz der Kanonissen, S. 104 mit Abb.

Zitierhinweis:
DIO 2, Kanonissenstift Gandersheim, Nr. 4 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio002g001k0000402.