Inschriftenkatalog: Stadt Freising

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 69: Stadt Freising (2010)

Nr. 92 Dom Mariä Geburt und St. Korbinian 1037/1. H. 15. Jh.

Beschreibung

Gedenkplatte für Bischof Heinrich I. von Tengling. Im äußeren nördlichen Seitenschiff in der Leonhardskapelle an der Nordwand, westlich des Fensters. Heute noch am ursprünglichen Standort1). Roter Kalkstein. Oben dreizeilige Inschrift, darunter ein spitzer Fünfpaßbogen mit Zwickelflächen; im Feld ein leicht nach links geneigter Bischofsstab, unterhalb der Krumme drei weitere Zeilen zu beiden Seiten. Der Spitzbogen und der Bischofsstab in Ritzzeichnung, die Krumme des Stabes differenzierter ausgearbeitet.

Maße: H. 157 cm, B. 56 cm, Bu. 6 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. Sepvltvra · Henricia) / Ep(iscop)ia) · Frisingensisa) · / obytb) · vijb) · Id(us) · octhob(ris)c) // Anno · d(omini)d) · // m · xxxviio e) / · Rexitd) · // xxxviiiia) / an(n)isa) · de(di)tf) · // Eb(e)rst(o)rffg)

Übersetzung:

Die Grabstätte des Bischofs von Freising Heinrich. Er starb am siebten Tag vor den Iden des Oktober im Jahre des Herrn 1037. Er regierte 39 Jahre. Er gab (dem Domstift) Ebersdorf.

Datum: (1037) Oktober 092).

Kommentar

Die nach paläographischem Ausweis vor der Mitte des 15. Jahrhunderts entstandene, qualitätvolle Inschrift weist Ähnlichkeiten mit einer Schriftgruppe auf, die in Freising in der 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts auftritt, s. Einleitung XCVIII.

Heinrich von Tengling entstammte dem einflußreichen Geschlecht der Grafen Tengling-Peilstein, das in Bayern, Hessen und Österreich begütert war3). Geboren wurde er zwischen 1065 und 1070 als Sohn des Grafen Friedrich I. von Tengling4). Seit 1090 ist er als Kanoniker in Freising nachweisbar5). Am 28. Juni 1098 wurde er zum Bischof gewählt6). Während seiner Regierungszeit kam es wiederholt zu Auseinandersetzungen mit dem Salzburger Erzbischof Konrad I. (1106–1147), der Heinrich I. von Freising nicht anerkannte, da dieser durch eine Laieninvestitur in sein Amt eingeführt worden war. Jedoch scheiterte Erzbischof Konrad am Einsatz des adeligen Freisinger Klerus für seinen Bischof7). Daraufhin unterwarf sich Heinrich Papst Kalixt II., der ihn in Gnaden wiederaufnahm. 1107 weihte Bischof Heinrich die Benediktinerklosterkirche auf dem Petersberg, die heute zu den ältesten erhaltenen Kirchenbauten im Umland von München gehört8). Bischof Heinrich, der als sehr reich und gebildet galt, starb am 9. Oktober 1137 – nicht, wie die Inschrift angibt, 1037 – und wurde in der von ihm gegründeten Leonhardskapelle begraben9). Zuvor sicherte er sich noch ein Gedächtnis beim Marienaltar im Dom10). Der Stiftungskalender des Freisinger Domes erwähnt im Eintrag für ihn auch die Stiftung der heute in Österreich gelegenen Güter in Ebersdorf und Gries11). Dabei handelt es sich um das inschriftlich genannte Ebersdorf, welches er durch Kauf von zwei Brüdern, Gottschalk und Wichard, erworben hatte12).

Eine Quelle des 15. Jahrhunderts gibt folgende Grabinschrift wieder: Anno dom(in)i · Mo · cxxxvij · vij Idus octobris obyt ep(iscop)us Hainric(us) de Eberstain rexit · ixl · annis · mensib(us) . v · dieb(us) . xxiij13). Ob es sich dabei um eine willkürlich veränderte Fassung der erhaltenen Grabinschrift oder um die Inschrift einer verlorenen, der erhaltenen Gedenkplatte zeitlich vorausgehenden Grabplatte handelt, ist nicht zu entscheiden.

Textkritischer Apparat

  1. Punkt über dem Schaft des/der i später ergänzt.
  2. Punkte über den Schäften des y später ergänzt.
  3. Nachfolgend Textfortsetzung im Bildfeld links neben dem Bischofsstab.
  4. Nachfolgend Unterbrechung durch den Bischofsstab.
  5. Hochgestelltes o und Punkt über dem Schaft der i später ergänzt. Meichelbeck, AEM H 464: Text ab Rexit fehlt.
  6. t hochgestellt. Nachfolgende Unterbrechung durch Bischofsstab.
  7. Worttrennzeichen quadrangelförmig.

Anmerkungen

  1. Leidinger, Veit Arnpeck 871.
  2. Das Todesdatum 1037 ist irrig: Tatsächlich starb Bischof Heinrich I. im Jahre 1137, s. biographische Angaben.
  3. Strzewitzek, Sippenbeziehungen 227.
  4. Meiller, Regesten 423f., 543-546; Zahn, Codex diplomaticus I 95f. Nr. 97; Mayer/Westermayer, Erzbisthum Freising III 401f.; Strzewitzek, Sippenbeziehungen 227.
  5. BSB Cgm 1716 Catalogus Canonicorum fol. 9r.
  6. Meichelbeck, Historia Frisingensis I,1 291; Meichelbeck, Chronica 123.
  7. Strzewitzek, Sippenbeziehungen 228.
  8. Maß, Bistum 155; Petersberg, Gde. Erdweg, Lkr. Dachau.
  9. Meiller, Regesten 423 Nr. 36; Bischofs-Chronik I 39 Anm. 1; Strzewitzek, Sippenbeziehungen 227;
  10. Strzewitzek, Sippenbeziehungen 228.
  11. BayHStA HL Freising Nr. 569 p. 39; BayHStA HL Freising Nr. 570 fol. 20v; AEM H 57 p. 81; MGH Necrologia III Liber Oblagiorum 94: Prepositus in Austria dat.
  12. Zahn, Codex diplomaticus I 93f. Nr. 94, 95; Bitterauf, Traditionen II 523-525 Nr. 1728, 1729; Strzewitzek, Sippenbeziehungen 228 Anm. 8; Ebersdorf, Pol. Bez. Hartberg, Steiermark, Österreich.
  13. AEM H 5 p. 108; HABW Cod. Helmst. 205 fol. 248r; Deutinger, Viti Arnpeckhii 499f.; Leidinger, Veit Arnpeck 871; AEM H 602 p. 69, hier ep(iscop)us fehlend; AEM H 253 p. 36: anno d(omi)ni Mo co xxxvij id(us) octobris obyt ep(iscop)us Hainric(us) de Eberstain (etc.); vgl. auch p. 37: Anno D(omi)ni M:o Co XXXVII septimo Jdus Octob(ris) obyt Ep(iscop)us Henricus de Eberstain (etc.); Hundt/Gewold, Metropolis Salisburgensis I2 154, I3 104: Anno Domini M. CXXXVII. septimo Idus Octobris, obiit Episcopus Henricus de Eberstein.

Nachweise

  1. BSB Cgm 1725 p. 89; AEM H 57 p. 84; Meichelbeck, Historia Frisingensis I,1 314; BSB Clm 1290 p. 142; BSB Cgm 1717 p. 140; AEM H 482a p. 303, 1091, 1118; BSB Cgm 1718 1 nach p. 125; AEM H 290 p. 374, 383; AEM H 464 fol. 11v; AEM H 8a p. 437; AEM H 465 fol. 79r; AEM H 467; AEM B 8 I p. 645; Deutinger, Viti Arnpeckhii 499; Schlecht, Inschriften I 63 Nr. 59; Glaser, Grabsteinbuch 307 Nr. 27.

Zitierhinweis:
DI 69, Stadt Freising, Nr. 92 (Ingo Seufert), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di069m012k0009203.