Inschriftenkatalog: Stadt Freising

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 69: Stadt Freising (2010)

Nr. 73 Domkreuzgang 1426

Beschreibung

Figurale Grabplatte für den Domdekan Hiltprand von Kammer. Im Ostflügel im vierten Joch an der Westwand. Ursprünglich im Dom im äußeren nördlichen Seitenschiff in der Michaelskapelle an der Westwand zum Nordturm1), seit 1957 am heutigen Standort. Roter Kalkstein. Umschrift, nach innen gerichtet, die linke Längsseite nur zur Hälfte ausgefüllt. Im Mittelfeld unter einem Kielbogen aus Maßwerk, dessen Zwickel Lanzettbogen enthalten, Darstellung des Verstorbenen im Chorgewand mit Almucia, in seiner Linken ein Kelch, die Rechte segnend darüber erhoben; in den oberen Ecken der Platte je ein quadratisches Feld mit einer Blüte, in den unteren Ecken kreisrunde Wappenmedaillons, die Schriftleiste unterbrechend. Die bildliche Darstellung in Flachrelief.

Maße: H. 206 cm, B. 97 cm, Bu. 10,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. · Anno · d(omi)ni · Mo a) · cccco b) · // xxvio · obytc) · d(omi)n(v)s · hilprandvsd) · de · kamer · decan(vs)e) // Ecc(les)ie · frising=//=ensise) · Jn · die · S · kalixtid) · p(a)pef) ·

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1426 starb Herr Hiltprand von Kammer, Dekan der Freisinger Kirche, am Tag des hl. Papstes Kalixt.

Datum: 1426 Oktober 14.

Wappen:
Eisenhofen2), Kammer3).

Kommentar

Die Detailformen der sehr gleichmäßig und sauber ausgeführten Gotischen Minuskel finden sich ebenso auf der Grabplatte des Eglolph von Hornpeck (Nr. 66), die ebenfalls große Übereinstimmungen in bezug auf die etwas unbeholfene Figurenbildung aufweist; vgl. Einleitungskapitel XCVIII.

Hiltprand von Kammer entstammte einem bayerischen Adelsgeschlecht, dessen Mitglieder den Wittelsbachern mehrfach als Ministerialen dienten. Sein Vater war Arnold von Kammer, seine Mutter Adelheid, geb. von Eisenhofen4). Hiltprand war ein Onkel des Degenhard von Weichs (Nr. 72)5). Seit 1392 ist er als Mitglied des Domkapitels belegt6). 1399 immatrikulierte er sich an der Universität Heidelberg7). Nach einigen Jahren als Domdekan8) stieg er 1416 zum Generalvikar auf9). Von 1402 bis 1410 war er Propst in Schliersee10), von 1407 bis 1409 Propst des Kollegiatstifts St. Andreas in Freising11). In seinem Todesjahr 1426 verzichtete er zugunsten seines Bruders Matthäus und der Söhne seines verstorbenen Bruders Gebhart, Leonhart und Wolff, auf sein väterliches Erbe12). Hiltprand von Kammer verstarb am 14. Oktober 1426 in Mühldorf13). Sein Grab befindet sich in der Michaelskapelle im Dom in der Nähe der Grabstätte seines Vetters Degenhard von Weichs (Nr. 72).

Über der Platte befindet sich eine gemalte Tafel mit Inschrift, die voraussichtlich 2011 in Entsprechung zu den übrigen Tafeln von 1716 neu hergestellt wird: HILPRAND(VS) DE KAMER CAN(ONICVS) ET DECAN(VS) / ECCL(ESIAE) FRISING(ENSIS) O(BIIT) A(NN)O 1426. 14 OCT(OBRIS).

Im Dom befand sich außerdem eine quadratische Bodenplatte aus der Zeit von Bischof Eckher mit der Inschrift: HILPRANDUS / DE KAMER / DECANUS / O(BIIT) A(NN)o 1426. / 14. OCT(OBRIS)14). Diese Platte wurde offenbar im Zuge der Bodenerneuerung 1842 in die untere Domsakristei übertragen.

Textkritischer Apparat

  1. Hochgestellte o später ergänzt.
  2. Nachfolgende Unterbrechung in der Datierung durch Blüte.
  3. Punkt über dem linken Schaft des y später ergänzt.
  4. Punkt über dem Schaft des ersten i später ergänzt.
  5. Unterbrechung durch Wappenmedaillon.
  6. Worttrennzeichen paragraphenförmig.

Anmerkungen

  1. BSB Cgm 1716 Catalogus Canonicorum fol. 6v; Schlecht, Inschriften II 14.
  2. BayA1 35 (Tafel 31).
  3. BayA1 45 (Tafel 45).
  4. Freyberg, Jetzendorf 254f.
  5. Busley, Domkapitel 41.
  6. BSB Cgm 1716 Catalogus Canonicorum fol. 6v.
  7. Matrikel Heidelberg I 70.
  8. BSB Cgm 1716 Decani Frisingensis Ecclesiae Maioris ad fol. 7 p. 4, fol. 12v; Baumgärtner, Meichelbeck’s Geschichte 606 Nr. 35.
  9. BSB Cgm 1716 Catalogus Canonicorum fol. 6v; Bugniet, Versuch 70; Schlecht, Inschriften II 14.
  10. BSB Cgm 1716 Praepositi in Schliersee fol. 44r; AEM FS 118 p. 377; Hartig, Oberbayerische Stifte II 75; Schliersee, Lkr. Miesbach.
  11. BSB Cgm 1716 Praepositi S. Andreae Frisingae fol. 18v; AEM FS 118 p. 3a; Prechtl, St. Andreas 73f.
  12. Hundt, Stammenbuch I 243.
  13. Freyberg, Jetzendorf 257.
  14. Vgl. BSB Oefeleana 10 IV p. 36; AEM H 58 p. 48; AEM H 76 p. 316; Schlecht, Inschriften II 15 Nr. 81a.

Nachweise

  1. BSB Cgm 1716 Decani Frisingensis Ecclesiae Maioris fol. 12v, Catalogus Canonicorum fol. 6v; BayHStA HL Freising Nr. 648 p. 36 Nr. 35; BSB Cgm 1724 p. 32 Nr. 9; AEM H 58 p. 48 (P, -); BSB Cgm 1717 p. 105; BSB Cgm 2290 IV fol. 26r; BSB Cgm 2291 III fol. 16r; AEM H 602 p. 145; AEM H 482a p. 138-140; BSB Cgm 1718 1 nach p. 39; AEM H 76 p. 314 Nr. 32, p. 338; AEM H 59 p. 49; AEM H 60 p. 76; Bugniet, Versuch 70; HVO Ms. 318 fol. 53r; AEM H 477 p. 744; AEM H 61 p. 60; AEM H 465 fol. 35r; AEM H 466; HVO Geissiana 454 p. 6 Nr. 37; HVF U XI 11 p. 4 Nr. 38; Schlecht, Inschriften II 14 Nr. 81; Glaser, Grabsteinbuch 333f. Nr. 91.

Zitierhinweis:
DI 69, Stadt Freising, Nr. 73 (Ingo Seufert), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di069m012k0007307.