Inschriftenkatalog: Stadt Freising

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 69: Stadt Freising (2010)

Nr. 63 Benediktusk. 1412

Beschreibung

Bildfenster mit Beischrift und Stifterinschrift des Dompropstes Eglolph von Hornpeck. Im Fenster der Chorscheitelwand. Zwischen dem 21. und 23. August 1824 ausgebaut und nach Tegernsee – dort nach damaliger Ansicht die Wiege der bayerischen Glasmalerei – in die Schloßkirche verbracht; nach einem wegen zu großer Abmessungen fehlgeschlagenen Einbauversuch im Dachboden des Schlosses gelagert, im Frühjahr 1841 zurückgeführt und wiedereingesetzt1). 1948 bis 1950 grundlegende Renovierung, 1990 um ein viertes Bildmedaillon mit Umschrift versehen; die ursprünglich an dieser Stelle befindlichen Bildteile vielleicht schon im Zuge der Barockisierung 1716, spätestens jedoch 1824 abgegangen2). Spitzbogiges Lanzettfenster zu drei Bahnen; oben in drei- und vierpaßförmigen Feldern vier Wappenschilde, darunter in vertikaler Folge vier kreisrunde Bildmedaillons, davon jedes mit einer von fünfblättrigen Blüten im Rapport besetzten Rahmenleiste, anschließend konzentrisch angeschnittene Bogensegmente mit Engelsfiguren, in den äußeren Restflächen Muster aus kassettierten Quadraten. Im oberen Medaillon Darstellung der hl. Maria als Tempeljungfrau, im mittleren die Verkündigung an Maria – hier die Blüten in der Rahmung durch einen Bibeltext ersetzt (I) –, im unteren die Geburt Christi, seit 1950 ein viertes Medaillon mit kassettierten Quadraten im Bildfeld. Nach der kopialen Überlieferung im verlorenen vierten Bildfenster Darstellung des Stifters als kniender Orant mit seinem Wappenschild und dem seiner Mutter, begleitet von einem hl. Bischof sowie den hll. Sigismund und Korbinian, den Patronen des Freisinger Doms, dazu eine Namensbeischrift (II).

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

Maße: H. 162,5 cm, B. 171 cm, Bu. 5,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

I.

  1. · ave · gracia · plena · do//minusa) · tecuma) · // beata · es · quia · credistib) · perficientur in te · quia · su(n)tc) · tibi · a dominoa) · // · ecce · ancilla · domini · fiat · m(ihi)d)

Übersetzung:

Gegrüßet seist du, voll der Gnade. Der Herr ist mit dir. Selig bist du, die du geglaubt hast, denn es wird vollendet werden, was dir gesagt ist von dem Herrn. Siehe, ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe.

II. Text nach BSB Cgm 2267 I.

  1. Eglolph(us) Hornbeckh · p(rae)p(o)sit(us) 1412.

    Bibel- und Schriftstellerzitat(e): Nach Lc 1, 28.38.45. (I)

 
Wappen (I):
Hornpeck3), Hornpeck3), Hornpeck3), Hornpeck3).
 
Wappen (II):
Hornpeck3), Eglofsheim4).

Kommentar

Außer der Umschrift gibt es in allen drei Originalfenstern auch mehrere kleine Bildbeischriften, die ornamentalen Charakter besitzen dürften, da bei keiner der überwiegend aus Hasten bestehenden Zeichenfolgen ein Wortsinn erkennbar ist. Derartige Pseudo-Inschriften finden sich beim oberen Fenster mit Darstellung der hl. Maria als Tempeljungfrau im aufgeschlagenen Buch auf dem Betpult sowie im Buch der beiden Frauen am rechten Bildrand; beim mittleren Fenster mit Darstellung der Verkündigung im Buch auf dem Betpult und im Buch der rechts stehenden Heiligen (hier Textbeginn adce / · plt / ...); beim unteren Fenster mit Darstellung der Geburt Christi im Buch des Engels am linken Bildrand und im Buch des Engels unter dem Jesuskind. Die Buchstabenhöhe beträgt jeweils zwischen 0,5 und 1,0 cm.

Die Bildfenster werden dem Münchner Meister der Astaler Bildfenster in der Münchner Frauenkirche zugeschrieben5).

In einer Urkunde vom 23. Dezember 1436 quittieren Meister Martin, der Glaser, und Meister Hanns der Gleismüller, der Maler, dem Domkapitel Freising den Erhalt von 16 Pfd. Münchner Pfennig für die Arbeit an ainem Glas in den Chor der Benediktuskirche6). Da sämtliche gotischen Bildfenster in der Benediktuskirche mit Ausnahme des Hornpeck-Fensters zugrunde gingen, läßt sich das in der Urkunde genannte Glas nicht eindeutig identifizieren.

Der Verdacht, Eckher habe in der Nachzeichnung das unbeschriftete vierte Bildfenster mit erläuterndem Text versehen, ist unbegründet7): In dem von Eckher selbst zusammengetragenen Urkundenmaterial für Eglolph von Hornpeck kommt das Datum 1412 überhaupt nicht vor und hätte sich daher – eine hypothetische Absicht der Textergänzung unterstellt – seinem Informationsgehalt nach als bedeutungslos erwiesen. Sofern aber die Datierung 1412 nicht das Jahr der Anfertigung sondern das der Stiftung bezeichnet, wäre ein Bezug der 1436 ausgestellten Quittung auf das Bildfenster durchaus möglich.

Zu Eglolph von Hornpeck vgl. Nr. 66.

Textkritischer Apparat

  1. Unterbrechung durch Fensterstrebe.
  2. Sic, statt credidisti.
  3. Sic, irrig für quae dicta sunt.
  4. Worttrennzeichen nach domino und fiat punktförmig, vor und nach ecce sowie nach domini quadrangelförmig, sonst in Form einer heraldischen Rose in den Diagonalen. Kürzungen ohne Kürzungszeichen.

Anmerkungen

  1. AEM H 58 p. 18, dort der Vermerk Heckenstallers: alwo es dem Vernehmen nach auf dem Boden unter dem Dach liegt; AEM H 61 p. 11; Frey, Notizen 4; Zanker, Wiedereinsetzung; Tegernsee, Lkr. Miesbach.
  2. Schlecht, Inschriften V 104f., dort die gesamte ältere Literatur zusammengefaßt; Dehio Obb 314. Ignaz Alois Frey, der das Fenster noch vor seinem Ausbau gesehen hatte, erwähnt in seinem Aufsatz mit keinem Wort, daß sich unter dem dritten Medaillon noch weitere Darstellungen befunden hätten, die nach Rückkehr des Fensters vermißt worden wären, vgl. Frey, Notizen. Ebenso erwähnt Heckenstaller 1824 – also im Jahr der Wiederentdeckung –, daß das Fenster von Eglolph von Hornpeck gestiftet worden sei, dort könne man dessen Wappen, durch farbige Scheiben dargestellt, sehen, vgl. Heckenstaller, Dissertatio 41. Die Stifterfigur Hornpecks oder die Heiligendarstellungen werden jedoch nicht genannt. Offenbar waren diese also schon vor 1824 abhanden gekommen.
  3. BayA1 76 (Tafel 75).
  4. BayA1 34 (Tafel 34); vgl. BSB Cgm 2268 II fol. 546v.
  5. Ramisch, Benediktuskirche 410.
  6. BayHStA Freising Urkunde 1436 Dezember 23; Sighart, Künste 410; Hartig, Münchner Künstler 37 Nr. 152; Fischer, Glasmalerei 81 Anm. 68.
  7. BSB Cgm 2267 I p. 41, dort die nicht-epigraphische Ergänzung mater sua beim heraldisch linken Wappen. Sighart datierte das Fenster mit dem Hinweis auf das Wappen des Domherrn Hornpeck auf das Jahr 1391, da er es auf Leonhard Hornpeck (Nr. 48) bezog, s. Sighart, Mittelalterliche Kunst 226. Dieses Datum mit Rückgriff auf Sighart ebenso in Kdm Obb II 371.

Nachweise

  1. BSB Cgm 2267 I p. 41; SBBA Msc. M.v.O. Ms. 39 p. 61; Frey, Notizen 4; Sighart, Mittelalterliche Kunst 226; Schlecht, Inschriften IV 104 Nr. 17 (II); Alckens, Freising 135 Anm. 49; Benker, Dom und Domberg 60, 63; Ramisch, Benediktuskirche 410f.; Bös, Gotik 59; Götz, Kunst in Freising 269 Abb. 100.

Zitierhinweis:
DI 69, Stadt Freising, Nr. 63 (Ingo Seufert), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di069m012k0006300.