Inschriftenkatalog: Stadt Freising

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 69: Stadt Freising (2010)

Nr. 8† Dom Mariä Geburt und St. Korbinian Mitte 12. Jh. (?)

Beschreibung

Fragment einer Grabinschrift (?) für einen Witelo. Zwischen dem inneren und äußeren südlichen Seitenschiff am ersten Freipfeiler von Westen auf der Westseite im Sockelbereich. Stein. Wohl 1701 freigelegt und bald danach wieder verputzt.

Standort und Text nach BSB Clm 27475.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. – – –]S. WITELO [– – –

Kommentar

In einer kurzen Notiz, die wohl im Jahre 1701 im Zuge der Abgrabung des Bodenniveaus im Dom und der Neuverlegung des Pflasters entstand, wird folgendes berichtet: An dem anderen pfeiller alwo deß Tanpergs grabstain eingemaurth, ist auf der seitten gegen der Kürchen thür, under der weißen maur ein gemahlnes Frauenbild mit dem Kündl auf dem Arm, auf der linkhen handt ein Ritter mit ein mörgrienen claidt und rothen Ermeln Knient, auf der rechten handt ein Heilliger in einem Veigelfarben claid Knienter, nach dem abpeckhen ersehen wordten, und under dem anwurf auf den maur Stainen ist gestandten ...1). In der Kopiale folgt an dieser Stelle eine Nachzeichnung der Inschrift, aus der deutlich wird, daß ausschließlich kapitale Buchstabenformen mit Serifen verwendet wurden, der obere Bogen des S war enger geschlungen als der untere, das W zeigte bereits die verschränkte Form.

Bei diesem Inschriftenfragment handelte es sich demnach um das Fragment einer Steininschrift, das sich unter einer Freskomalerei wohl des 15. oder 16. Jahrhunderts erhalten hatte. Möglicherweise befindet es sich, unter Putz und Tünche verborgen, noch heute in situ.

Da die Kirche keinen hl. Witelo kennt und in Freising auch sonst kein Heiliger verehrt wurde, dessen Name in verballhornter Form auf Witelo lauten könnte, ist davon auszugehen, daß das S zu Beginn des Textfragments den letzten Buchstaben eines vorhergehenden Wortes bildete; naheliegend wäre hierbei eine Ergänzung durch [DOMINU]S. Vermutlich kann der hier Genannte mit Witelo von Wartenberg identifiziert werden, der in drei Weihenstephaner Urkunden aus der Zeit von 1138 bis 11472) und zwei unter Bischof Otto I. (1137–1158) ausgefertigten Freisinger Urkunden3) aufscheint. Der hieraus gewonnene Einordnung des kopial überlieferten Fragments in die Mitte des 12. Jahrhunderts wäre im Kontext einer mutmaßlichen Stiftertätigkeit des Witelo für den Wiederaufbau des Domes nach dem Brand von 1159 zu sehen, wie sie analog für Otto von Moosen (Nr. 11) wahrscheinlich ist.

Anmerkungen

  1. BSB Clm 27475 fol. 34r.
  2. 1. Monumenta Boica IX 386; Uhl, Weihenstephan I 83 Nr. 97d. – 2. Hundt/Gewold, Metropolis Salisburgensis III2 462, III3 320; Uhl, Weihenstephan I 125f. Nr. 147. – 3. Monumenta Boica IX 425; Uhl, Weihenstephan I 171 Nr. 210a.
  3. Meichelbeck, Historia Frisingensis I,2 552 Nr. MCCCXXIV; Bitterauf, Traditionen II 375f. Nr. 1546a, 542f. Nr. 1764.

Nachweise

  1. BSB Clm 27475 fol. 34r.

Zitierhinweis:
DI 69, Stadt Freising, Nr. 8† (Ingo Seufert), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di069m012k0000808.