Inschriftenkatalog: Stadt Freising
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 69: Stadt Freising (2010)
Nr. 386 Dom Mariä Geburt und St. Korbinian 1618
Beschreibung
Wappengrabplatte für Bischof Stephan von Seiboltsdorf. Im inneren südlichen Seitenschiff an der Westwand. Ursprünglich wohl nahe der Grabstätte beim Justinus-und-Oswald-Altar im Boden1), wohl im Zuge der Bodenerneuerung 1701 erhoben, seitdem am heutigen Standort. Adneter Kalkstein. In der oberen Hälfte der Platte in einer Rollwerktafel die erhaben gearbeitete Schrift, in der unteren Hälfte in einem kreisrunden Medaillon mit Schuppenrahmen der Wappenschild, die Zwickel mit Blattwerk gefüllt. Oberfläche der Platte etwas abgetreten und mit zahlreichen kleinen Ausbrüchen.
Maße: H. 188 cm, B. 95 cm, Bu. 4,2 cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
ANNOa) D(OMI)NIb) M . DC . XVIII 〈[X]Vc)〉 CAL(ENDAS) / FEBR(VARII)a) OBIJT R(EVERE)NDISS(IMVS)a) ET / ILLVSTRISS(IMVS)a) D(OMI)N(V)Sa) D(OMI)N(V)Sa) / STEPHANVSa) EP(ISCOPV)Sa) FRISIN=/GENSISa) VIGILANTISS(IMVS) / QVI VI ANNISa) ECCL(ESI)AEa) HVIC / FELICISSIME PRAEFVIT / NEC NON PIENTISS(IME) / VIXIT. CVIVSa) ANIMAa) / DEOa) VIVATd) ·
Übersetzung:
Im Jahre des Herrn 1618 am 15. Tag vor den Kalenden des Februar starb der hochwürdigste und durchlauchtigste Herr, Herr Stephan, äußerst wachsamer Bischof von Freising, der sechs Jahre lang dieser Kirche sehr glücklich vorstand und gewiß auch sehr fromm lebte. Seine Seele lebe bei Gott.
Datum: 1618 Januar 18.
Bischof Stephan von Seiboltsdorf2). |
Textkritischer Apparat
- Vergrößerter Versal.
- Vergrößerter Versal, Kürzungsstrich mit konvexer Ausbuchtung.
- XV erhöht und stark verkleinert in vertiefter Schrift nachträglich eingefügt, X nicht mehr erkennbar.
- Nachfolgendes Schlußzeichen in Form eines Blattes, das den Rest der Zeile füllt.
Anmerkungen
- Vgl. Meichelbeck, Chronica 289; Meichelbeck, Historia Frisingensis II,1 362. Der Altar, der sich vermutlich am zweiten südlichen Pfeiler von Westen befand, wurde um 1624 abgebrochen, vgl. Weber, Neugestaltung 167.
- Quadriert, 1/4. Hochstift Freising (Bi 46, Tafel 76), 2/3. Seiboltsdorf (Bay 22, Tafel 16). Oberwappen: Zwischen einem Helm mit dem Freisinger Mohr und einem Helm mit geschlossenen Flug, der mit den Stufen der Seiboltsdorf belegt ist, Mitra und Stab mit Pannisellus.
- Krick, Stammtafeln 362 Nr. 168C; Boegl, Herkunft 1.
- Weber, Reform 232-248.
- BSB Clm 1026 fol. 9r.
- Vgl. BSB Oefeleana 10 IV p. 55, AEM H 76 p. 339, AEM H 14 p. 3, Schlecht, Inschriften II 16 Nr. 83; Plattennummer der Bauaufnahme des staatlichen Hochbauamts Freising von 1993: H.870. Einer der Verfasser der mehrbändigen Bischofschronik gibt an, außer der schwer lesbaren großen Grabplatte von Bischof Stephan von Seiboltsdorf sei eine zweite vorhanden – womit zweifellos die Eckhersche Gedenkplatte gemeint ist –, deren Standort ihm im übrigen aber unbekannt sei, s. AEM H 294 p. 510.
- AEM H 14 p. 17.
- Dazu AEM H 14 p. 11: Die Zeichnung, welche die Grabschrift des Bischofs Stephans umgiebt, und als Verzierung des Titelblattes: Graduale Romanum juxta novum missale recogn(itum) (etc.) benutzt wurde, war aller Wahrscheinlichkeit gemäß der Entwurf des zu errichtenden Grabmales, welches wohl wegen der zu bedenkenden Kosten nicht ausgeführt wurde. Das Grabmal besteht nur aus einer Marmorblatte von rother Farbe, worauf sich die Inschrift und unterhalb das Wappen befindet, wobey besonders bemerkt werden muß, daß sich auf der Inschrift des Grabdenkmals ein chronologischer Fehler befindet. Es heißt nämlich Anno Dni MDCXVIII Cal: Febr:, indem hier XV Calend: stehen u. heißen muß Anno Dni MDCXVIII XV Cal: Febr:, denn es ist außer allem Zweifel, daß Stephan am 18. Jänner starb. Dem Verfasser dieser Notiz war demnach die kleine Datumsergänzung entgangen.
Nachweise
- BSB Oefeleana 10 IV p. 50; AEM H 482a p. 886, 888; BSB Cgm 1718 1 vor p. 437, p. 437; AEM H 294 p. 517; AEM H 8a p. 50; AEM H 14 p. 3, 11, 17; AEM H 464 fol. 20v; HVO Ms. 318 fol. 29r; AEM H 465 fol. 237v, 238r; Schlecht, Inschriften II 15f. Nr. 82; Glaser, Grabsteinbuch 318 Nr. 49.
Zitierhinweis:
DI 69, Stadt Freising, Nr. 386 (Ingo Seufert), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di069m012k0038606.
Kommentar
Zu den Schriftformen s. Einleitung CXV.
Stephan entstammte dem altbayerischen Turnieradelsgeschlecht derer von Seiboltsdorf zu Schenkenau. Er wurde 1579 als Sohn des Viktor von Seiboltsdorf zu Schenkenau und Hörgertshausen und der Corona, geb. von Gumppenberg, geboren3). 1596 wurde er Domherr in Freising. Bei der Bischofswahl im Jahre 1612 gab ihm das Domkapitel den Vorzug gegenüber Ferdinand von Wittelsbach, den sein Bruder, der bayerische Herzog Maximilian I., vorgeschlagen hatte. Folge dieses Affronts waren andauernde Streitigkeiten mit Bayern, die Stephan von Seiboltsdorf jedoch nicht an der Durchsetzung von Reformen in Priesterstand und Klöstern hinderten. Dabei lag sein Hauptaugenmerk auf der Bekämpfung der seit Mitte des 16. Jahrhunderts stetig angewachsenen Zahl der Konkubinarier. In der Stadt Freising richtete er um 1616 ein Seminar für Priesteramtskandidaten ein. Hohe Anerkennung für seine Reformbemühungen und für seine sparsame Haushaltsführung4) spiegelt sich auch in der Grabinschrift wieder. Eine Jahrtagsstiftung ist für ihn in Weihenstephan dokumentiert5).
Außer der Wappengrabplatte gibt es im inneren südlichen Seitenschiff eine quadratische Bodenplatte aus der Zeit von Bischof Eckher mit der Inschrift: STEPHANUS / A SEYBOLTSTORFF / EP(ISCOP)US LII. FRIS(INGENSIS) O(BIIT) / [18.] IA[N(UARII) 1618.]6).
In einer Freisinger Bischofschronik haben sich darüberhinaus zwei identische Kupferstiche erhalten, die allein die Grabinschrift (also ohne Wappen) zeigen, davon wurde einer in den Titelkupfer eines Graduales montiert, dessen Rahmen als Altar- bzw. Grabmalsarchitektur gestaltet ist7): Im Mittelfeld erscheint die Grabinschrift, links die Figur des hl. Korbinian, rechts die des hl. Sigismund. Ob es sich dabei um eine rein graphische Umsetzung in der Art eines Sterbebildes oder um den publizierten Entwurf eines geplanten, aber nicht zur Ausführung gekommenen Grabmals handelt, dessen Mitte die Grabplatte bilden sollte, läßt sich nicht entscheiden8).