Inschriftenkatalog: Stadt Freising

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 69: Stadt Freising (2010)

Nr. 349† Kollegiatstiftsk. St. Andreas (abgegangen) 1600

Beschreibung

Fünf Glocken: 1. Dreifaltigkeitsglocke, 2. Frauenglocke, 3. St. Andreasglocke, 4. St. Laurentiusglocke, 5. St. Sixtusglocke1). Ursprünglich auf dem Turm der Kollegiatstiftskirche. Angeblich alle mit identischer Inschrift und Datierung. Zu Beginn des Abbruchs der Stiftskirche am 3. Mai 1803 Herabnahme der Glocken, diese am 18. Mai 1803 im Haus des Waagenmeisters gewogen und zu 42 fl./Ct. an den Juden Emanuel Jakob verkauft2).

Text nach AEM H 49.

Maße: Gew. ca. 1565 kg (1), ca. 1003 kg (2), ca. 628 kg (3), ca. 385 kg (4), ca. 169 kg (5)3).

Schriftart(en): Kapitalis (I).

  1. I.

    MARTIN FREY ZV MÜNCHEN GOSS MICHZU GOTTES LOB VND EHR GEHÖRIGa).

  2. II.

    an(n)o MDC.

Kommentar

Nach Ausweis der Inschrift wurden die Gußformen noch im Jahr 1600 angefertigt, der Guß aller fünf Glocken selbst war jedoch erst Anfang April 1601 abgeschlossen4). Am 29. August 1601 wurden sie von Weihbischof Bartholomäus Scholl (Nr. 427†) feierlich benediziert5).

Der Gießer Martin Frey aus Kempten ist ab 1587 als Münchner Meister nachweisbar6). Sicher datierte Glocken aus seiner Werkstatt stammen aus den Jahren von 1587 bis 1602, wobei sich deren Verbreitungsradius im Wesentlichen auf das zentrale Oberbayern erstreckt7). Frey starb 1603 in München, sein Epitaph befindet sich in der Münchner Frauenkirche8).

Eine Glocke des Gießers Martin Frey desselben Herstellungsjahrs 1600 mit identischem Text I befindet sich in der Pfarrkirche Mariä Opferung in Prutting9). Die dortige Datierung MDC tritt am Ende eines sechszeiligen Textes auf, der auf einer Inschriftenkartusche – ähnlich den Schriftkartuschen auf den Freisinger Domglocken – an der Glockenflanke angebracht ist, während der Text durch unsauberen Guß nur bruchstückhaft lesbar ist. Da eine Datierung der Freisinger Glocken, wie sie der kopial überlieferte Text II bietet, in isoliert stehender Form nicht denkbar ist, dürfte es sich auch hier um die Schlußdatierung eines mehrzeiligen Textes handeln. Analog zur Gestaltung der Pruttinger Glocke und der im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzenen Glocke von St. Leonhard in Wildberg – ebenfalls von Martin Frey, 1600 – dürften auch die Glocken von St. Andreas am Hals die von einer Doppelleiste eingefaßte Inschrift, darüber einen Zinnenfries und darunter einen rundbogig umschriebenen Kleeblattbogenfries mit Lilien aufgewiesen haben10).

Textkritischer Apparat

  1. BayHStA KL Freising – St. Andreas Nr. 161 und Nr. 163: Zu Gottes lob unnd Ehr geher ich, Martin Frei Zu München goss mich.

Anmerkungen

  1. Zu den Glockennamen s. AEM H 485 fol. 24r.
  2. AEM H 49 fol. 113r; BayHStA Generalkommissariat Freising u. Mühldorf Nr. 175 prod. 1 p. 75 Nr. 654-658; Schlecht, Inventar 37 Nr. 654-658; Baumgärtner, Meichelbeck’s Geschichte 384.
  3. Das Gewicht der Glocken betrug 1803 beim Wiegen: 31 Ct. 31 Pfd., 20 Ct. 6 Pfd., 12 Ct. 57 Pfd., 7 Ct. 70 Pfd., 3 Ct. 42 Pfd., s. AEM H 49 fol. 113r; BayHStA Generalkommissariat Freising u. Mühldorf Nr. 175 prod. 1 p. 75 Nr. 654-658; Schlecht, Inventar 37 Nr. 654-658. In einem kurzen Verzaichnus was die Glogkhen wegen aus dem Beginn des 17. Jahrhunderts finden sich folgende leicht abweichende Gewichte: 31 Ct. 85 Pfd., 19 Ct. 85 Pfd., 12 Ct. 45 Pfd., 7 Ct. 23 Pfd., 3 Ct. 39 Pfd., s. AEM H 167 p. 313. Wiederum leicht abweichende Gewichte wurden 1601 bei Lieferung der Glocken mitgeteilt, s. BayHStA Br. Pr. Freising Nr. 54, 1601, fol. 28v, 4. April 1601.
  4. BayHStA Br. Pr. Freising Nr. 54, 1601, fol. 28v, 4. April 1601.
  5. BayHStA Br. Pr. Freising Nr. 54, 1601, fol. 72v, 29. August 1601; vgl. BayHStA KL Freising – St. Andreas Nr. 161 fol. 208r; BayHStA KL Freising – St. Andreas Nr. 163 p. 540.
  6. Zu seiner Biographie s. Ernst, Münchner Stück- und Glockengießer 66; Kempten, Schw.
  7. Seeanner, Glocken 436, listet 18 Orte in Bayern, für deren Kirchen Frey Glocken gegossen hat.
  8. DI 5 (München) Nr. 378.
  9. Der Text am Hals lautet hier: ZV ∙ GOTTES ∙ LOB ∙ VND ∙ EHR ∙ GEHER ∙ ICH ∙ MARTIN ∙ FREY ∙ ZV ∙ MINCEN ∙ GOSS ∙ MICH ∙; Prutting, Lkr. Rosenheim.
  10. Thurm, Glockenatlas Bayerisch-Schwaben 327 Nr. [972]; Wildberg, Gde. Weißensberg, Lkr. Lindau, Schw.

Nachweise

  1. BayHStA KL Freising – St. Andreas Nr. 161 fol. 208r; BayHStA KL Freising – St. Andreas Nr. 163 p. 540; AEM H 49 fol. 113r; AEM H 408 p. 532; AEM H 271; Baumgärtner, Meichelbeck’s Geschichte 384; HVF U XI 10 St. Andreas p. 64.

Zitierhinweis:
DI 69, Stadt Freising, Nr. 349† (Ingo Seufert), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di069m012k0034904.