Inschriftenkatalog: Stadt Freising

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 69: Stadt Freising (2010)

Nr. 312 Domkreuzgang 1581

Beschreibung

Epitaph für den Stiftspropst Johannes Pfister und den Arzt Philipp Jakob Pfister. Im Südflügel im siebten Joch an der Nordwand. Ursprünglich wohl ebenfalls im Südflügel1), 1716 an den heutigen Standort versetzt, dabei die Ädikularahmung entfernt. Im Bildfeld unter einem Rundbogen, dessen Zwickel je einen Wappenschild enthalten, ein von einem Wolkenkranz umgebener Kruzifixus, oben mit Titulus auf einem eingerollten Schriftband, die Schrift erhaben (II); links unterhalb Darstellung des Verstorbenen kniend im Superpelliceum, auf dem Rücken der Hut eines Apostolischen Protonotars, in den gefalteten Händen eine Gebetszählschnur (sog. Fünfer); rechts sein Vollwappen; links im Hintergrund idealisierte Vedute einer Stadt auf einer Anhöhe. Unter dem Bildfeld auf einer Rollwerktafel die Gedenkinschrift (III). Das Epitaph ursprünglich mit einer heute verlorenen Ädikularahmung versehen2): Um die erhaltene Platte eine breite, oben geohrte, unten etwas ausspringende Rahmung, der Gebälkfries mit Datierung (I), als Bekrönung ein Sprenggiebel mit dreieckigem Auszug, am Unterrand zwei geschuppte Konsolen, dazwischen ein kleinteilig geschweifter Unterhang. Der Rahmen der erhaltenen Platte auf der rechten Längsseite zur Hälfte weggebrochen, sonst guter Zustand.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

Maße: H. 102 cm, B. 63 cm, Bu. 1,6 cm (II, III).

Schriftart(en): Kapitalis.

I. Text nach HVO Ms. 318.

  1. M D LXXX Ia)

II.

  1. IN·RI

III.

  1. R(EVEREN)DIS · AC . CLARIS(SIM)IS · D(OMI)NIS . D(OMINO) . IOANNI . PFISTERO . V(TRIVSQVE) . I(VRIS) . D(OCTORI) . PRO-/THONOTARIO . AP(OSTO)L(I)CO . HVIVS . CATHEDRA(LIS) ECCL(ES)IE · / C(ANO)N(I)CO . ET . S(ANCTI)b) ANDREAE . M(ON)TIS . FRISING(ENSIS) · ET . ZEN=/ONIS . IN . ISEN . PREPOSITO . ANNO . D(OMI)NI : M. D. LXXXII : / XIIII : DECEMBRIS · NEC . NON . PHILIPPO . IACOBO . PFISTERO . / V(IVENTI) M(E)DICI(N)AE . D(OCTORI) . ANNO . D(OMI)NI . LXXVIII . TERTIO . NOVEMB=/RIS . IN . CHR(IST)O . PIISSIME . DEFVNCTIS . FRATRIBVS . SVIS . HEC · / ANNA · HEIISSIN . CIVIS . MEMMINGENSIS . FIERI . CVRAVITc)

Übersetzung:

Den hochwürdigen und sehr berühmten Herren: Dem Herrn Johannes Pfister, Doktor beider Rechte, Apostolischer Protonotar, Kanoniker dieser Domkirche und Propst von St. Andreas auf dem Freisinger Berg und von St. Zeno in Isen im Jahre des Herrn 1582 am 14. Dezember; und dem Philipp Jakob Pfister, zu Lebzeiten Doktor der Medizin, im Jahre des Herrn (15)78 am dritten November in Christo fromm verschieden, ihren Brüdern ließ dies(es Denkmal) errichten Anna Heiss, Bürgerin von Memmingen.

   
Wappen:
Pfister3).
Unbekannt4) Unbekannt5)

Kommentar

Zu den Schriftformen s. Einleitung CXIV.

Die letzten beiden Ziffern der Datierung in der verlorenen, jedoch durch Frey kopial überlieferten Frieszone sind verschränkt wiedergegeben, indem das Zahlzeichen I die linken Serifen der beiden Schrägschäfte von X verbindet und überdeckt. Danach dürfte es sich eher um eine Korrektur von I aus X als um das römische Zahlzeichen IX handeln. Ob die Korrektur bereits das verlorene Original aufwies oder ob es sich um eine korrigierte Verschreibung in der kopialen Vorlage Eckhers bzw. in der Übertragung durch Frey handelt, muß offen bleiben. In jedem Fall wird mit einer Datierung 1581 ein engerer zeitlicher Zusammenhang zu den beiden Sterbedaten hergestellt – das Epitaph wäre demnach drei Jahre nach dem Tod des Philipp Jakob Pfister und ein Jahr vor dem Tod des Johannes Pfister entstanden –, als dies bei der bisherigen Spätdatierung 1589 der Fall war. Da jedoch die Sterbedaten offenbar beide nicht nachgetragen sind, dürfte die Grabinschrift als Ganzes erst 1582 entstanden sein.

Johannes Pfister von Schöneck entstammte einer Memminger Patrizierfamilie6). Nach Studien in Rom 15497) und Bologna 15508) wurde er 1556 Kanoniker am Domstift Freising. 1560 erhielt er die Propstwürde der Kollegiatstifte St. Andreas in Freising9) und St. Zeno in Isen10), darüber hinaus bekleidete er 1582 das Amt des Generalvikars11). Johannes Pfister gehörte zu den Kommissaren des Bischofs Moritz von Sandizell, die 1560 an der Durchführung der Visitatio Bavarica beteiligt waren. Überdies wurde er 1559 und 1566 nach Rom zur Einholung der päpstlichen Bestätigung der jeweiligen Freisinger Bischofswahl entsandt12). Über seinen Bruder Philipp Jakob und seine Schwester Anna Heiß ist nichts weiter bekannt.

Textkritischer Apparat

  1. I aus X korrigiert.
  2. Irrig gekürzt: S: S:
  3. Worttrennzeichen quadrangelförmig.

Anmerkungen

  1. Eckher gibt als Standort nur allgemein den Domkreuzgang an, s. BSB Cgm 1716 Catalogus Canonicorum fol. 41r.
  2. Die vor 1716 anzusetzende Bildvorlage der Nachzeichnung in HVO Ms. 318 fol. 79r stammt höchstwahrscheinlich aus dem verschollenen Eckherschen Grabsteinbuch, vgl. Einleitung LIV und LXXXVI; Götz, Grabdenkmäler 63f.; vgl. Nr. 165, 173(†), 181, 183, 215, 275, 316.
  3. Bg2 55 (Tafel 92).
  4. Eine eintürmige Kirche.
  5. Ein Löwe, einen Dolch in der rechten Pranke haltend, vgl. das Wappen des Leonhard Heiß, Stiftsherr von St. Andreas, Nr. 378.
  6. Memmingen, Schw.
  7. Jaenig, Liber confraternitatis 154; Glaser, Grabsteinbuch 366; Johannes Pfister studierte zusammen mit seinem Bruder Sebastian, der in Rom starb und in S. Maria dell’Anima begraben wurde.
  8. Knod, Studenten 405 Nr. 2772.
  9. BSB Cgm 1716 Praepositi S. Andreae Frisingae fol. 20r; Prechtl, St. Andreas 86-88.
  10. BSB Cgm 1716 Praepositi S. Zenonis in Isen fol. 38v.
  11. Bugniet, Versuch 82, 85.
  12. Mederer, Annales I 267b; Echtler, Quellen (9. Mai 1936) 8; Landersdorfer, Bistum 100f., 112f.

Nachweise

  1. BSB Cgm 1716 Catalogus Canonicorum fol. 41r; BSB Cgm 1724 p. 182 Nr. 56; BSB Oefeleana 10 IV p. 110; BSB Cgm 1717 p. 668; AEM H 482a p. 676, 678f.; BSB Cgm 1718 1 vor p. 315, 320f.; AEM H 76 p. 334; Bugniet, Versuch 85; AEM H 59 p. 53; AEM H 60 p. 125; HVO Ms. 318 fol. 79r; AEM H 477 p. 759; AEM H 465 fol. 183v, 185r; HVF U XI 11 p. 16 Nr. 120; Knod, Studenten 405 Nr. 2772; Schlecht, Inschriften III 82f. Nr. 53; Glaser, Grabsteinbuch 366 Nr. 183.

Zitierhinweis:
DI 69, Stadt Freising, Nr. 312 (Ingo Seufert), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di069m012k0031205.