Inschriftenkatalog: Stadt Freising

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 69: Stadt Freising (2010)

Nr. 149 Dom Mariä Geburt und St. Korbinian 992/2. H. 15. Jh.

Beschreibung

Gedenkplatte für Bischof Abraham. Im äußeren südlichen Seitenschiff in der zweiten Kapelle von Westen an der Südwand (Thomaskapelle). Heute noch am ursprünglichen Standort1). Roter Kalkstein. Die Inschrift im oberen Drittel der Platte, die übrige Fläche ungestaltet. Zahlreiche Risse und Schadstellen.

Maße: H. 121 cm, B. 89 cm, Bu. 8,4 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. Abraham · Ep(iscopu)s · ob(iit) / vij · jdus · Jvni [·] A(nno) · 992 / et · rexit · xxxvij · an(n)isa)

Übersetzung:

Bischof Abraham starb am siebten Tag vor den Iden des Juni im Jahre 992 und regierte 37 Jahre.

Datum: 992 Juni 07.

Kommentar

Nach Ausweis der Detailformen der Gotischen Minuskel und der Ausführung der Jahreszahl in arabischen Ziffern – diese stellt die früheste Datierung Freisinger Inschriften dar – stammt die Platte aus der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts, vgl. Einleitung XCVI und XCVIII. Der Grund für ihre Anfertigung ist nicht bekannt: Vielleicht gab es eine weitgehend zerstörte Vorgängerplatte, vielleicht war aber auch die Intention ausschlaggebend, eine möglichst vollständige, durch Grabdenkmäler dokumentierte Bischofsreihe zu besitzen, nachdem bereits zu Mitte des 15. Jahrhunderts für andere Freisinger Bischöfe retrospektive Gedenkplatten angefertigt worden waren, s. Nr. 91, 92, 93, 150†.

Zu Zeiten von Bischof Eckher – möglicherweise im Zuge der Barockisierung des Doms 1723–1724 – wurde unter der Gedenkinschrift des 15. Jahrhunderts in Kapitalis ergänzt: FUNDATOR / CAPELLAE . S: / THOMAE2).

Abraham entstammte möglicherweise einem Grafen- oder Grundherrengeschlecht aus dem Sundergau, in dem das Freisinger Bistum begütert war3). Schon zu Lebzeiten von Bischof Lantpert – seinem Vorgänger im Bischofsamt – ist seine Anwesenheit in Freising belegt4).

Er wurde hier am 21. Dezember 957 zum Bischof geweiht5). Zeitweise hielt er sich als Berater am Hofe Kaiser Ottos II. (973–983) auf, von dem er umfangreiche Güterschenkungen empfing6). In Freising kümmerte er sich in besonderem Maße um den Dom und die Dombibliothek, deren Bücherbestand er beständig vermehrte. In Zusammenhang mit seiner Seelsorgetätigkeit in den zu Freising gehörigen Oberkrainer Gebieten entstanden die sog. Freisinger Denkmäler, eine aus drei Texten in slowenischer Sprache bestehende Sammlung zur öffentlichen Beichte, die mit einiger Sicherheit von Bischof Abraham selbst benutzt wurde7). Er ließ beim Dom die Thomaskapelle errichten und liegt auch dort begraben8). Für ihn ist eine Jahrtagsmesse an die Domkirche dokumentiert9). Während das inschriftlich mitgeteilte Todesjahr 992 wohl auf Conradus Sacrista zurückgeht10), nennen andere Quellen zumeist das Jahr 993 oder 99411).

Außer der Gedenkplatte gab es im südlichen Seitenschiff des Doms eine quadratische Bodenplatte aus der Zeit von Bischof Eckher mit der Inschrift: Abraham Ep(iscop)us XV. Fris(ingensis) O(biit) 7. Junii A(nn)o 99212). Die Platte wurde im Zuge der Erneuerung des Bodens 1842 durch eine Neuanfertigung mit ähnlichem Text ersetzt13).

Textkritischer Apparat

  1. Worttrennzeichen paragraphenförmig.

Anmerkungen

  1. Vgl. Leidinger, Veit Arnpeck 864.
  2. Die zwischen 1721 und 1724 entstandene Bischofschronik von Prey bringt eine Nachzeichnung der Platte noch ohne den ergänzten Text, s. AEM H 57 p. 60; spätere Nachzeichnungen weisen diesen durchgängig auf; vgl. Ryue, Überlieferung 290, 293 Abb. 1-3.
  3. Hundt, Bayrische Urkunden 50; Strzewitzek, Sippenbeziehungen 155. Meichelbeck hielt Abraham für einen Grafen von Görz, s. Meichelbeck, Historia Frisingensis I,1 173; Meichelbeck, Chronica 81; vgl. Fastlinger, Freisinger Turmschatz 60.
  4. Hundt, Bayrische Urkunden 48; Bitterauf, Traditionen II 79 Nr. 1153; Strzewitzek, Sippenbeziehungen 155.
  5. Heckenstaller, Dissertatio 28; Deutinger, Matrikeln I 14; Hundt, Bayrische Urkunden 48; MGH SS XXIV 320; MGH Necrologia III Notae Necrologicae 81; Leidinger, Veit Arnpeck 864; Bischofs-Chronik I 26 Anm. 5; Strzewitzek, Sippenbeziehungen 155.
  6. Meichelbeck, Historia Frisingensis I,1 178-181; Meichelbeck, Chronica 82; Maß, Bistum 115.
  7. Hundt, Bayrische Urkunden 49; Bischofs-Chronik I 26 Anm. 5; Strzewitzek, Sippenbeziehungen 155; Maß, Bistum 116f.
  8. Freyberger, Cronica fol. iiv; Strzewitzek, Sippenbeziehungen 155; Maß, Bistum 113; vgl. Schlecht, Inschriften II 34, 44f.; Schlecht, Altäre 28f.
  9. BSB Clm 6421 fol. 8v, 13r; BSB Clm 27305 p. 2; BayHStA HL Freising Nr. 617 fol. 10v; BayHStA HL Freising Nr. 569 p. 21; BayHStA HL Freising Nr. 570 fol. 12r; MGH Necrologia III Notae Necrologicae 80, 82, 85, 91; Strzewitzek, Sippenbeziehungen 155.
  10. Die vom Freisinger Domherrn Conradus Sacrista 1187 angelegten Gesta Episcoporum Frisingensium nennen 992 als Todesjahr von Bischof Abraham, s. MGH SS XXIV 320.
  11. Im Totenkalender der Freisinger Domkirche ist Bischof Abrahams Jahrtag am 7. Tag vor den Iden des Juni (7. Juni) verzeichnet, s. MGH Necrologia III Notae Necrologicae 80, 82, 85, 91. Veit Arnpeck überliefert als Sterbedatum sowohl den 7. Tag vor den Iden des Juli (9. Juli) 993 (s. Leidinger, Veit Arnpeck 864) als auch den 7. Tag vor den Iden des Juni (7. Juni) 994 (s. BSB Clm 6421 fol. 8v; MGH SS XXIV 321 Anm. *†); vgl. Meichelbeck, Historia Frisingensis I,1 187f.; Meichelbeck, Chronica 86.
  12. AEM H 76 p. 339.
  13. Der Text lautet hier: Abraham / Episcop(us) XV Fris(ingensis) / + 9 Iul(ii) 993; vgl. Schlecht, Inschriften II 34 Nr. 109. Plattennummer der Bauaufnahme des staatlichen Hochbauamts Freising von 1993: SI.274.

Nachweise

  1. BSB Cgm 1725 p. 59f.; AEM H 57 p. 60; BSB Oefeleana 10 IV p. 44; AEM H 482a p. 326f.; BSB Cgm 1718 1 nach p. 134; AEM H 8a p. 34; AEM H 464 fol. 10v; HVO Ms. 318 fol. 15r; AEM H 465 fol. 87r; AEM H 467; Schlecht, Inschriften II 45 Nr. 122; Alckens, Freising 51; Glaser, Grabsteinbuch 305 Nr. 21.

Zitierhinweis:
DI 69, Stadt Freising, Nr. 149 (Ingo Seufert), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di069m012k0014902.