Inschriftenkatalog: Stadt Freising

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 69: Stadt Freising (2010)

Nr. 146† Benediktusk. 1499

Beschreibung

Figurale Grabplatte für den Stiftspropst Johannes Stadler. Genauer Standort nicht bekannt. Wohl bereits im Zuge der Barockisierung von Benediktuskirche und Kreuzgang 1716 abgegangen. Umschrift zwischen zwei Leisten, nach innen gerichtet. Im Mittelfeld unter einem Bogen aus Ast- und Laubwerk, dessen Zwickel mit Dreipässen gefüllt sind, Darstellung des Verstorbenen im Meßgewand, auf dem Kopf ein Birett, in seiner Linken ein Kelch, die Rechte segnend darüber erhoben; in der linken unteren Ecke des Bildfeldes die verkleinerte Darstellung eines knienden Mannes mit einem Buch und einer Kerze in den Händen1); in der rechten unteren Ecke ein kreisrundes Wappenmedaillon, die Schriftleiste unterbrechend.

Text und Beschreibung nach der Nachzeichnung in HVO Ms. 318.

  1. A(nn)oa) D(omi)nj · 1499b) · die · vero · XXIIc) · / mensisd) · Aprilis · obyt · venerabilis · vir · D(omi)n(us) · Johannese) · // Stadler · Decretorum · / Doctorf) · Can(onicus) · Eccl(esi)ae · frising(ensis) cui(us) · an(im)a · requiescat · in · pace ·

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1499 und zwar am 22. Tage des Monats April starb der ehrwürdige Mann Herr Johannes Stadler, Doktor des Kirchenrechts, Kanoniker der Freisinger Kirche. Seine Seele möge in Frieden ruhen.

Wappen:
Stadler2).

Kommentar

Der aus Burghausen3) stammende Johannes Stadler der Jüngere, der 1451 in Wien studiert hatte4), war bereits Pfarrer zu Stammheim, als er sich 1473 für Kirchenrecht in Bologna immatrikulierte5). 1474 wurde er Domherr zu Freising6), hielt sich aber 1475 und 1476 wieder in Bologna auf7). 1483 bis 1498 gehörte er dem Freisinger Domkapitel an8). Für Stadler ist eine umfangreiche Tätigkeit als Rechtskondulent belegt9). Ein Unterscheidung, welche der zahlreichen Meßstiftungen für ihn und welche für den 1477 verstorbenen, fast gleichnamigen Generalvikar getätigt wurden, läßt sich nur in Einzelfällen – zugunsten des letztgenannten – vornehmen, vgl. Nr. 118†.

Außer der figuralen Grabplatte gab es in der Benediktuskirche im Mittelschiff auch eine kleine Bodenplatte aus der Zeit von Bischof Eckher mit der Inschrift: Joann(es) Stadler D(octo)r Can(onicus) ob(iit) XXII. Apr(ilis) MCCCCLXXXXIX10). Diese Platte ging spätestens im Zuge der Bodenerneuerung 1830 verloren.

Textkritischer Apparat

  1. o hochgestellt.
  2. AEM H 76, Bugniet, AEM H 61: MCCCCLXXXXIX.
  3. BSB Cgm 1716, BSB Cgm 1724, BSB Cgm 1717, AEM H 482a: 22.
  4. AEM H 76, Bugniet, AEM H 61: mensis fehlt.
  5. Nachfolgend Unterbrechung durch Wappenmedaillon.
  6. AEM H 477: Doctor fehlt.

Anmerkungen

  1. Diese Figur konnte bisher noch nicht gedeutet werden. Verkleinerte Stifterfiguren, die den Verstorbenen in Anbetung eines Heiligen darstellen, treten sonst beim Grabmaltypus des Epitaphs auf.
  2. In Rot aus einem goldenen Dreiberg wachsend, ein oben abgeschnittener Pfahl, zu jeder Seite zweifach mit Aststümpfen versehen.
  3. Huber, Burghausen 155; Burghausen, Lkr. Altötting.
  4. Matrikel Wien II 3, 1451 I R Z. 99.
  5. Knod, Studenten 542f. Nr. 3608. Um welches Stammheim es sich handelte, war nicht zu ermitteln.
  6. BSB Cgm 1716 Catalogus Canonicorum fol. 54r.
  7. Knod, Studenten 542 Nr. 3608.
  8. BSB Cgm 1716 Praepositi S. Johannis Baptistae Frisingae fol. 26v, Catalogus Canonicorum fol. 54r; BSB Cgm 1717 p. 829; nicht in AEM FS 118. Eckher gibt außerdem an, Stadler sei 1490 als Propst des Kollegiatstifts St. Johannes Baptist belegt, relativiert dies jedoch mit Hinweis auf die Amtsdauer von Sigmund Grym, vgl. Nr. 174†.
  9. Knod, Studenten 542 Nr. 3608.
  10. BSB Oefeleana 10 IV p. 208; AEM H 76 p. 297; Bugniet, Versuch 76; AEM H 61 p. 201. Möglicherweise beruht Bugniets Schreibung der Jahreszahl auf der figuralen Grabplatte mit römischen Zahlzeichen (AEM H 76; Bugniet, Versuch) auf einer Verwechslung mit der Jahresangabe auf der kleinen Bodenplatte, da die für die figurale Platte maßgeblichen Überlieferungskopialen (BSB Cgm 1716; HVO Ms. 318 als Kopie nach dem verschollenen Eckherschen Grabsteinbuch) nur die Textwiedergabe mit arabischen Ziffern kennen.

Nachweise

  1. BSB Cgm 1716 Catalogus Canonicorum fol. 54r; BSB Cgm 1724 p. 231 Nr. 62; BSB Cgm 1717 p. 830; AEM H 58 p. 167 (P); AEM H 482a p. 907; BSB Cgm 1718 p. 449; AEM H 76 p. 328; Bugniet, Versuch 76; HVO Ms. 318 fol. 62r; AEM H 477 p. 749; AEM H 61 p. 202; AEM H 465 fol. 243r; AEM H 466; HVO Geissiana 454 p. 10 Nr. 72; HVF U XI 11 p. 9 Nr. 73; Schlecht, Inschriften VI 97 Nr. 36; Knod, Studenten 542 Nr. 3608; Glaser, Grabsteinbuch 345 Nr. 127.

Zitierhinweis:
DI 69, Stadt Freising, Nr. 146† (Ingo Seufert), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di069m012k0014606.