Inschriftenkatalog: Stadt Freising

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 69: Stadt Freising (2010)

Nr. 136 Domkreuzgang 1490

Beschreibung

Figurale Grabplatte für den Domherrn Balthasar Neunberger. Im Südflügel im achten Joch an der Südwand. Ursprünglich im Ostflügel bei der Benediktuskirche1), seit 1716 am heutigen Standort. Adneter Kalkstein. Umschrift, nach innen gerichtet, an der oberen Schmalseite in zwei weiteren Zeilen fortgeführt, dadurch Verkleinerung des Bildfeldes. Im Mittelfeld unter einem Kielbogen, dessen Zwickel mit Dreipässen gefüllt sind, Darstellung des Verstorbenen im Meßgewand, auf dem Kopf ein Birett, in seiner Linken ein Kelch, die Rechte darüber segnend erhoben; unterhalb eines die Figur in Hüfthöhe abschließenden Gewandsaums der Wappenschild. Darstellung ist in Flachrelief. Die Oberfläche schadhaft, die rechte untere Ecke abgebrochen.

Maße: H. 163 cm, B. 68 cm, Bu. 6,8 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. anno · m · cccc · lxxxxa) · / · duo · decima · aprilisb) · Obyt · vene(rabil)lis · vir [·] / Domin(us) · Walthes=/ar · neunb[er]ger [·] hui(us) · ec(c)l(es)ie · canonic(us) · cui(us)c) · / · a(n)i(m)a · Jn pace / quiescatd) ·

Übersetzung:

Im Jahre 1490 am 12. April starb der ehrwürdige Mann Herr Balthasar Neunberger, Kanoniker dieser Kirche. Seine Seele möge in Frieden ruhen.

Wappen:
Hochstift Freising2).

Kommentar

Zu den Schriftformen s. Einleitung CII.

Der aus bürgerlicher Familie stammende Balthasar Neunberger verfügte offensichtlich über kein eigenes Wappen, stattdessen erwählte er das des Hochstifts Freising.

1449 hielt er sich zu Wien an der Reichskanzlei auf und wurde im selben Jahr an der dortigen Universität unter den Mitgliedern der Rheinischen Nation als Freisinger Kanoniker geführt3). Im Winter 1452 erlangte er in Wien sein Baccalaureat4) und immatrikulierte sich daraufhin 1453 an der Universität Heidelberg5). 1456 rückte er ins Domkapitel auf, als dessen Senior er 1483 bezeichnet wurde6). Ab 1471 ist Neunberger als Sigillator der Reichskanzlei in Wien belegt7). Seine Bewerbung um die Pfarrei Waidhofen im Jahre 1473 blieb ohne Erfolg8).

Über der Platte befindet sich eine gemalte Tafel mit Inschrift von 1716, die voraussichtlich 2011 nach Befund und kopialer Überlieferung erneuert wird: WALTHASAR NEVNBERGER / CAN(ONICVS) O(BIIT) A(NN)O 1490. 12 APRIL(IS)9).

Textkritischer Apparat

  1. An den unteren Schaftenden der x jeweils eine eingerollte Zierlinie.
  2. Beschädigung im Bogen des p in Form eines Querstrichs, ähnlich einer p(er)-Kürzung.
  3. Änderung der Schriftrichtung von der linken Längsseite in die zweite Zeile der oberen Schmalseite.
  4. Worttrennzeichen quadrangelförmig, Schlußzeichen paragraphenförmig.

Anmerkungen

  1. BSB Cgm 2268 II p. 909.
  2. Bi 46 (Tafel 76ff.).
  3. Matrikel Wien I 268, 1449 I R Z. 210.
  4. AEM Nachlaß Boegl Nr. 33 (Domherren 3).
  5. Matrikel Heidelberg I 275.
  6. BSB Cgm 1716 Catalogus Canonicorum fol. 33v.
  7. Bresslau, Urkundenlehre I4 542 Anm. 2.
  8. Scherg, Bavarica 29 Nr. 217; Waidhofen an der Ybbs, Niederösterreich, Österreich.
  9. Vgl. BSB Oefeleana 10 IV p. 92; AEM H 482a p. 632; BSB Cgm 1718 1 vor p. 239; AEM H 64 p. 611; AEM H 465 fol. 170v.

Nachweise

  1. BSB Cgm 2268 II p. 909; BSB Cgm 1716 Catalogus Canonicorum fol. 33v; BSB Cgm 1724 p. 158 Nr. 18; AEM H 482a p. 630, 632f.; BSB Cgm 1718 1 vor p. 239, p. 239; AEM H 76 p. 331; HVO Ms. 318 fol. 61r; AEM H 477 p. 748; AEM H 61 p. 200; AEM H 465 fol. 170r, 170v, Appendix fol. 10v; AEM H 466; HVO Geissiana 454 p. 10 Nr. 69; HVF U XI 11 p. 8 Nr. 70; Schlecht, Inschriften III 65 Nr. 29; Glaser, Grabsteinbuch 344 Nr. 124.

Zitierhinweis:
DI 69, Stadt Freising, Nr. 136 (Ingo Seufert), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di069m012k0013609.