Inschriftenkatalog: Stadt Freising

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 69: Stadt Freising (2010)

Nr. 122 Domkreuzgang 1479

Beschreibung

Figurale Grabplatte für den Stiftspropst Johannes von Pienzenau. Im Südflügel im siebten Joch an der Südwand. Ursprünglich in der Benediktuskirche1), seit 1716 am heutigen Standort. Adneter Kalkstein. Umschrift, nach innen gerichtet. Im rundbogig schließenden Mittelfeld unter einem Mehrpaßbogen aus Maßwerk Darstellung des Verstorbenen im Chorgewand mit Almucia, auf dem Kopf ein Birett, die Hände zum Gebet gefaltet; in den Ecken der Platte die vierfache Ahnenprobe durch Schilde in kreisrunden Wappenmedaillons, davon die beiden unteren ledig, unter den oberen beiden Medaillons die Schlußformel der Grabinschrift fortgesetzt. Die linke Schriftleiste schlecht erhalten.

Maße: H. 183 cm, B. 98 cm, Bu. 9,5 cm (Z. 1-4), 5,5 cm (Z. 5-6).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. a(nno) · do(mini)a) · mo · cccco · lxxixb) // die · tercia · post · georyc) · o(biit) · vene(rabi)l(is)d) · vire) · d(omi)n(u)s · Jo//ha(nn)esb) · pie(n)cznawerf) // can(oni)c(us)g) · hui(us) · eccl(es)ie · Et [·] p(re)p(osi)t(u)s · mospurgens(is)h) · / [c(uius)] a(n)i(m)a i(n) pacei) · // · q(ui)escatk) ·

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1479 am dritten Tag nach Georg starb der ehrwürdige Mann Herr Johannes Pienzenauer, Kanoniker dieser Kirche und Moosburger Propst. Seine Seele möge in Frieden ruhen.

Datum: 1479 April 27.

Wappen:
Pienzenau2), Freiberg3).

Kommentar

Zu den Schriftformen vgl. Einleitung CI.

Johannes von Pienzenau entstammte einem bayerischen Adelsgeschlecht, das mehrfach Ministerialen der Wittelsbacher stellte4). So waren ihre Mitglieder seit 1418 Erbmarschälle des Hochstifts Freising und besaßen das Erbtruchseßamt des Passauer Domkapitels. Die Familie erlosch im Jahre 18005). Der Vater des Johannes war Hans Flach von Pienzenau zu Kemnat, seine Mutter Ursula, geb. von Freiberg-Eisenberg6). 1433 immatrikulierte sich Johannes von Pienzenau an der Universität Heidelberg als Kleriker der Diözese Augsburg7), wurde jedoch erst 1435 Domherr in Augsburg8) und erhielt 1436 ein Kanonikat des Domstifts Freising9). Nach einem Studium an der Universität Wien 143810) bekleidete er ab 1444 bis zu seinem Tode das Amt des Stiftspropsts in Moosburg11). 1451 resignierte er sein Augsburger Kanonikat12). 1471 wurde er Chorherr am Kollegiatstift St. Johannes Baptist in Freising13). Die von ihm bisher verwaltete Pfarrei St. Martin in Geisenhausen resignierte er 1476 zugunsten des Johannes Valkner14).

Über der Platte befindet sich eine gemalte Tafel mit Inschrift von 1716, die voraussichtlich 2011 nach Befund und kopialer Überlieferung erneuert wird: IOANNES DE PIENZENAV CAN(ONICVS) ET PRAEP(OSITVS) / MOSPVRG(ENSIS) O(BIIT) A(NN)O 1479. 22 APRIL(IS)15).

Außerdem gab es in der Benediktuskirche im Mittelschiff eine quadratische Bodenplatte aus der Zeit von Bischof Eckher mit der Inschrift: Joan(nes) Pienzenauer Can(onicus) ob(iit) XXVII. Apr(ilis) M.CCCCLXXIX16). Diese Platte ging spätestens im Zuge der Bodenerneuerung 1830 verloren.

Textkritischer Apparat

  1. o hochgestellt.
  2. Nachfolgend Unterbrechung durch Wappenmedaillon.
  3. Punkt über dem rechten Schaft des y wohl später ergänzt.
  4. l(is) hochgestellt.
  5. Punkt über dem Schaft des i später ergänzt.
  6. er hochgestellt. Unterbrechung durch Wappenmedaillon.
  7. c(us) hochgestellt.
  8. Worttrennzeichen quadrangelförmig, nicht immer in mittlerer Höhe angeordnet. Nachfolgender Text auf die Zwickelflächen unter den oberen Wappenmedaillons aufgeteilt.
  9. Unterbrechung durch Bogen des Mittelfeldes.
  10. Worttrennzeichen paragraphenförmig.

Anmerkungen

  1. Hundt, Stammenbuch II 230; BSB Cgm 1716 Catalogus Canonicorum fol. 38v.
  2. BayA1 23 (Tafel 19).
  3. BayA1 12 (Tafel 9).
  4. Busley, Domkapitel 44.
  5. BayA1 23.
  6. Hundt, Stammenbuch II 229f.; Wiedemann, Pienzenauer 257-286.
  7. Matrikel Heidelberg I 197.
  8. Haemmerle, Canoniker 23f. Nr. 105; BSB Cgm 1716 Catalogus Canonicorum fol. 38v: 1436.
  9. BSB Cgm 1716 Catalogus Canonicorum fol. 38v.
  10. Matrikel Wien I 207, 1438 II R Z. 46.
  11. BSB Cgm 1716 Praepositi Mospurgenses ad S. Castulum fol. 32r, Catalogus Canonicorum fol. 38v; AEM FS 118 p. 274.
  12. Wiedemann, Pienzenauer 269; Haemmerle, Canoniker 23f. Nr. 105.
  13. AEM H 482a p. 686; Wiedemann, Pienzenauer 259f. Nicht in AEM FS 118.
  14. Scherg, Bavarica 46 Nr. 335; Geisenhausen, Lkr. Landshut, NB.
  15. Vgl. AEM H 482a p. 688; BSB Cgm 1718 1 nach p. 320; AEM H 64 p. 612; AEM H 465 fol. 186r.
  16. BSB Oefeleana 10 IV p. 94f., 209; AEM H 76 p. 297.

Nachweise

  1. BSB Cgm 1716 Praepositi Mospurgenses ad S. Castulum fol. 32r, Catalogus Canonicorum fol. 38v; BayHStA HL Freising Nr. 648 p. 132 Nr. 18; BSB Cgm 1724 p. 177 Nr. 38; AEM H 58 p. 287 (P); BSB Cgm 1717 p. 645; AEM H 482a p. 686, 688; BSB Cgm 1718 1 nach p. 320, p. 325; AEM H 76 p. 331; HVO Ms. 318 fol. 60r; AEM H 477 p. 748; AEM H 61 p. 199; AEM H 465 fol. 186r, 187r; AEM H 466; HVF U XI 11 p. 8 Nr. 65; Wiedemann, Pienzenauer 260; Schlecht, Inschriften III 61f. Nr. 23; Glaser, Grabsteinbuch 342f. Nr. 119.

Zitierhinweis:
DI 69, Stadt Freising, Nr. 122 (Ingo Seufert), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di069m012k0012200.