Inschriftenkatalog: Stadt Freising

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 69: Stadt Freising (2010)

Nr. 62† Benediktusk. 1409

Beschreibung

Bildfenster mit Stifterinschrift des Domherrn und Propstes Ulrich Waller von Wall. Im südlichen Seitenschiff (Johannes-Ev.-Kapelle) im zweiten Fenster von Westen1). Spätestens 1716 mit der Anlage größerer Fensteröffnungen abgegangen. Wohl zusammen mit dem 1434 von Nikolaus von Gumppenberg gestifteten, benachbarten Bildfenster eine Einheit bildend, s. Nr. 77†. Darstellung des knienden Oranten im Chorgewand mit Almucia, vor ihm sein Wappenschild, links neben ihm sein Namenspatron, der hl. Ulrich, stehend. Die Hinwendung nach rechts wohl auf die Sitzmadonna des von Gumppenberg gestifteten Bildes bezogen. Unterhalb des Oranten die zweizeilige Inschrift.

Standort und Text nach BSB Cgm 2267 I.

  1. Vdalricvs Waller / Can(oni)c(us) a(nn)oa) 1409b).

Übersetzung:

Ulrich Waller, Kanoniker, im Jahre 1409.

Wappen:
Waller2).

Kommentar

Die früheste und einzige am Original orientierte, kolorierte Nachzeichnung des Bildfensters stammt von der Hand des Domdekans und späteren Bischofs Johann Franz Eckher. Sie befindet sich in einem der beiden erhaltenen Grabsteinbücher, das auch mehrere Nachzeichnungen anderer Glasfenster und einer Freskomalerei in der Benediktuskirche enthält. Unbegründet ist der naheliegende Verdacht, Eckher habe ein inschriftloses Original in der Nachzeichnung mit erläuterndem Text versehen: In dem von Eckher selbst zusammengetragenen Urkundenmaterial für Ulrich Waller kommt das Datum 1409 überhaupt nicht vor und hätte sich daher in der Kopiale – eine hypothetische Absicht der Textergänzung unterstellt – seinem Informationsgehalt nach als bedeutungslos erwiesen.

In der Benediktuskirche gab es vermutlich bis zur Barockisierung 1716 weitere Bildfenster mit Wappendarstellungen, die Eckher in derselben Handschrift überliefert. So befanden sich im nördlichen Seitenschiff (Barbarakapelle) im Fenster neben dem Altar zwei Wappenscheiben für Gerhoch von Waldeck3) und Franz von Preysing4), mit den Unterschriften Gerhoch de Waldeckh · / Canonic(us) und der Jahreszahl 1382 bzw. Fran(ciscus) Preysing(er) · / Canonic(us)5). Im südlichen Seitenschiff (Johannes-Ev.-Kapelle) befanden sich ebenfalls im Fenster neben dem Altar zwei, durch ein Band mit Schleife verbundene Wappenscheiben für Conrad Schauch6) und dessen Mutter7), mit den Unterschriften Schauch de · / familia Sch=/urffeisen · / Canonic(us) · und Fraunberg / mater Conradi / Schauch · qui / obyt a(nn)o 13668). Diese Inschriften bezogen sich auf die Stiftung des Johannes-Ev.-Altars durch Konrad Schauch im Jahre 13669).

Im Gegensatz zum Formular der anderen, durch Eckher überlieferten, zeitgenössischen Textbeigaben zu Bildfenstern erscheinen die beiden letztgenannten Beischriften allzu deskriptiv, abgesehen davon, daß die Beischrift des Fraunberg-Wappens in der Mitte des 14. Jahrhunderts in dieser Form nicht auftreten würde. Viel wahrscheinlicher handelte es sich um retrospektiv angefertigte Bildfenster, die an die Stiftungstätigkeit für die Benediktuskirche erinnern sollten10). Ein Datierungsansatz für diese vier Bildfenster ist mangels weiterer Informationen nicht möglich.

Nach Oefele gab es in einem Gewölbefeld der Benediktuskirche – wohl im südlichen Seitenschiff (Johannes-Ev.-Kapelle) – in roter Farbe den Namensschriftzug Waller de Wall, außerdem dessen Wappen und die Inschrift Capellam hanc Udalricus Waller de Wall Can(onicus) certas annuatim miseras legendas legando anno 1414. dotavit11). In einer weiteren Kuppel sah man in roter Farbe folgende Stifterinschrift, welcher zwei Wappen beigegeben waren: Capellam hanc cum certis perpetuisque missis Conradus Schauch Can(onicus) ex Matre de Fraunberg natus. An(no) 1366 fundavit, dotavit12). Über die Zeitstellung dieser bald nach 1734 durch Oefele erfaßten Inschriften ist nichts bekannt.

Zu Ulrich Waller vgl. Nr. 65.

Textkritischer Apparat

  1. o hochgestellt.
  2. Im Original wohl mccccix.

Anmerkungen

  1. Standortangabe nach BSB Cgm 2267 I p. 41: Dises steht auch in S: Johan Evang(elist) Capellen bey S: Benedict, in dem 3ten fenster. Da die formale Beziehung zu dem von Gumppenberg gestifteten Bildfenster, das sich nachweislich in dem dem Kreuzgang zunächst liegenden Fenster befand, unübersehbar ist, kann sich die Eckher’sche Angabe nur auf das dritte Fenster von Osten her gezählt – dem zweiten Fenster von Westen entsprechend – beziehen.
  2. Gespalten, vgl. das Wappen auch bei Nr. 65.
  3. BayA1 6 (Tafel 4).
  4. Bay 19 (Tafel 12f.); zu diesem vgl. Nr. 53.
  5. Eckher vermerkt um 1700/10 zu Gerhoch von Waldeck: sein schilt und helmb steht in S: benedict Kirchen in der abseithen im fenster mit farben â parte Evangely vnder S: Barbarae Altar, würd glaublich aldorten begraben ligen, s. BSB Cgm 1716 Catalogus Canonicorum fol. 66r. Bei späteren – in jedem Falle voneinander abhängigen – Kopialen heißt es: Gerhochus de Waldek, wird vermuthlich bey St. Benedikts Kirche begraben seyn, weil dessen Schild und Helm auff der Evangelium Seite des St. Barbara Altar an dem nächsten Fenster lange Zeit mit Farben zu sehen ware, mit der Aufschrift: Gerhoch de Waldeckh Dombherr Anno 1382, s. BSB Cgm 1724 p. 270 Nr. 26; AEM H 482a p. 998; BSB Cgm 1718 p. 498f.; AEM H 76 p. 297, 322; AEM H 61 p. 188; AEM H 465 fol. 265v. Da nicht anzunehmen ist, daß im Original der deutsche Begriff Dombherr Anwendung fand, ist die Überlieferung Eckhers vorzuziehen.
  6. Ein Feuerstahl; zu diesem vgl. Nr. 35.
  7. BayA1 6 (Tafel 4).
  8. BSB Cgm 2267 I p. 41; s. auch BSB Cgm Catalogus Canonicorum 1716 fol. 50r; BSB Cgm 1717 p. 792; vgl. Goetz, Kunst in Freising 269; Boegl, Frisingensia Nr. 13, 2 Nr. I.3.
  9. Bestätigung der Stiftung am 1. Mai 1370 durch Bischof Paul von Harrach, s. BayHStA Domkapitel Freising Urkunde Nr. 385, vidimiert 1619 September 13; HVO Geissiana 481; vgl. BayHStA HL Freising Nr. 592 p. 73.
  10. Eckher fügt nach seiner Standortangabe für die vier Bildfenster an: H(err) Conrad Schauch hat dise S: Jo(hann) Capellen gestüfftet, s. BSB Cgm 2267 I p. 42.
  11. BSB Oefeleana 10 IV p. 203.
  12. BSB Oefeleana 10 IV p. 212.

Nachweise

  1. BSB Cgm 2267 I p. 41; SBBA Msc. M.v.O. Ms. 39 p. 61; Boegl, Frisingensia Nr. 13, 2 Nr. I.2; Goetz, Kunst in Freising 269.

Zitierhinweis:
DI 69, Stadt Freising, Nr. 62† (Ingo Seufert), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di069m012k0006202.