Inschriftenkatalog: Stadt Freising

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 69: Stadt Freising (2010)

Nr. 30† Dom Mariä Geburt und St. Korbinian 1356

Beschreibung

Kopfreliquiar des hl. Papstes Alexander mit Stifterinschrift. 1803 in der oberen Domsakristei registriert, anschließend ans Kurfürstliche Münzamt abgeliefert und eingeschmolzen1). Silber, vergoldet, mit Edelsteinen besetzt. Brustbild des Bischofs im Ornat, mit dreifacher Papstkrone, bei dieser bereits im 18. Jahrhundert einige Steine fehlend, die Inful auch mit Emaileinlagen; die Inschrift umlaufend.

Maße, Materialangabe und Text nach BayHStA HL Freising Nr. 5922), Beschreibung nach BayHStA HL 3 Fasz. 161.

Maße: Gesamthöhe: ca. 83 cm.

  1. A(nn)o D(omi)ni M.CCCLVIa). Nonasb) Novembris Albertusc) Episcopus Frisingensisd) Comes de Hohenberge) praesens fieri Caput fecitf)

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1356 ließ an den Nonen des November Bischof Albert Graf von Hohenberg den gegenwärtigen Kopf anfertigen.

Datum: 1356 November 05.

Kommentar

Die Zugehörigkeit der Inschrift zum Kopfreliquiar für den hl. Papst Alexander (105/109–115/119) geht aus der kopialen Überlieferung des 18. Jahrhunderts hervor. Im ersten Schatzinventar des Freisinger Domes von 1352 ist ein Reliquiar für diesen Heiligen noch nicht erwähnt, die Reliquien scheinen bald danach nach Freising gelangt zu sein3). In zeitlicher Nähe zur Erneuerung des Alexander-Reliquiars 1356 steht auch die Stiftung bzw. Erneuerung der Reliquiare für den hl. Korbinian (1362, Nr. 32†) und den hl. Lantpert (1363, Nr. 33†).

Der Stifter des Reliquiars, Albert Graf von Hohenberg, wurde um 1293 als Sohn von Rudolf I., Graf von Hohenberg, und der Agnes, geb. von Werdenberg, geboren. Er studierte in Konstanz und erlangte dort auch ein Kanonikat4). 1317 wurde er Pfarrer der Kuratiekirche in Bondorf, zugleich war er auch Pfarrer in Rußbach und von zwei weiteren Kirchen in Schwaben5). In Paris erlangte er im Anschluß an ein Studium der Rechtswissenschaften den Titel eines licentiatus in decretis. Nach seiner Rückkehr aus Paris 1329 kam ein Kanonikat in Straßburg hinzu. 1334 wurde er von einigen Domherren zum Bischof von Konstanz gewählt, konnte sich jedoch nicht gegen Otto II. von Wolfskeel, der von Papst Clemens VI. providiert wurde, durchsetzen6). In den folgenden Jahren übernahm er eine Vielzahl diplomatischer Aufgaben für den Kaiser, war kaiserlicher Landvogt im Elsaß und kaiserlicher Hofrat, daneben versah er von 1338 bis 1344 die Pfarrei Aufkirch und war auch Inhaber der Pfarrpfründen zu Schaunberg, Überlingen, St. Stephan in Wien, Mengen, Köngen, Eutingen, Weildorf und Ober-Ehnheim7). Nach einer weiteren erfolglosen Bewerbung um das Konstanzer Bischofsamt 1344 wurde er vom Papst als Bischof von Würzburg providiert, unterlag jedoch Albrecht von Hohenlohe. Von Erfolg gekrönt war schließlich die päpstliche Provision mit dem Bistum Freising am 7. Oktober 1349, wozu er die Weihe am 21. August 1351 zu Brugg im Aargau empfing8). In die Amtszeit Alberts fällt die Belagerung der Stadt Zürich zusammen mit vier weiteren Bischöfen als Verbündete der Habsburger zur Sicherung seiner familiären Territorialinteressen9). Für das Bistum erlangte er die Pfarrei Lack in Krain10), außerdem inkorporierte er mehrere Pfarreien hochstiftischen Klöstern und Stiften11). Bischof Albert starb am 25. April 1359 zu Stein am Rhein und wurde in der Kollegiatstiftskirche St. Moritz in Rottenburg begraben12). Für ihn bestanden Meßstiftungen in St. Andreas13), St. Veit14), Weihenstephan15), Moosburg16) sowie in Ehingen17).

Textkritischer Apparat

  1. BayHStA HL 3 Fasz. 161: 1356.
  2. Sic, irrig für NONIS, evtl. auch M.CCCL VI. NONAS.
  3. BayHStA HL 3 Fasz. 161: beatus Albertus.
  4. AEM H 594, AEM H 255: Frisingensis fehlt.
  5. AEM H 76: Hohenburg.
  6. BayHStA HL 3 Fasz. 161: praesens caput fieri fecit.

Anmerkungen

  1. BayHStA Generalkommissariat Freising u. Mühldorf Nr. 70 prod. 41 fol. 7v. Nicht im vorausgehenden Inventar verzeichnet, vgl. BayHStA Generalkommissariat Freising u. Mühldorf Nr. 28 prod. 83.
  2. Die Höhe der vier Reliquiare wird in BayHStA HL Freising Nr. 592 mit cubitalis angegeben, sie entsprach also jeweils einer bayerischen Elle (83,3 cm). Das Gewicht des Alexander-Reliquiars betrug nach BayHStA Generalkommissariat Freising u. Mühldorf Nr. 70 prod. 41 fol. 7v 13 Mark 8 Loth (3158 gr.), nach BayHStA HL 3 Fasz. 161 dagegen 13 Mark 4 Loth (3100 gr.).
  3. Vgl. BayHStA Domkapitel Freising Urkunde Nr. 260, 1352 März 5; vgl. Hoheneicher, Spicilegium 3, 279f. Nr. XIII; Benker, Goldschmiedearbeiten 182.
  4. Studer, Matthiae Neoburgensis Chronica 184; Strzewitzek, Sippenbeziehungen 184.
  5. Studer, Matthiae Neoburgensis Chronica 184; Strzewitzek, Sippenbeziehungen 184; Bondorf, Lkr. Böblingen, Baden-Württemberg; Rußbach, Pol. Bez. Hallein, Salzburg, Österreich.
  6. Meichelbeck, Chronica 212; Meichelbeck, Historia Frisingensis 151.
  7. Studer, Matthiae Neoburgensis Chronica 184; Strzewitzek, Sippenbeziehungen 185; Aufkirch, Markt Kaltental, Lkr. Ostallgäu, Schw. (?); Grafschaft Schaunberg, Oberösterreich, Österreich; Überlingen, Bodenseekreis, Baden-Württemberg; Mengen, Lkr. Sigmaringen, Baden-Württemberg; Köngen, Lkr. Esslingen, Baden-Württemberg; Eutingen, Lkr. Freudenstadt, Baden-Württemberg; Weildorf, Stadt Haigerloch, Zollernalbkreis, Baden-Württemberg; Obernai (Oberehnheim), Dép. Bas-Rhin, Frankreich.
  8. Meichelbeck, Chronica 212; Meichelbeck, Historia Frisingensis II,1 151f.; Heckenstaller, Dissertatio 31; Deutinger, Kataloge 82, 185; Deutinger, Päpstliche Urkunden 72-76 Nr. 25; Leidinger, Veit Arnpeck 890; Bischofs-Chronik II 30; Brugg, Kt. Aargau, Schweiz.
  9. Meichelbeck, Chronica 215; Meichelbeck, Historia Frisingensis II,1 152; Maß, Bistum 264.
  10. Maß Bistum 265.
  11. Meichelbeck, Chronica 215; Meichelbeck, Historia Frisingensis II,1 152; Maß, Bistum 266.
  12. Meichelbeck, Chronica 216; Meichelbeck, Historia Frisingensis II,1 155; Heckenstaller, Dissertatio 31; Deutinger, Kataloge 51, 82, 185; Leidinger, Veit Arnpeck 890; Stein am Rhein, Kt. Schaffhausen, Schweiz; Rottenburg am Neckar, Lkr. Tübingen, Baden-Württemberg.
  13. BayHStA KL Freising – St. Andreas Nr. 163a fol. 9r.
  14. BayHStA KL Freising – St. Veit Nr. 62 fol. 19r; BayHStA KL Freising – St. Veit Nr. 9 p. 162; BayHStA KL Freising – St. Veit Nr. 63 fol. 23v.
  15. BSB Clm 1026 fol. 38v; MGH Necrologia III Weihenstephanense 209.
  16. MGH Necrologia III Moosburgenses 106; Moosburg, Lkr. Freising.
  17. Strzewitzek, Sippenbeziehungen 186; Ehingen, Alb-Donau-Kreis, Baden-Württemberg.

Nachweise

  1. BayHStA HL Freising Nr. 592 p. 147; BayHStA HL Freising Nr. 594 p. 167; BayHStA HL 3 Fasz. 161 Inventar 1745 fol. 3v; AEM H 76 p. 340; AEM H 255 p. 81.

Zitierhinweis:
DI 69, Stadt Freising, Nr. 30† (Ingo Seufert), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di069m012k0003005.