Inschriftenkatalog: Stadt Freising

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 69: Stadt Freising (2010)

Nr. 26† Dom Mariä Geburt und St. Korbinian 1342

Beschreibung

Figurale Grabplatte für den Gegenbischof Ludwig von Kammerstein. Im 15. Jahrhundert in der Apside beim Mariä-Heimsuchungs-Altar1), nach Eckher und Prey im nördlichen Seitenschiff vor der Leonhardskapelle2). Entweder 1701 bei der Abgrabung und Neuverlegung des Kirchenbodens oder 1723–1724 im Zuge der Barockisierung des Doms abgegangen3). Umschrift, nach innen gerichtet. Im Mittelfeld Darstellung des Verstorbenen im Meßgewand mit einem Buch in den Händen, unter dem Kopf ein Kissen4), zu seinen Füßen der Wappenschild.

Beschreibung und Text nach der Nachzeichnung in HVO Ms. 318 fol. 21r.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

  1. A(NNO) · D(OMINI)a) · M · CCC · XLII · VI · / JDVSb) · FEBR(VARII) · H(O)Cc) · E(ST) JN DIE · S(AN)C(T)I · PAVLI · / EP(ISCOP)Id) · O(BIIT)e) · D(OMI)N(V)Sf) · LVO(DEVICVS)g) DE / CHAMSTINh) · EL(E)C(TV)S · EP(IS)C(OPVS)i) · F(RI)SINGEN(SIS) +

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1342 am sechsten Tag vor den Iden des Februar, dies ist am Tag des heiligen Bischofs Paulus, starb Herr Ludwig von Kammerstein, erwählter Freisinger Bischof.

Datum: 1342 Februar 08.

Wappen:
Kammersteiner5).

Kommentar

Ludwig von Kammerstein entstammte einem bayerischen Adelsgeschlecht aus Schwabach, das sich nach der Burg Camerstein benannte, die es vor Mitte des 13. Jahrhunderts in reichsvogteilicher Funktion innehatte6). 1317 studierte er in Bologna7) und wurde trotz päpstlicher Reservation vor dem 6. Dezember 1340 vom Domkapitel zum Bischof von Freising gewählt. Dagegen wurde von Papst Benedikt XII. im Jahre 1341 Johannes II. Hake als Freisinger Bischof eingesetzt8). Ludwig von Kammerstein regierte mit Unterstützung Kaiser Ludwig IV. des Bayern, blieb aber im Schatten des dominierenden Dompropstes Leutold von Schaumburg-Julbach9). Entgegen dem Willen des Papstes segnete er die Ehe Ludwig des Brandenburgers, des Sohnes Kaiser Ludwigs, mit Margarethe Maultasch ein und verkündete die Dispensen von den Ehehindernissen10). Nach zweijähriger Regierung als Gegenbischof verunglückte er am 8. Februar 1342 durch einen Sturz vom Pferd, als er sich gerade auf einer Reise nach Tirol befand. Sein Leichnam wurde nach Freising überführt und im Dom beigesetzt11).

Außer der verlorenen figuralen Grabplatte gibt es im Dom im inneren nördlichen Seitenschiff eine quadratische Bodenplatte aus der Zeit von Bischof Eckher mit der Inschrift: + / LVDOVICVS / DE CHAMSTEIN. / ELECTVS EPIS(COPVS) FRIS(INGENSIS) / O(BIIT) A(NN)o 1342. 8. FEB(RVARII)12).

Textkritischer Apparat

  1. Meichelbeck: A(nno) D(omini) fehlt.
  2. AEM H 602: Sexto ydus; BSB Cgm 2269, BSB Cgm 1716, BSB Cgm 1717 p. 96, BSB Cgm 2291 III, AEM H 482a: 1342. 6. Id(us); BSB Cgm 1717 p. 95, AEM H 76: 1342. Idus; BSB Cgm 2290 IV: 1342 … 6 Idus; AEM H 465 Appendix: 1342. VII. Idus; AEM H 477: M der Jahresdatierung fehlt.
  3. C hochgestellt; AEM H 465 Appendix: H(O)C bis EP(ISCOP)I fehlt.
  4. Irrig für AP(OSTOL)I, in sämtlichen anderen Kopialen korrekt, außer Meichelbeck, dort mit Ergänzung (Virodunensis); AEM H 5: Text von HO(C) bis AP(OSTOLI) fehlt.
  5. Meichelbeck: O(biit) fehlt.
  6. Unziales N irrig als D abgezeichnet, ebenso AEM H 57, AEM H 61.
  7. Möglicherweise O irrig für unziales D, in diesem Fall: LVD(OVICVS) DE, vgl. AEM H 5, BSB Cgm 2269, BSB Cgm 1716, BSB Cgm 1717; die Nachzeichnung in AEM H 57 zeigt ein unziales D in Form von Ò.
  8. AEM H 5, AEM H 602, BSB Cgm 2269, BSB Cgm 1716, Meichelbeck, AEM H 477: Chamstein; BSB Cgm 1717: Cambstein; BSB Cgm 2291 III: Chambstein.
  9. Irrig EEPC gekürzt; AEM H 5, AEM H 602: elect(us) eccl(es)ie; BSB Cgm 1716, AEM H 57, BSB Cgm 1717, BSB Cgm 2290 IV, Cgm 2291 III, AEM H 482a, AEM H 477: Elect(us) Ep(isco(us) Eccl(esi)ae Frisingensis; Meichelbeck: electus Episcopus, Frisingensis Canonicus, Jurium Doctor.

Anmerkungen

  1. AEM H 5 p. 131; AEM H 602 p. 75.
  2. BSB Cgm 1716 Catalogus Canonicorum fol. 6r; BSB Cgm 1717 p. 95f.; BSB Cgm 2290 IV fol. 84v.
  3. Während Bugniet in seinem um 1788 entstandenen Grabsteinverzeichnis AEM H 76 p. 315, 338 und ebenso das bald nach 1824 verfaßte Domherrnverzeichnis AEM H 61 p. 182 das Fehlen der Grabplatte feststellen, vermerkt Leidinger, Veit Arnpeck 889, irrig, sie sei noch vorhanden.
  4. BSB Cgm 1717 p. 95 überliefert die Figur ohne Buch in den Händen.
  5. BayA3 186 (Tafel 132) (älteres Wappen) mit Abweichung Blüten statt Räder (vermutlich Fehler des Kopisten).
  6. Primbs, Camerstein 13-28; Dormann, Stellung 47f. Anm. 3; Strzewitzek, Sippenbeziehungen 197; Schwabach, Mfr.
  7. Knod, Studenten 233 Nr. 1638.
  8. Strzewitzek, Sippenbeziehungen 198.
  9. Gatz, Bischöfe I 197.
  10. Dormann, Stellung 47; Strzewitzek, Sippenbeziehungen 198 Anm. 4; Maß, Bistum 261.
  11. Meichelbeck, Chronica 211; Meichelbeck, Historia Frisingensis II,1 148f.; Heckenstaller, Dissertatio 30; Deutinger, Päpstliche Urkunden 57f. Nr. 23; Schlecht, Inschriften I 60f.; Dormann, Stellung 47, Anh. XIV; Leidinger, Veit Arnpeck 889; Bischofs-Chronik II 29 Anm. 3; Strzewitzek, Sippenbeziehungen 198; Maß, Bistum 261.
  12. Vgl. AEM H 76 p. 313, 337; Schlecht, Inschriften I 61 Nr. 53. Plattennummer der Bauaufnahme des staatlichen Hochbauamts Freising von 1993: NI.1064

Nachweise

  1. AEM H 5 p. 131f.; AEM H 602 p. 75; BSB Cgm 2269 fol. 21v; BSB Cgm 1716 Catalogus Canonicorum fol. 6r; BSB Cgm 1724 p. 29f. Nr. 3; AEM H 57 p. 136; Meichelbeck, Historia Frisingensis II,1 149; BSB Cgm 1717 p. 95f.; BSB Cgm 2290 IV fol. 84v; BSB Cgm 2291 III fol. 55v; AEM H 76 p. 315 Nr. 35, p. 338; AEM H 482a p. 147; BSB Cgm 1718 p. 42; HVO Ms. 318 fol. 21r, 47r; AEM H 477 p. 739; AEM H 61 p. 182; AEM H 465 fol. 34v, Appendix fol. 3v; AEM H 466; HVO Geissiana 454 p. 1 Nr. 7; HVF U XI 11 p. 1 Nr. 6; Leidinger, Veit Arnpeck 889; Glaser, Grabsteinbuch 311 Nr. 37, 325 Nr. 62.

Zitierhinweis:
DI 69, Stadt Freising, Nr. 26† (Ingo Seufert), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di069m012k0002606.