Inschriftenkatalog: Stadt Freising
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 69: Stadt Freising (2010)
Nr. 20 Dom Mariä Geburt und St. Korbinian 1314, 1549
Beschreibung
Deckplatte der Tumba für Bischof Gottfried. In der Vorhalle an der Nordwand der Katharinenkapelle, in dieser auch der ursprüngliche Standort1). Wohl im Zuge der Barockisierung des Doms 1723–1724 an die Wand versetzt und überarbeitet2). Sandstein. Umschrift, erhaben gearbeitet und nach außen gerichtet (I). Im Mittelfeld Darstellung des Verstorbenen als Bischof im vollen Ornat; in der Linken ein Buch, auf diesem Ritzinschriften des 16. Jahrhunderts (II, III), in der Rechten der Bischofsstab. Die figurale Darstellung im Hochrelief. Im oberen Drittel horizontaler Bruch, neben dem Kopf des Bischofs Ergänzungen der Eckher-Zeit; das untere Drittel der Platte ausgewaschen mit vollständigem Textverlust am Unterrand und teilweisem Textverlust an den Längsseiten.
Textkritischer Apparat
- V über die Cauda des Q gestellt.
- Ausgebrochenes Q modern ergänzt.
- BayHStA KL Freising – St. Andreas Nr. 162: nachfolgend irrig Christi Domini de Virgine nati / Clemens Agne ...
- Aufgrund einer ACI-Konstruktion zu FINI(RE) zu ergänzen.
- Ausgebrochenes VM modern ergänzt; AEM H 602: SOLVTVM.
- Kürzung durch Q mit übergestelltem I.
- Das I in die Abschrägung des Plattenrandes gedrängt.
- Zwischen 15 und 49 eine Hausmarke in Form einer spiegelverkehrten 4.
Anmerkungen
- AEM H 5 p. 130; AEM H 602 p. 73; Hundt/Gewold, Metropolis Salisburgensis I2 168, I3 113.
- Dehio Obb 312 hält die gesamte Platte für eine Kopie. Dem widerspricht jedoch sowohl der paläographisch-epigraphische Befund als auch der stilkritische. Außerdem verweisen die Sgraffiti, die teils aus dem 16. Jahrhundert stammen, auf die Authentizität der Platte.
- Hundt, Stammenbuch I 229f.; Strzewitzek, Sippenbeziehungen 181f. Die Abstammung Gottfrieds wird durch sein auch noch als Bischof verwendetes Dekansiegel bestätigt, s. Baumgärtner, Meichelbeck’s Geschichte 135; vgl. Heckenstaller, Dissertatio 30, 47; Deutinger, Kataloge 78; Hoheneicher, Spicilegium 3, 418 Nr. XXIX; Bischofs-Chronik II 23 Anm. 3. In Meichelbeck, Historia Frisingensis II,1 115, und Schlecht, Inschriften I 13, irrig als Gottfried von Greifenberg (bzw. Greifenbach) bezeichnet.
- Lang/Freyberg, Regesta Boicarum V 33; Strzewitzek, Sippenbeziehungen 181; Haid, Brixen 76f.
- Maß, Bistum 239.
- Maß, Bistum 239; Fastlinger, Turmschatz 62.
- Hundt/Gewold, Metropolis Salisburgensis I2 168, I3 113; Meichelbeck, Historia Frisingensis II,1 115; Heckenstaller, Dissertatio 30, 47; Deutinger, Matrikeln I 16; Deutinger, Kataloge 18, 50, 78, 182; Baumgärtner, Meichelbeck’s Geschichte 135; Fastlinger, Turmschatz 62; Leidinger, Veit Arnpeck 887; Bischofs-Chronik II 23; Strzewitzek, Sippenbeziehungen 182.
- Deutinger, Kataloge 50, 79; Fastlinger, Turmschatz 57-70; Bischofs-Chronik II 23; Strzewitzek, Sippenbeziehungen 182.
- Meichelbeck, Historia Frisingensis II,1 115-117; Maß, Bistum 240.
- Meichelbeck, Historia Frisingensis II,2 143f. Nr. CCXXVI; Maß, Bistum 238.
- Hoheneicher, Spicilegium 3, 278 Nr. XII; Schlecht, Altäre 50f.; Maß, Bistum 239.
- BayHStA HL Freising Nr. 617 fol. 15r; BayHStA HL Freising Nr. 569 p. 32, 49b; BayHStA HL Freising Nr. 570 fol. 29r; Deutinger, Kataloge 79; MGH Necrologia III Liber Oblagiorum 93, 100; Boegl, Jahrtagsverzeichnis 4; Bischofs-Chronik II 24 Anm. 4; Strzewitzek, Sippenbeziehungen 182; Maß, Bistum 239. In die zweite Kapelle der Vorhalle wurde 1309 von Burggraf Berthold von Rehling der Dreifaltigkeitsaltar gestiftet, s. Meichelbeck, Chronica 199; Meichelbeck, Historia Frisingensis II,1 120; Baumgärtner, Meichelbeck’s Geschichte 137; Schlecht, Altäre 51.
- Andere Quellen geben als Todesjahr 1315 an, vgl. u. a. Deutinger, Kataloge 182; MGH SS XXIV 325; Leidinger, Veit Arnpeck 887; Bischofs-Chronik II 24.
- Lang/Freyberg, Regesta Boicarum V 101f.; Strzewitzek, Sippenbeziehungen 182; Maß, Bistum 241.
- Maß, Bistum 239.
- Vgl. BSB Oefeleana 10 IV p. 20; AEM H 76 p. 308; AEM H 8a p. 580; Schlecht, Inschriften I 14 Nr. 6.
- Vgl. Schlecht, Inschriften VI 114.
- Der Text lautet hier: GOTFRIDUS / EP(ISCOP)US XXX. / FRIS(INGENSIS) O(BIIT) 27. / AVG(VSTI) A(NN)o 1314.
Nachweise
- AEM H 5 p. 130; HABW Cod. Helmst. 205 fol. 257v; AEM H 602 p. 73; Hundt/Gewold, Metropolis Salisburgensis I2 168, I3 113; BSB Cgm 5805 fol. 42r; AEM H 669 fol. 35r; AEM H 666 p. 56; AEM H 253 p. 48, 130; BSB Cgm 1725 p. 170; AEM H 57 p. 120; Meichelbeck, Historia Frisingensis II,1 121; BayHStA KL Freising – St. Andreas Nr. 161 fol. 90r; BayHStA KL Freising – St. Andreas Nr. 162 p. 268; BSB Clm 1292 p. 154; BSB Cgm 1715 p. 96; AEM H 482a p. 334f.; BSB Cgm 1718 p. 135, 5 nach p. 135; AEM H 291 p. 410; AEM H 462; AEM H 8a p. 42, 577; AEM H 464 fol. 14v; AEM H 465 fol. 86v, 88r; HVO Ms. 318 fol. 20r; AEM H 467; AEM B 8 II p. 230; AEM H 270; Deutinger, Kataloge 182; Deutinger, Viti Arnpeckhii 522; Leidinger, Veit Arnpeck 887f.; MGH SS XXIV 325; Schlecht, Inschriften I 13f. Nr. 5, Taf. I; Bischofs-Chronik II 24; Bischofs-Chronik, Neuausgabe 39; Glaser, Grabsteinbuch 310 Nr. 34.
Zitierhinweis:
DI 69, Stadt Freising, Nr. 20 (Ingo Seufert), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di069m012k0002008.
Maße: H. 213 cm, B. 86 cm, Bu. 6-7 cm (I).
Schriftart(en): Gotische Majuskel (I), Kursive (II), Kapitalis (III).
I. Ergänzt nach Meichelbeck, Historia Frisingensis II,1.
+ TER · CE(N)TV(M) · MIL/LE · BIS · QVINIa) 〈· Q〉VATVORb) · ATQ(VE) FLUX(ER)V(N)T [ANNIc) DOMINI DE VIRGINE NATI LVX AVGVSTI DAT GOTF]RIDV(M) B(E)N(E) FINI(RE)d) · CLEME(N)S · AGNE · D(E)I · SOL〈VM〉e) · DA · REQ(V)I(EM)f) EIg)
Übersetzung:
Tausend und dreimal hundert und zweimal fünf und vier (1314) Jahre sind verflossen seit der Herr von der Jungfrau geboren wurde. Das Licht des August gibt, daß Gottfried das Leben gut beendet. Mildes Lamm Gottes, gib ihm allein die Ruhe.
II. Ritzinschrift auf dem Buchdeckel mittig rechts.
Conrad(us) st– – –
III. Ritzinschrift auf dem Buchdeckel unten.
A R W E + / 15 49h)
Versmaß: Hexameter. (I)
Kommentar
Die unter Eckher vorgenommenen Ergänzungen betrafen die Partien oberhalb des oberen Plattenbruchs zu Seiten des Kopfes, was auch die Rekonstruktion der Krumme des Bischofsstabs einschloß. Außerdem wurden die an den Bruchstellen liegenden, verlorenen Randstücke, die mit Buchstaben versehen waren, aus Steinmaterial weitgehend originalgetreu kopiert. Dies betrifft das Q bei QVATVOR auf der linken Längsseite und VM bei SOLVM auf der rechten Längsseite. Zu den Schriftformen s. Einleitung XCI.
Gottfried von Hexenagger entstammte einem oberpfälzischen Rittergeschlecht, das bis ins 10. Jahrhundert zurückzuverfolgen ist3). Er wird 1302 als Magister, Archidiakon und Domherr von Freising sowie 1306 als Stellvertreter des Bischofs Emicho genannt4). Ein Quittungseintrag der juristischen Fakultät der Universiät Bologna dient als Beleg für sein dortiges Studium im Jahre 13095). Von Bologna brachte er eine Vielzahl juristischer und kanonistischer Bücher nach Freising, die nach seinem Tod im Turmschatz der bischöflichen Residenz verwahrt wurden6). Vermutlich am 1. September des Jahres 1311 wurde Gottfried, Dekan und Magister, zum Bischof von Freising gewählt7). Zu seinen Verdiensten gehörte die Mehrung der Freisinger Dombibliothek und die Bereitstellung eines großen Teils der Codices8) sowie die festliche Abhaltung des Oktavtags des Festes Mariä Geburt, außerdem stiftete er dem Kapitel die Pfarrei Flintsbach9).
In seiner Herrschaftspolitik hingegen war er zurückhaltend, was dazu führte, daß er Freisinger Rechte auf beinahe sämtliche Besitzungen in Österreich, Kärnten und Krain unter beträchtlichen finanziellen Aufwand zurückkaufen mußte10). In der Regierungszeit des Bischofs wurde die Vorhalle des Freisinger Doms mit einem Kreuzrippengewölbe und zwei offenen Kapellen versehen, die links und rechts des Eingangs mit Altären zu Ehren der hl. Dreifaltigkeit und der hl. Katharina eingerichtet wurden11). An die Katharinenkapelle, die er auch ausstatten ließ, stiftete er Messen für das Patrozinium und zu seinem Jahrtagsgedächtnis12).
Während er sich zur Vermittlung in der politisch angespannten Situation zwischen Herzog Ludwig IV. von Bayern und Friedrich dem Schönen von Österreich im Jahre 1314 in Wien aufhielt, verstarb er unerwartet am 27. August 131413). Da sich daraufhin ein Apotheker mit größeren Forderungen meldete, ist anzunehmen, daß Bischof Gottfried zeitlebens kränkelnd war14). Wie von ihm gewünscht, wurde er in der Katharinenkapelle begraben15).
Außer der Deckplatte gab es in der Vorhalle in der Katharinenkapelle eine quadratische Bodenplatte aus der Zeit von Bischof Eckher mit der Inschrift: GOTFRIDUS / EP(ISCOP)US XXX. / FRIS(INGENSIS) O(BIIT) 27. / AVG(VSTI) A(NN)o 131416). Die Platte wurde im Zuge der Erneuerung des Bodens in der Vorhalle 1901 ausgebaut17) und durch eine Neuanfertigung mit ähnlichem Text ersetzt18). Das stark beschädigte Original befindet sich heute lose in der Domkrypta im südlichen Anraum.