Inschriftenkatalog: Stadt Freising

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 69: Stadt Freising (2010)

Nr. 16† Dom Mariä Geburt und St. Korbinian 1278

Beschreibung

Figurale Grabplatte für Bischof Konrad II. Im nördlichen Seitenschiff nahe dem Allerheiligenaltar1). Zu unbekanntem Zeitpunkt abgegangen, möglicherweise erst 18422). Umschrift, nach innen gerichtet. Im Mittelfeld Darstellung des Verstorbenen als Bischof in vollem Ornat, der Kopf auf einem Kissen ruhend, die Hände zum Gebet gefaltet, in seinem rechten Arm der Bischofsstab3), zu seinen Füßen eine Standkonsole.

Standort nach AEM H 291, Beschreibung und Text nach der Nachzeichnung in HVO Ms. 318.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

  1. AN(N)O · D(OMI)NI · M · CC · LXXVIIIa) · / CHVNRAD(VS) EP(ISCOPVS) · COMES · SILVESTER · HVI(VS) · SEDIS · OBIIT / · III · KAL(ENDAS) · MA/IIb) · REXIT · ECCL(ESI)AM · AN(N)IS · XXc) ·

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1278 starb Wildgraf Konrad, Bischof dieses Stuhles, am dritten Tag vor den Kalenden des Mai. Er regierte die Kirche 20 Jahre.

Datum: 1278 April 29.

Kommentar

Die Familie des Konrad, die über Besitzungen im Bereich der Nahe verfügte, führte den in der Inschrift erwähnten Titel „Wildgraf“ seit drei Generationen. Sein Vater war Wildgraf Konrad II.4), ein Verwandter König Ottokars II. von Böhmen, während er über seine Mutter mit den Wittelsbacher Herzögen in München und Landshut familiär verbunden war5). Er besaß seit 1228 ein Kanonikat am Domstift Freising und war zugleich Propst des Kollegiatstifts St. Zeno in Isen6). Seine einstimmige Wahl zum Bischof im Jahre 1258 zielte auf die Sicherung des Freisinger Besitzstandes, dürfte jedoch auch im Hinblick auf eine friedliche Nachbarschaft mit den Wittelsbacher Herzögen erfolgt sein7). Von Anfang an verfolgte Konrad eine Politik des Ausgleichs mit dem bayerischen Herzogshaus, besonders mit Herzog Ludwig II. von Bayern. Diesem übertrug er 1261 die bis dahin von Markgraf Berthold von Hohenburg verwalteten Güter zu Lehen, 1266 die Lehen des verstorbenen Gebhard von Tölz, 1272 die Ansprüche auf das Falkensteiner Erbe und 1277 Burg Herantstein in Niederösterreich; der Herzog seinerseits gestand Konrad neben den vertraglich vereinbarten Zahlungen für diese Lehen 1272 die niedere Gerichtsbarkeit für das Dorf Ismaning zu8). Dies war für Konrad II. um so wertvoller, als sich in dem schmalen Streifen jenseits der Isar, der fast bis München reichte, bereits ein bescheidenes Gebiet abzeichnete, das in Verbindung mit der Bischofsstadt zum selbständigen Hochstift werden konnte9). In seinem Bistum bemühte er sich vor allem um die kirchliche Neuorganisation der Stadt München, die sich seit der Teilung Bayerns 1255 zur Residenzstadt der Wittelsbacher Herzöge entwickelt hatte10).

Das in der Überlieferung des 18. Jahrhunderts angegebene Todesjahr widerspricht der Quellenlage, denn am 1. März 1279 urkundete der Bischof noch11). Während die Todesursache relativ zuverlässig überliefert ist – Konrad starb an einem Schlaganfall12) –, bleibt das genaue Todesdatum umstritten: In Nekrologen der Domkirche und von Weihenstephan wird der 1. März13) genannt, anderen Quellen zufolge verstarb er am 3. Tag vor den Kalenden des März, d. i. der 28. Februar14), die Grabinschrift gibt den 3. Tag vor den Kalenden des Mai (29. April) – wohl eine Verschreibung für März – an. Für ihn bestanden Jahrtagsmessen in der Domkirche15) und St. Andreas16).

Sein Neffe Emicho wurde ebenfalls Bischof von Freising, s. Nr. 19†.

Außerdem gab es im inneren nördlichen Seitenschiff des Doms eine quadratische Bodenplatte aus der Zeit von Bischof Eckher mit der Inschrift: Conradus II. Comes de Wittelspach Ep(iscop)us XXVII. Fris(ingensis) O(biit) 29. Febr(uarii) 127817). Diese Platte, die 1902 von Joseph Schlecht als schwer leserlich und ausgetreten beschrieben wird, ist heute nicht mehr zu identifizieren.

Textkritischer Apparat

  1. AEM H 291, BSB Cgm 1725: 1278.
  2. AEM H 291: Marcij; BSB Cgm 1725: 3. Kal(endas) Marci.
  3. AEM H 291, BSB Cgm 1725: 20.

Anmerkungen

  1. Nach AEM H 57 p. 105 befand sich die Grabstätte im nördlichen Seitenschiff vor der Georgskapelle.
  2. Vgl. Heckenstaller, Dissertatio 30; Schlecht, Inschriften II 5.
  3. Der Stab fehlt in der Nachzeichnung bei AEM H 57 p. 108.
  4. Meichelbeck, Historia Frisingensis II,2 103-105; Strzewitzek, Sippenbeziehungen 244f.; Gatz, Bischöfe I 191.
  5. Meichelbeck, Historia Frisingensis II,1 49; Deutinger, Kataloge 49, 180; Strzewitzek, Sippenbeziehungen 246; Schlecht, Inschriften II 5; Leidinger, Veit Arnpeck 886; Bischofs-Chronik II 19; Maß, Bistum 219. Konrad gehörte jedoch nicht dem Geschlecht der Wittelsbacher an, so irrig Heckenstaller, Dissertatio 30; Deutinger, Kataloge 18, 76; Deutinger, Matrikeln I 16, und andere; vgl. richtig Bischofs-Chronik II 19 Anm. 4.
  6. BSB Cgm 1716 Praepositi S. Zenonis in Isen fol. 36v; AEM FS 118 p. 184; Isen, Lkr. Erding.
  7. Gatz, Bischöfe I 192.
  8. Gatz, Bischöfe I 192; Herantstein, Niederösterreich, Österreich; Ismaning, Lkr. München.
  9. Maß, Bistum 220.
  10. Gatz, Bischöfe I 192; Busley, Domkapitel 42f.
  11. Zahn, Codex diplomaticus I 388-390 Nr. 364; vgl. Meichelbeck, Historia Frisingensis II,1 88.
  12. Meichelbeck, Historia Frisingensis II,1 168; Strzewitzek, Sippenbeziehungen 246; vgl. Bischofs-Chronik II 20 Anm. 3.
  13. BSB Clm 21556 fol. 17r; BSB Clm 1026 fol. 21v; BayHStA HL Freising Nr. 617 fol. 5r; BayHStA HL Freising Nr. 3c fol. 123r; AEM H 8a p. 535; MGH Necrologia III Weihenstephanense 206; MGH SS XXIV 325.
  14. BSB Cgm 1725 p. 147; AEM H 291 p. 283.
  15. BayHStA HL Freising Nr. 569 p. 9; BayHStA HL Freising Nr. 570 fol. 29r; MGH Necrologia III Liber Oblagiorum 87.
  16. BayHStA KL Freising – St. Andreas Nr. 161 fol. 350v.
  17. AEM H 8a p. 40, 533; AEM H 76 p. 313, 337; AEM H 464 fol. 14r; Schlecht, Inschriften II 4 Nr. 67.

Nachweise

  1. BSB Cgm 1725 p. 147; AEM H 57 p. 108; AEM H 291 p. 283; AEM H 8a p. 533; HVO Ms. 318 fol. 19r; AEM H 467; AEM B 8 II p. 171; Glaser, Grabsteinbuch 308f. Nr. 31.

Zitierhinweis:
DI 69, Stadt Freising, Nr. 16† (Ingo Seufert), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di069m012k0001609.