Inschriftenkatalog: Stadt Essen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 81: Stadt Essen (2011)

Nr. 183 Privatbesitz 17. Jh., 1. H. 18. Jh.

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Grabstein für mindestens zwei unbekannte Personen. Sandstein. Der Grabstein stammt mit großer Wahrscheinlichkeit vom 1811 aufgelösten Friedhof der evangelischen Kirche in Kettwig. Auf dem oben abgebrochenen, hochrechteckigen Grabstein sind auf der Vorderseite noch fünf Zeilen einer Bibelparaphrase mit Bibelstellenangabe (A), auf der Rückseite drei Zeilen vermutlich mit den Resten eines Sterbevermerks (B) und vier bzw. zwei Zeilen mit zwei Bibelzitaten mit Bibelstellenangaben (C, D) zu sehen. Beide Seiten sind mit einer einfachen Säulenarchitektur im Flachrelief verziert. Der Stein hat ein dickes Bohrloch, außerdem sind einige Stellen der Inschriften wegen Mörtelverunreinigungen nicht mehr lesbar.

Maße: H. 98,5 cm; B. 62 cm; Bu. 4 cm (A), 1,7 cm (B–D).

Schriftart(en): Kapitalis (A), Fraktur und Kapitalis (B), Fraktur (C, D).

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/2]

  1. A

    [ – – – ] / [.]E[ – – – ] / HE[ – – – ]T / DER DOT ZVM GE=/WIN MIR WORDE(N) / IST · PHILIP(PER) · 1 · CAP / […]1)

  2. B

    AN(N)O 17[ – – – ] / ist [ – – – ] / Roskoten I(m) H(errn) E(nt)S(chlafen)

  3. C

    Den die gerechten werden weg[gerafft für] / dem ungelück und die Richtig für [sich] / gewandelt haben komen zum Friede und / R[uh]e[n in] i[hr]en Kammeren. Jesaia 57 V(ers) · 12)

  4. D

    Der Herr weiß die Gottseligen ausz / der versuchung // Zu erlosen · 2 · Pet(rus) / 2 ·V(ers) 9 ·3)

Kommentar

Die Kapitalisinschrift der Vorderseite ist hinsichtlich der Proportionen mit der Inschrift eines Kettwiger Grabsteins von 1629 (Nr. 165) vergleichbar, auch wenn einschränkend betont werden muss, dass es sich in beiden Fällen um eine recht derbe Schriftausführung handelt.

Die Inschriften der Rückseite weisen grundlegende Übereinstimmungen mit den Frakturinschriften von Nr. 161 auf: Der Schriftduktus, die Gestaltung der Versalien und nicht zuletzt die Buchstabenhöhe sind vergleichbar. Die Datierung in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts orientiert sich deshalb an den auf Nr. 161 angegebenen Sterbedaten. Sie wird von der in der ersten Zeile noch sichtbaren Jahresangabe, die allerdings nur teilweise erhalten ist, gestützt. Auffällig ist, dass zwar für das lateinische Wort AN(N)O die Kapitalis als Schriftart gewählt wurde,4) die Bibelstellenangaben auf beiden Seiten des Steins aber in der gleichen Schrift ausgeführt wurden wie die Bibelzitate und die Bibelparaphrase. Dies steht im Gegensatz zu der allgemein verbreiteten und auch in Kettwig festzustellenden Gewohnheit, unterschiedliche Schriften für diese beiden Textsorten zu verwenden.5)

In den Kirchenbüchern der evangelischen Gemeinde Kettwig sind einige Personen mit der Herkunftsbezeichnung oder dem Namen Ros(s)kot(t)en verzeichnet, die genauere Zuordnung zu einer bestimmten Person ist nicht möglich.6) Die Auflösung der Initialen I(m) H(erren) E(nt)S(chlafen) orientiert sich am Formular der Kettwiger Grabsteininschriften.7)

Anmerkungen

  1. Nach Phl 1,21: „Denn Christus ist mein Leben und Sterben ist mein Gewinn“. Die Textumstellung deutet auf Reimverse hin.
  2. Jes 57,1.
  3. 2 Pt 2,9.
  4. Diese Hervorhebung bzw. Kennzeichnung des lateinischen Worts ist weitverbreitet, vgl. Drös, Schrifthierarchie, S. 90.
  5. Vgl. ebd., S. 95; Nr. 161, 165.
  6. Die Kirchenbücher sind in einer Online-Version zugänglich: www.ortsfamilienbuecher.de/kettwig/ (besucht am 14. Juli 2009). Die Originale sind im Archiv der evangelischen Kirchengemeinde Kettwig aufbewahrt und enthalten Taufen (1636–1672, 1707–1807), Konfirmationen (1636–1672), Heiraten (1641–1669) und Begräbnisse (1707–1807). Die Honnschaft Roßkothen liegt heute auf dem Gebiet der Stadt Mülheim direkt an der Grenze zu Essen.
  7. Vgl. z. B. Nr. 161, wo die Anfangsbuchstaben ebenfalls in Versalien ausgeführt sind, außerdem Nr. 178.
Addenda & Corrigenda (Stand: 14. März 2017):

Heinrich Tiefenbach, Rez. DI 81, in: Beiträge zur Namenforschung 47 (2012), S. 474, ergänzt den Anfang von Inschrift A zu "MIN LEVEN STEHET IN IESV CHRIST".

Zitierhinweis:
DI 81, Stadt Essen, Nr. 183 (Sonja Hermann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di081d007k0018304.