Inschriftenkatalog: Stadt Essen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 81: Stadt Essen (2011)

Nr. 174 Kettwig, Ruhrstr. 69 1645

Beschreibung

Holzbrett. Es ist in einen Rahmen gefasst und in die Fassade des Hauses eingelassen. Unter der vierzeiligen Hausinschrift mit Hausname und Spruch (A) steht das Datum mit Initialen (B). Diese Zeile wird von einem Wappen mit Initialen (C) unterbrochen. Die Inschriften sind in den Balken geschnitzt und mit weißer Farbe ausgemalt. Unterhalb der fünften Zeile ist eine Hausmarke1) zu erkennen. Der Balken ist am unteren Rand mit drei Muschelornamenten verziert, zwei davon sind mit weißer Farbe nachgemalt.

Maße: H. 28,5 cm; L. 82 cm; Bu. 3,5 cm (A, B), 1,5 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis mit einzelnen Minuskelbuchstaben (A, B), Kapitalis (C).

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/1]

  1. A

    DIS HAVS SFEHETa) Nb) GOTTES HAND /STAEDER HAVS WIRD ES GENAND2) /ANFANG VND END IN AllER THAAD /SEY AVF GOTT GERICHT DAS WOlGERAD3) /

  2. B

    ANNO 1645 AM 21 // TAGH IVNY / EIC

  3. C

    WHG

Versmaß: Deutsche Reimverse (A).

Wappen:
unbekannt.4)

Kommentar

Die Inschriften sind ungelenk mit wenig einheitlichen Buchstabenformen gestaltet. A ist immer mit gebrochenem Mittelbalken ausgeführt. Bei G biegt sich das untere Ende der Cauda schwungvoll nach links. Der Schrägschaft bei N und die Bögen bei D und R stehen deutlich nach links über. l ist immer als Minuskelbuchstabe ausgeführt. O ist rautenförmig. Eine Sonderform zeigt sich bei T mit geschwungenem Balken. Die Inschrift A weist viele Ligaturen auf.

Der erste Reimvers war als Hausinschrift sehr beliebt und vom 16. bis ins 19. Jahrhundert weitverbreitet.5)

Der Hausname STAEDERHAVS oder ‚Haus Stade’ bezeichnete traditionell nicht das Haus in der Ruhrstraße, sondern ein Gut am Mühlengraben neben der Ruhrbrücke. Mit diesem Gut wurden 1589/90 Johannes Deuß und seine Ehefrau belehnt.6) Das Gut befand sich auch im 17. Jahrhundert noch im Besitz der Familie Deuß-Benninghoven, als diese 1643 Bauholz vom Kettwiger Holzgericht erhielt.7) Gegen eine Verbindung des in der Inschrift bezeichneten Hauses mit der Familie Deuß-Benninghoven spricht allerdings, dass weder das Wappen noch die Initialen dieser Familie zugeordnet werden können.8) Denkbar ist deshalb, dass das genannten ‚Staederhaus’ im Besitz von Mitgliedern der Familie vom, auff’m oder zum Staedt war.9) Das Haus, an dem sich die Inschriften heute befinden, das sog. Parlament, wird ins 18. Jahrhundert datiert.10)

Textkritischer Apparat

  1. Sic! Statt STEHET.
  2. Sic! Statt IN.

Anmerkungen

  1. Marke Nr. 38.
  2. Wander, Sprichwörter-Lexikon 2, Sp. 399, Nr. 71.
  3. Vgl. ebd. 1, Sp. 80, Nr. 20: „Anfang und End in allen Sachen muss man mit Gott dem Herren machen.“
  4. Marke Nr. 37.
  5. Vgl. z. B. DI 1 (Bad. Main- und Taubergrund), Nr. 42; DI 33 (Stadt Jena), Nr. 72, 152, 167; DI 45 (Stadt Goslar), Nr. 138; DI 49 (Stadt Darmstadt, Landkreise Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau), Nr. 325; DI 62 (Landkreis Weißenfels), Nr. 130, 204.
  6. Urbare B, S. 738; Khil, Geschichte, S. 40; vgl. auch Nr. 145.
  7. Kettwiger Markenbuch, fol. 55.
  8. Auf beiden noch erhaltenen Grabsteinen der Familie ist das Wappen dargestellt, vgl. Nr. 145, 161.
  9. Vgl. Nr. 178 und die Kettwiger Kirchenbücher, in denen zu diesen Familiennamen z. B. die Vornamen Hermann und Heinrich (vielleicht passend zu H in Inschrift C) belegt sind, vgl. die Online-Version der Kirchenbücher unter www.ortsfamilienbuecher.de/kettwig/ (besucht am 19.10.2009).
  10. Khil, Sehenswürdigkeiten, S. 67.

Nachweise

  1. Flothmann, Alt-Kettwig, S. 23.
  2. Scharrenberg, Tage, S. 22.

Zitierhinweis:
DI 81, Stadt Essen, Nr. 174 (Sonja Hermann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di081d007k0017405.