Inschriftenkatalog: Stadt Essen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 81: Stadt Essen (2011)

Nr. 115 Dom 1554

Beschreibung

Türsturz. Sandstein. Die Bauinschrift befindet sich über der Tür zur Sakristei im nördlichen Hochchor. Die Sakristei wurde durch Bomben 1943 weitgehend zerstört,1) die Inschrift blieb erhalten. Sie ist zweizeilig eingehauen, die erste Zeile auf der Stirn, die zweite in der Fase. Die Ausmalung der Buchstaben erfolgte wohl im Zuge der Wiederaufbauarbeiten ab 1951.

Maße: Bu. 6,9–8,8 cm.2)

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Kapitalisversalien.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/1]

  1. Hoc · sacrarium constructu(m) est / Anno 1554a)

Übersetzung:

Diese Sakristei ist im Jahre 1554 gebaut worden.

Kommentar

Die Kapitalisversalien A und H sind beide mit geknicktem Mittelbalken (bei A nach unten, bei H nach oben) gestaltet. a ist in der gleichmäßig gehauenen Inschrift doppelstöckig, einmal mit offenem oberem Bogen, einmal in Kastenform mit geschlossenem Bogen, ausgeführt (die Farbfassung malt einen offenen Bogen). Zierelemente sind das paragraphzeichenförmige Interpunktionszeichen, der Ansatz eines langen Zierstrichs am ersten c in constructu(m) und bei r im gleichen Wort die Gestaltung der Fahne als Quadrangel mit unten angesetztem Zierstrich. Die Bauinschrift stellt ein sehr spätes Beispiel für die Verwendung der gotischen Minuskel dar.

Die Sakristeiräume wurden bereits 1524 von der Süd- an die Nordseite des Chores verlegt.3) Daran angrenzend wurde eine Kapelle für die Äbtissin eingerichtet. Ein Neubau „ex fundamentis“, wieder mit Kapelle für die Äbtissin, wurde 1554 unter Leitung des Kirchmeisters, des Kanonikers Albert Berckman, errichtet,4) hierauf bezieht sich die Inschrift. Spätestens seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts hing in der Sakristei eine gerahmte Pergamentnotiz zur Weihe der Beinhauskapelle 1524, die fälschlicherweise auf die „Sakristeikapelle“ bezogen wurde.5) Infolgedessen wurde die Jahreszahl der Inschrift mit 1524 wiedergegeben bzw. das Jahr 1524 als Baudatum für die Sakristei genannt.6)

Textkritischer Apparat

  1. 4 retrograd; 1594 Kindlinger; 1524 KDM Essen, Lucke.

Anmerkungen

  1. Lucke, Sakristeikapelle, S. 74.
  2. Zweite Zeile in deutlich kleinerem Schriftgrad.
  3. Müller, Geschichtsschreibung, S. 29. Wahrscheinlich waren diese Räumlichkeiten bereits vorhanden, es wird ausdrücklich von der Verlegung der Sakristei („sacristia [...] translata fuit“) und nicht von einem Bau berichtet. Vorher befanden sich Sakristei, Archiv und Schatzkammer vor dem südlichen Arm des Querschiffes, vgl. Arens, Liber ordinarius, S. 254.
  4. Müller, Geschichtsschreibung, S. 32.
  5. KDM Essen, S. 30; Schaefer/Arens, Urkunden, Nr. 276 (1524 Juni 29). Die Zugehörigkeit zur Beinhauskapelle ist durch Nünning belegt, der die Weihe vermerkt und dabei fast alle Patrone und das gleiche Weihedatum nennt wie die angebliche Weihenotiz für die „Sakristeikapelle“, vgl. Müller, Geschichtsschreibung, S. 29.
  6. KDM Essen, S. 30; Zimmermann, Münster, S. 54 (richtig aber auf S. 188ff.); Lucke, Sakristeikapelle, S. 74, hier ist die gesamte Inschrift fehlerhaft transkribiert.

Nachweise

  1. StAM, Msc. II (Kindlinger’sche Sammlung) 107, S. 5.
  2. von Quast, Münsterkirche, S. 20.
  3. KDM Essen, S. 30.
  4. Goebel, Münsterkirche, S. 13.
  5. Lucke, Sakristeikapelle, S. 74.
  6. Zimmermann, Münster, S. 190.

Zitierhinweis:
DI 81, Stadt Essen, Nr. 115 (Sonja Hermann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di081d007k0011506.