Inschriftenkatalog: Stadt Essen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 81: Stadt Essen (2011)

Nr. 99 Werden, St. Ludgerus 1517

Beschreibung

Epitaph für Abt Anton Grimmolt. Sandstein. Es wurde nach dem Tod des Abtes im Auftrag seines Nachfolgers und der Mitglieder des Konvents an die Nordwand des Chors gesetzt.1) Im leicht eingetieften Mittelfeld ist die Liegefigur des Verstorbenen im Ornat, mit Mitra und Stab, im Relief ausgeführt, zu seinen Füßen befindet sich ein Wappen. Am Rand befindet sich umlaufend auf Schriftbändern der Sterbevermerk mit Widmung und Setzungsvermerk. Die Buchstaben sind in tiefer rechtwinkliger Kerbe eingehauen und mit Pech dünn ausgemalt. In den Ecken befinden sich spitz verkröpfte Vierpässe.

Maße: H. 291 cm; B. 136 cm; Bu. 8 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Kapitalisversalien.

(Gerda Hellmer) [1/2]

  1. R(everend)oa) · p(atri)b) · Antonio Gry(m)molt · / o(m)nis virtutis et pietatis sancto cultori · sincęręc) vitę illustriss(im)od) exemplo · ac instau=/ratę religionis huius mo(na)=/sterij Abbati s(e)c(un)doe) (et)f) religiosiss(im)og) · Successor et fr(atr)es pij M(onumentum) · L(ocarunt)h) · A(nn)o g) d(omini) · 1517 : 13i) · mens(is) Iunij

Übersetzung:

Dem ehrwürdigen Vater Anton Grimmolt, dem gewissenhaften Pfleger aller Tugend und Frömmigkeit, dem hochgerühmten Vorbild aufrichtigen Lebens, dem zweiten und sehr frommen Abt dieses Klosters erneuerten mönchischen Lebens, haben der Nachfolger und die Brüder fromm das Denkmal errichtet im Jahre des Herrn 1517 am 13. des Monats Juni.

Wappen:
Klöster Werden und Helmstedt.2)

Kommentar

Die Versalien entstammen der Kapitalis und sind etwas nach unten unter die Grundlinie gerückt. Sie reichen nicht bis an die obere Grenze des Oberlängenbereichs der Minuskel, sondern sind nur etwas höher als der Mittellängenbereich. Der Balken der e ist sehr dünn ausgeführt und fehlt teilweise ganz. r kommt in zwei Varianten vor, als Schaft-r, bei dem die Fahne aus einem sehr schmalen Quadrangel mit unten angesetztem Zierstrich besteht, und als Bogen-r mit nach rechts gebrochener Cauda. Durch die ungewöhnlich schmale Gestaltung von e und Schaft-r rücken deren Schäfte bis auf Schaftbreite an die folgenden Buchstaben heran, während sonst üblicherweise der Abstand etwas größer ist. Rundes s besteht aus zwei gegenläufig versetzten Bögen. Die Ober- und Unterlängen sind gespalten oder vereinzelt auch ausgezogen. Die vollkommen gleichmäßigen Schaftabstände, die zudem exakt der Breite der Schäfte entsprechen, dazu die völlig einheitliche Gestaltung der Brechungen, wodurch ein fast durchgehendes Quadrangelband oben und unten am Mittellängenbereich entsteht, zeigen die perfekte Umsetzung der für die Textura typischen Gitterstruktur. Die Jahreszahl ist mit linksgewendeter Fünf und lambdaförmiger Sieben gestaltet. Die Interpunktion durch Quadrangel erfolgt überwiegend nach Sinneinheiten oder nach Einzelbuchstaben.

Die Inschrift enthält formularartige Bestandteile, die auf den zwei für den Zeitraum vor 1650 noch erhaltenen Abtsgrabplatten aufgegriffen werden: Als Auftraggeber werden der Nachfolger und die Brüder genannt (successor et fratres pii), die dem Abt das Denkmal fromm gesetzt haben (pij monumentum locarunt).3)

Die anonymen Werdener Annalen berichten, die qualitätvolle Liegefigur des Verstorbenen sei „als Abbild nach dem Leben“ gearbeitet worden.4)

Anton Grimmolt wurde nach dem Tod des ersten Reformabtes Dietrich Hagedorn 1484 zum Abt gewählt, daher auch die Bezeichnung als „zweiter sehr frommer Abt“. Sein Grab im Hochchor war vermutlich mit einer nicht mehr vorhandenen Kupferplatte markiert, auf der ein von Johannes Cincinnius verfasster Nachruf inschriftlich ausgeführt war.5)

Textkritischer Apparat

  1. Kürzung durch hochgestellten Endbuchstaben, zusätzlich Kürzungsstrich durch die Cauda des R.
  2. Ohne Kürzungszeichen. d Duden.
  3. Sic! Beide e als e caudata ausgeführt.
  4. Das Wortende ist wegen des vor dem Epitaph stehenden Chorgestühls schlecht zu erkennen; Kürzung vermutlich durch hochgestelltes o.
  5. Kürzung durch Quadrangel über dem d.
  6. Tironisches et über der Zeile nachgetragen.
  7. Kürzung durch hochgestellten Endbuchstaben.
  8. MONUMENTI LOCO Glöckner.
  9. Falsche Lesung und Interpretation bei Püttmann.

Anmerkungen

  1. Anonymus, Annales, S. 78.
  2. Kreuz, überdeckt von Mittelschild, darin zwei gekreuzte Krummstäbe.
  3. Vgl. Nr. 144, 151.
  4. Anonymus, Annales, S. 78.
  5. Vgl. Nr. 98.

Nachweise

  1. Anonymus, Annales, S. 78.
  2. Effmann, Grabsteinplatte, Sp. 20, mit Abb. Sp. 21f.
  3. Jacobs, Pfarreien 1, S. 184, Anm. 1.
  4. KDM Essen, S. 95, mit Fig. 42.
  5. Püttmann, Grymholt, S. 7, mit Abb. und Übersetzung.
  6. Glöckner, Wappen, S. 79.

Zitierhinweis:
DI 81, Stadt Essen, Nr. 99 (Sonja Hermann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di081d007k0009901.