Inschriftenkatalog: Stadt Essen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 81: Stadt Essen (2011)

Nr. 72 Domschatzkammer M. 15. Jh., 16. Jh.?

Beschreibung

Kelch.1) Silber vergoldet, getrieben, gegossen, graviert. Auf den Achtpassfuß mit kleinem Standring und profilierter Zarge ist ein griechisches Kreuz graviert. Unter dem Fuß befindet sich ein flüchtig eingeritzter Altarzugehörigkeitsvermerk (B).2) Der achtseitige Schaft ist mit Maßwerkfeldern bedeckt. Der Nodus in abgeflachter Kugelform hat sechs rautenförmige Rotuli, auf die die Einzelbuchstaben des Nomen sacrum (A) graviert sind, dazwischen befinden sich Maßwerkzungen. Die schlichte Kuppa ist becherförmig. Der Kelch gelangte während der Auseinandersetzungen in den 1870er und 1880er Jahren zwischen den Pfarreien St. Johann und St. Gertrud um den Kirchenschatz der Münsterkirche an St. Gertrud,3) seit 1987 befindet er sich als Dauerleihgabe in der Domschatzkammer.

Maße: H. 17,5 cm; Dm. 13,7 cm (Fuß), 10,7 cm (Kuppa); Bu. 1 cm (A), 0,2 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A), gotische Buchschrift mit Kapitalisversalien (B).

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/8]

  1. A

    y//h//e//s//v//s

  2. B

    S(ancti) Georgy

Kommentar

Die als Bandminuskel gestalteten Buchstaben sind vor längs- bzw. kreuzschraffiertem Hintergrund ausgeführt und wirken so leicht erhaben. Bei e, s und y wurden hakenförmig umgebogene Zierhäkchen ausgezogen. Bemerkenswert ist, dass rundes s auch im Wortinnern verwendet wurde. Der Altarzugehörigkeitsvermerk ist etwas ungelenk eingeritzt.

Die Kombination des achtteiligen Fußes mit dem sechsteiligen Nodus ist ungewöhnlich. Der Kelch hat große Ähnlichkeit mit Nr. 71. Er wird aus stilistischen Gründen in die Mitte des 15. Jahrhunderts datiert, als Herstellungsregion wird das Rheinland vermutet.4) Bei der Inventarisierung 1797 wurde die Zugehörigkeit des Kelchs zur Georgsvikarie vermerkt, auf die auch die wohl ins 16. Jahrhundert zu datierende Inschrift B auf der Unterseite des Fußes hinweist.5)

Anmerkungen

  1. Inv.-Nr. 64. Bei einer Inventarisierung 1797 wurde auf und unter dem Fuß die Zahl 18 eingeschlagen, vgl. Pothmann, Kirchenschatzverzeichnis, S. 29.
  2. Vgl. Altarzugehörigkeitsvermerke bei Nr. 71, 143.
  3. Zum Streit um den Kirchenschatz vgl. Falk, Domschatz, S. 43f.
  4. Schulte, Kirchenschatz, S. 48.
  5. Pothmann, Kirchenschatzverzeichnis, S. 29.

Nachweise

  1. Schulte, Kirchenschatz, S. 48, Nr. 5, mit Abb. 5, S. 63.
  2. Kat. Essen 2009, S. 144, Nr. 56, mit Abb. (S. Hermann).

Zitierhinweis:
DI 81, Stadt Essen, Nr. 72 (Sonja Hermann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di081d007k0007206.