Inschriftenkatalog: Stadt Essen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 81: Stadt Essen (2011)

Nr. 184 Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Kunstgewerbemuseum 1573–1704

Beschreibung

Zeremonialstab (sog. Zepter Karls des Großen).1) Jaspis geschliffen, Silber getrieben, vergoldet, graviert. Die drei achtkantigen Schaftstücke und die Bekrönung in der gerippten Form eines Streitkolbens sind durch vier facettierte Knäufe verbunden. An dem Knauf der Handhabe ist ein kalottenförmiger Aufsatz aus Silber angebracht, in den das Monogramm Karls des Großen graviert ist. Den Abschluss des Stabs bildet eine Eichel aus Silber. Alle Teile sind durch einen Eisenstab verbunden, der durch die Längsachsen der Jaspisteile geführt und mit den Endstücken vernietet ist. Die Anschlussstellen zwischen den Steinschäften sind mit Zierstreifen aus vergoldetem Silber verdeckt, außerdem sind an den beiden mittleren Schäften Manschetten aus vergoldetem, graviertem Silber angebracht, um Bruchstellen zu stabilisieren. Der Zeremonialstab gelangte aus dem 1802 in Folge der Säkularisation aufgehobenen und an das Königreich Preußen gefallenen Kloster Werden zuerst an das Hohenzollern-Museum im Schloss Monbijou und im Anschluss an das Kunstgewerbemuseum Berlin.2)

Maße: L. 53,2 cm; H. des Monogramms 0,9 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. KAROLVS

Kommentar

Die Buchstaben sind nach Art des Monogramms Karls des Großen im Kreuzrhombustyp angeordnet.3) Der Zeremonialstab wird von der neueren Forschung anhand von Vergleichsbeispielen in die Mitte des 14. Jahrhunderts oder etwas später datiert.4) Die älteste Darstellung des Stabs findet sich im Lehenbuch des Werdener Abtes Heinrich Duden (1573–1601).5) Dort ist eine andere Kalotte zu sehen, das Karlsmonogramm ist weder abgebildet noch wird im Text darauf Bezug genommen. Duden selbst schildert in den ‚Nota de usu sceptrorum’ den Gebrauch des Zeremonialstabs zur Belehnung hochrangiger Lehnsträger wie Fürsten, Grafen etc. und weist darauf hin, dass für Personen niedereren Ranges das zweite in Werden vorhandene Zepter benutzt wurde.6) Von einem Zusammenhang mit Karl dem Großen ist allerdings noch nicht die Rede. Den ersten bislang bekannten Hinweis darauf, dass der Stab in Werden als ‚Zepter Karls des Großen’ galt, auf den auch das Anfang des 11. Jahrhunderts angefertigte Gründungsprivileg gefälscht wurde,7) geben die Heinrich Saldenberg zugeschriebenen Annalen.8) Deren Verfasser berichtet, er habe 1593 den Gebrauch des „sceptrum Caroli ex jaspide lapide factum“ als Lehnszepter für die Herzöge und Großen unter den Lehnsträgern mit eigenen Augen gesehen. Möglicherweise wurde das Karlsmonogramm bereits während der Amtszeit Heinrich Dudens in die Kalotte graviert. In dieser Zeit bezog sich das Kloster verstärkt auf Karl den Großen. So wurde aus Helmstedt ein Kruzifix nach Werden überführt, mit dem er die Sachsen missioniert haben soll,9) und auch das Idealbildnis des Kaisers, das heute im Aachener Rathaus hängt, wurde um 1600 geschaffen. Den Terminus ante quem für die Anbringung des Monogramms liefert die Wiedergabe der Inschrift in der Sammlung des jülich-kleveschen Archivars Johann Gottfried von Redinghoven (1628–1704).10) Ein Vergleichsstück zu dem Werdener Zepter hat sich in Wien erhalten. An dessen Handhabe war ebenfalls das Monogramm eines Herrschers graviert, allerdings zusammen mit dem Namen und der Jahreszahl 1612.11)

Die einzelnen Buchstaben des Monogramms haben gerade Sporen, A trägt einen kurzen Deckstrich, bei K reichen die Schrägbalken bis zu Ober- und Unterlinie, die Cauda des R ist geschwungen. Der Vergleich dieser Details des gravierten Monogramms mit Monogrammen sowohl in Originalurkunden als auch in der auf Karl den Großen gefälschten Urkunde für Werden liefert keine neuen Erkenntnisse, da sich keine auffallenden Übereinstimmungen feststellen lassen.

Anmerkungen

  1. Inv.-Nr. K 6979.
  2. Elbern, Gestalt, S. 58; umfassend Lambacher, Sceptrum, hier S. 29.
  3. Vgl. Rück, Bildberichte, S. 16f., Abb. 178–189, S. 100.
  4. Hahnloser/Brugger-Koch, Corpus, S. 242, Nr. 522; Lambacher, Sceptrum, S. 34.
  5. HStAD, Kloster Werden, Akten, Nr. VIII a 9, fol. 10r, Abb. bei Lambacher, Sceptrum, S. 33, Abb. 6.
  6. Gedruckt in Urbare A, S. 541. Das zweite Werdener „Zepter“, die Handhabe eines liturgischen Geräts, das vermutlich aus der Werkstatt des Roger von Helmarshausen stammt und um 1220–1230 datiert wird, befindet sich heute im Rheinischen Landesmuseum Bonn, vgl. zuletzt Kat. Paderborn 2006, S. 430, Nr. 517 (I. K[rueger]).
  7. MGH D Kar. I. 266 (802 April 26), vgl. Kat. Essen 1999, S. 424, Nr. 165 (R. Ku[ithan]).
  8. Anonymus, Annales, S. 82.
  9. Vgl. Nr. 109.
  10. BSBM, Cgm 2213 (Slg. Redinghoven) 6, fol. 298r; 31, fol. 538r.
  11. Elbern, Gestalt, S. 60, 63, Anm. 7.

Nachweise

  1. BSBM, Cgm 2213 (Slg. Redinghoven) 6, fol. 298r; 31, fol. 538r, beide mit Skizze.
  2. LWL – Archivamt für Westfalen, Münster, Archiv Haus Ruhr, Nachlass Nünning, Nr. 1187 (ohne Paginierung), mit Skizze.
  3. Meyer, Nachrichten, S. 8, mit Skizze.
  4. Elbern, Gestalt, S. 122, mit Abb.
  5. Kat. Essen 1990 1, S. 34, Nr. 17, mit Abb. (D. K[ötzsche]).
  6. Kat. Essen 1999, S. 429, Nr. 176, mit Abb. (L. L[ambacher]).
  7. Kat. Aachen 2000 2, S. 613, Nr. 7.39, mit Abb. (L. L[ambacher]).
  8. Kat. Magdeburg 2006, S. 444, Nr. V.51, mit Abb. (L. Lambacher).

Zitierhinweis:
DI 81, Stadt Essen, Nr. 184 (Sonja Hermann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di081d007k0018401.