Inschriftenkatalog: Stadt Essen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 81: Stadt Essen (2011)

Nr. 166(†) Privatbesitz 1629

Beschreibung

Altarretabel und Predella. Öl auf Holz. Beide gehörten zum Altar der Essener Siechenhauskapelle. Auf der Altartafel ist eine Kreuzigungsszene mit Kreuztitulus (A) dargestellt, am Fuße des Kreuzes sind Maria und Johannes sowie Maria Magdalena abgebildet. Links von der Kreuzigung ist der Stifter in Kanonikertracht zu sehen. Auf der Predella ist eine Widmung mit Stiftervermerk (B) aufgemalt. Bei der Restaurierung des Bretts wurde die Inschrift neu aufgemalt. Das Altargemälde wurde 1629 von dem Essener Kanoniker Wilhelm Mittweg für die Siechenhauskapelle gestiftet. Nach dem Übergang der Siechenhausvikarie an die Barmherzigen Schwestern 18411) gelangte das Gemälde an die Pfarrgemeinde St. Johann. 1899 wurden die Tafeln von Nachkommen des Stifters vom Erzbistum Köln erworben.2)

Maße: H. 89 cm; B. 129 cm; Bu. 3 cm (Altartafel); H. 18,5 cm; B. 159 cm; Bu. 3,2 cm (Predella).

Schriftart(en): Majuskelschrift (A), Kapitalis (B).3)

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/3]

  1. A

    I · N · R · I ·4)

  2. B†

    DEO · B(EATAE) M(ARI)AEa) VIRG(INIS) · ET · S(ANCTO) · LVDGERO · PA:/TRONO · D(OMINVS) · WILH(ELMVS): MITWECH · VIC(ARIVS) · / POS(VIT) ·A(NN)Ob) 1629

Übersetzung:

Gott, der seligen Jungfrau Maria und dem heiligen Liudgerus als Patron errichtete Herr Vikar Wilhelm Mittweg (dies) im Jahre 1629. (B)

Kommentar

Das N im Kreuztitulus soll durch seine runde Form romanisch wirken.

Wilhelm Mittweg entstammte einer einflussreichen Essener Goldschmiedefamilie, deren Mitglieder mehrfach dem Essener Stadtrat angehörten;5) sein Vater Heinrich Mittweg war zudem Provisor der Leprosen.6) Bis zu seinem Tod am 2. Dezember 1656 stand Wilhelm Mittweg als Dekan dem Essener Kanonikerkapitel vor und übte das Amt des Kirchmeisters aus.7) Er erhielt um 1629 durch Vermittlung seines Vaters die Siechenhausvikarie, die 1476 ursprünglich als Familienbenefizium von dem Essener Kanoniker Johannes Varnhorst gestiftet worden war.8) Da die Familie Varnhorst zum Protestantismus übergetreten war, konnte die Vikarie nicht mehr mit Familienmitgliedern besetzt werden. Durch die Heirat von Wilhelms Bruder Theodor Mittweg mit der zum Katholizismus zurückgekehrten Catharina Varnhorst 1628 bestanden nun allerdings familiäre Bindungen, weshalb auch Mitglieder der Familie Mittweg Anspruch auf die Vikarie erhoben.9)

Wilhelm Mittweg ließ die Siechenhauskapelle renovieren und stiftete neben dem Altargemälde auch die Ausstattung der Kapelle. Dazu gehörte auch ein vermutlich von seinem Vater hergestellter Kelch mit Patene und Löffelchen, den er zur Feier seiner Primiz 1619 erhalten hatte.10)

Textkritischer Apparat

  1. Kürzung durch hochgestellte, ligierte Endbuchstaben AE.
  2. Kürzung durch verkleinerten Endbuchstaben.

Anmerkungen

  1. Arens, Siechenhaus, S. 65f.
  2. MüA, B 1033, B 204.
  3. Die erneuerte Inschrift ist kopial in Kapitalisbuchstaben im Briefwechsel über den Verkauf des Bildes überliefert: MüA, B 1033.
  4. Io 19,19.
  5. Kat. Essen 1995, S. 132.
  6. Arens, Siechenhaus, S. 58.
  7. Schaefer/Arens, Nr. 444 (1656 Dezember 14); Tönnissen, Verzeichnis, S. 190. Seine Grabplatte befindet sich heute in der Adveniat-Krypta im Essener Dom.
  8. Arens, Siechenhaus, S. 54.
  9. Ebd., S. 59.
  10. Vgl. Auszüge aus dem Testament Wilhelm Mittwegs bei Arens, Siechenhaus, S. 58, Anm. 1; zu Kelch und Patene vgl. Nr. 157.

Nachweise

  1. MüA, B 1033 (B).
  2. Schröter, Altarbild, S. 69 (B).

Zitierhinweis:
DI 81, Stadt Essen, Nr. 166(†) (Sonja Hermann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di081d007k0016603.