Inschriftenkatalog: Stadt Essen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 81: Stadt Essen (2011)

Nr. 116† Dom 1556

Beschreibung

Glocke. Sie befand sich ursprünglich im Dachreiter der Münsterkirche. Der Vredener Scholaster Jodocus Nünning (gest. 1753) erwähnt die Glocke mit Glockenrede (Funktionsbezeichnung A und Meisterinschrift B) in seiner Auflistung der Glocken des Essener Münsters.1) Er hat seine Informationen wahrscheinlich von dem Steeler Vikar Jakob Ortmann, der ihm mehrfach Abschriften und Nachzeichnungen von Essener Inschriften zukommen ließ. Die Glocke ist nicht mehr vorhanden.

Nach Nünning.

  1. A

    Dum trahor audite voco vos ad sacra venite

  2. B

    Wilhelmus Haichman me fieri fecit anno 1556

Übersetzung:

Wenn ich gezogen werde, hört, ich rufe euch, kommt zum Gottesdienst. (A) Wilhelm Hachman ließ mich machen im Jahre 1556. (B)

Versmaß: Hexameter, leoninisch zweisilbig rein gereimt (A).

Kommentar

Laut Nünning wurde die Glocke „ad primum pulsum horarum“ eingesetzt, hatte also die Funktion der Primglocke, die zum ersten Gebet des Tages läutet. Die Funktionsbezeichnung ist formelhaft und fand, mit leichten Varianten, vom 14. Jahrhundert bis in die Gegenwart Verbreitung in ganz Europa.2)

Wilhelm Hachman entstammte der Glocken- und Büchsengießerfamilie Hachman aus Kleve, wo er wie sein Vater Albert Hachman das Amt des Büchsenmeisters innehatte und in den Jahren 1565 bis 1591 Mitglied des Magistrats war.3) Von seinem Vater ist bekannt, dass er für die Stadt Nimwegen Geschütze gegossen hat, zudem sind einige seiner Glocken im Rheinland nachgewiesen. Wilhelm Hachman goss 1556 eine weitere, ebenfalls nicht mehr erhaltene Glocke für die Münsterkirche.4) Beide Glocken wurden laut Nünning von Albert Berchmann, dem Werkmeister der Münsterkirche, in Auftrag gegeben.5) Im heutigen Stadtgebiet von Essen sind noch in Kettwig und Werden Glocken von Wilhelm Hachman erhalten;6) sein letztes bekanntes Werk ist eine Glocke aus dem Jahr 1587 für die Stifts- und Pfarrkirche von Kleve.7)

Anmerkungen

  1. Müller, Geschichtsschreibung, S. 42.
  2. Walter, Glockenkunde, S. 205f., Anm. 3; DI 24 (Lüneburg: St. Michaeliskloster, Kloster Lüne), Nr. 8; DI 56 (Stadt Braunschweig 2), Nr. 967; DI 59 (Stadt Lemgo), Nr. 22; DI 64 (Landkreis Querfurt), Nr. 28. Der Glockenspruch kommt mit der Formel ‚ad gaudia venite’ und weiteren Ergänzungen z. B. auch auf einer Glocke von 1497 der Dortmunder Petrikirche vor, vgl. BKD Dortmund-Stadt, S. 37.
  3. Walter, Glockenkunde, S. 750. Zur Glockengießerfamilie Hachman vgl. Dorgelo, Glockengießer, passim. Er kennt die Essener Glocken nicht und nennt als erste bekannte Glocke Wilhelm Hachmans eine 1562 für Schloss Bensberg gegossene, vgl. ebd., S. 160.
  4. Nr. 117.
  5. Müller, Geschichtsschreibung, S. 42.
  6. Nr. 119, 128, vgl. auch Nr. 130.
  7. Dorgelo, Glockengießer, S. 161.

Nachweise

  1. Müller, Geschichtsschreibung, S. 42 (= Nünning).
  2. Aders, Glocken, S. 147.
  3. Stens, Glocken, S. 277.

Zitierhinweis:
DI 81, Stadt Essen, Nr. 116† (Sonja Hermann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di081d007k0011603.