Inschriftenkatalog: Stadt Essen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 81: Stadt Essen (2011)

Nr. 104(†) Domschatzkammer 1. V. 16. Jh.

Beschreibung

Kaselkreuz.1) Metall- und Seidenstickerei mit mehrfarbiger Seide, Gold- und Silberfäden sowie Messing(?)perlen auf Leinengrund.2) Es ist auf einer modernen Kasel auf der Rückseite aufgenäht, der zugehörige Kaselstab befindet sich auf der Vorderseite. Die Stickerei zeigt die Wurzel Jesse, die von unten nach oben aus dem thronenden Jesaia wächst.3) Auf dem unteren Kreuzbalken sind sechs Könige, in der Vierung die thronende Maria mit dem Jesuskind und auf den oberen Kreuzbalken je zwei Könige zu sehen. Alle Könige haben Schriftbänder bei sich, die gestickten Bildbeischriften mit den Namen sind nicht mehr erhalten. 1904 waren noch Fragmente der Inschriften von vier Königen (von unten nach oben: David, Asa, Josafat und auf dem linken Kreuzbalken Joram) zu erkennen.4) Die Stickereien (ohne die Inschriften) sind restauriert bzw. teilweise neu gestickt worden.5)

Nach Foto bei Humann.

Maße: H. 123,5 cm; B. 51,5 cm.

Schriftart(en): Humanistische Minuskel mit Elementen der Fraktur (A, C, D), Kapitalis (B).

  1. A

    Da[vid]

  2. B

    ASA

  3. C

    Iosafat

  4. D

    Io//ram

Kommentar

Wegen des fragmentarischen Erhaltungszustandes der Buchstaben auf dem Foto bei Georg Humann ist nicht zu entscheiden, ob Inschrift B auch ursprünglich in Kapitalisbuchstaben ausgeführt war oder ob die auf dem Foto sichtbaren Buchstaben bei einer Restaurierung angebracht wurden. Die Kasel zeichnet sich sowohl durch den künstlerischen Entwurf als auch durch die qualitätvolle technische Ausführung der Stickerei aus. Die Gestaltung der Kleidung ist so auch auf Gemälden des frühen 16. Jahrhunderts zu sehen, es ist denkbar, dass die Vorlagen für die Stickereien aus dem Umkreis von Bartholomäus Bruyn dem Älteren oder sogar von ihm selbst stammen.6) Die Datierung folgt der kunsthistorischen Einordnung von Annemarie Stauffer.7)

Die Darstellung der Wurzel Jesse und damit auch der Abstammung der Muttergottes war im Kontext der Marienverehrung im Spätmittelalter besonders beliebt. Besonders am Niederrhein haben sich mehrere Kaseln mit diesem Motiv erhalten.8)

Anmerkungen

  1. Inv.-Nr. 180.
  2. Kat. Essen 2009, S. 234, Nr. 112 (A. Stauffer).
  3. Is 11,1. Die Stammlinie Jesu nach Mt 1,1–14.
  4. Humann, Kunstwerke, S. 375, Tf. 61.
  5. Kat. Essen 2009, S. 234, Nr. 112 (A. Stauffer).
  6. Ebd. Humann, Kunstwerke, S. 375 und Reichert, Stickereien, S. 49f. vermuteten eine flandrische Vorlage.
  7. Kat. Essen 2009, S. 234, Anm. 112.
  8. Vgl. Reichert, Stickereien, S. 48–54.

Zitierhinweis:
DI 81, Stadt Essen, Nr. 104(†) (Sonja Hermann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di081d007k0010403.