Inschriftenkatalog: Stadt Essen
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 81: Stadt Essen (2011)
Nr. 85† Ev. Marktkirche um 1500
Beschreibung
Uhrglocke. Nach Ludwig Potthoff stimmte sie „in Größe, Inschrift und Ornament vollkommen überein“ mit der ebenfalls zerstörten Marienglocke aus der Pfarrkirche St. Lambertus in Rellinghausen, die wiederum wie die dort noch vorhandenen Kreuzglocke gestaltet war.1) Bei dieser wird die einzeilige Inschrift, die um die Schulter verläuft, oben und unten von je zwei Stegen begleitet, darunter befindet sich ein hängender Palmettenfries mit kleinen Lilien. Die Glocke der Marktkirche war mit einer Glockenrede (Anrufung) versehen. Sie wurde beim Brand der Marktkirche 1943 zerstört.
Nach Feldens.
Schriftart(en): Gotische Minuskel.2)
ich ehre god yn mynen schallehillige maria bidde vor uns alle
Versmaß: Deutsche Reimverse.
Anmerkungen
- Potthoff, Rellinghausen, S. 47; vgl. Nr. 83, 84.
- Nach Feldens, Glocken, S. 112, Nr. 4.
- Feldens, Glocken, S. 112, Nr. 4.
- Kaufmanns Chronik, S. 266.
- Niemöller, Glocken 2, S. 137, Nr. 8b: Ich ehr Godt yn min schalle, o maria bidde vor uns alle. Anno d(omini) MCCCC XXXV.
Nachweise
- Feldens, Glocken, S. 112, Nr. 4.
Zitierhinweis:
DI 81, Stadt Essen, Nr. 85† (Sonja Hermann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di081d007k0008503.
Kommentar
Die Inschrift weist niederdeutsche Elemente wie mynen, hillige, bidde und vor auf, ist aber grundsätzlich hochdeutsch bestimmt (z. B. ich statt niederdeutschem ick).
Die von Potthoff festgestellten Übereinstimmungen beim Fries und bei der Inschrift dieser Glocke mit den beiden 1500 für die Stiftskirche St. Lambertus gegossenen Glocken legen die Herstellung in der gleichen Werkstatt, vermutlich in einer Nachfolgewerkstatt Johan Wynenbrocks, nahe. Franz Feldens hat dagegen vorgeschlagen, die Uhrglocke mit den Nachrichten über die 1440 gegossene Hauptuhrglocke in Verbindung zu bringen.3) Diese Glocke wird in der Chronik des Essener Predigers Heinrich Kaufmann erwähnt, der mitteilt, sie sei, „wie das Datum ausweist, anno Christi 1440 gegossen worden“, vermutlich also mit Nennung des Gussjahrs.4) Da es keinen Hinweis darauf gibt, dass die Marienglocke ebenfalls mit dem Gussjahr bezeichnet war, orientiert sich die Datierung an den beiden Rellinghauser Glocken, auch wenn der Wortlaut der Glockeninschrift auch auf einer Glocke aus Hülscheid (Gemeinde Schalksmühle, Märkischer Kreis, Nordrhein-Westfalen) aus dem Jahr 1435 belegt ist.5)
Die heutige evangelische Marktkirche diente bis zur Einführung der Reformation in Essen der Gemeinde St. Gertrud als Pfarrkirche, so dass das Vorhandensein einer Marienglocke nicht verwunderlich ist.