Inschriftenkatalog: Stadt Essen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 81: Stadt Essen (2011)

Nr. 37† Dom 10.–11. Jh.?

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Zwei Fragmente vermutlich einer Grabplatte für einen Wendelboldus. Kalkstein. Die hochrechteckige, leicht trapezförmige Platte wurde zu einem durchbrochenen Fensterverschluss für die im 12. Jahrhundert gebaute Schatzkammer umgearbeitet.1) Die bei Zimmermann abgebildeten Fragmente haben ein Randprofil aus flachem Wulst und abgesetzter Kehle. Die Randprofilierung legt nahe, dass beide Fragmente von derselben Platte stammen.2) Bei dem Fragment, das vom oberen Teil der Platte stammt, wurde ein Quadrat mit viertelkreisförmigen Aussparungen durchbrochen. Bei dem unteren Fragment wurde eine senkrechte Mittelleiste, auf der sich der Name befunden hat, stehen gelassen, während links und rechts bis zum Rahmenprofil Durchbrechungen ausgemeißelt worden sind.3) Humann gibt nicht an, wo sich die Buchstaben VS befunden haben. Die Fragmente wurden bei Restaurierungsarbeiten in den 1880er Jahren aufgefunden, heute sind sie verschollen.4)

Nach Zeichnung bei Humann.

Maße: H. 60 cm; B. 46 cm.5)

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. [ – – – ]VS [ – – – ] VVENDELBOLDVS [ – – – ]

Kommentar

Der Name war längs in der Mitte der Platte eingehauen. Die Buchstaben entstammten ausschließlich dem Kapitalisalphabet. Vermutlich handelte es sich um eine Grab- oder Sarkophagplatte mit kreuzförmig oder einzeilig angeordneter Inschrift.6) Solche Platten sind im Rheinland besonders aus dem 10. und 11. Jahrhundert überliefert. In Essen ist noch die vergleichbare Sarkophagplatte für einen Bilo vorhanden, die ins 10. bis in die erste Hälfte des 11. Jahrhunderts eingeordnet wird.7) Rudolf Conrad datiert die Inschrift aufgrund der von Humann wiedergegebenen Buchstaben ins 8. Jahrhundert, bei Kraus wird sie ins 9. bis 10. Jahrhundert eingeordnet.8) Da eine zeitliche Einordnung allein aufgrund der gezeichneten Buchstaben und der stark bearbeiteten Platte zu unsicher erscheint, wird die Platte hier wegen der zahlreichen Vergleichsstücke ins 10. bis 11. Jahrhundert datiert.9) Eine Person mit dem Namen Wendelboldus ist in den Essener Namensverzeichnissen und Kalendarien des 10. und 11. Jahrhunderts nicht belegt.10)

Anmerkungen

  1. Humann, Einzelheiten, S. 186. Zum Bau der Schatzkammer vgl. Kubach/Verbeek, Baukunst, S. 276.
  2. Kraus, Inschriften 2, S. 293, Nr. 635, geht von Fragmenten zweier Grabplatten aus.
  3. Das Rahmenprofil ist mit großer Wahrscheinlichkeit keine nachträgliche Ergänzung des Fensterverschlusses, vgl. die Rahmenprofile bei Nisters-Weisbecker, Grabsteine, Tf. 275, Nr. 78, 79.
  4. Freundliche Mitteilung von Birgitta Falk, Domschatzkammer Essen.
  5. Humann, Einzelheiten, Tf. V, Fig. III, IV.
  6. Die Ergänzung bei Zimmermann, Münster, S. 130 mit obit (!) folgt dem Formular auf der Sarkophagplatte für Bilo (Nr. 12) , ist hier aber nicht durch Inschriftenreste belegt. Conrad, Epigraphik, S. 50 vermerkt „Muschelecken“, die aber an den Stellen der Durchbrechungen hätten sein müssen.
  7. Vgl. Nr. 12.
  8. Conrad, Epigraphik, S. 50; Kraus, Inschriften 2, S. 293, Nr. 635.
  9. Vergleichsstücke in DI 50 (Stadt Bonn), Nr. 2, 3, 4, 5, 7, 8, 9, 10; Nisters-Weisbecker, Grabsteine, Nr. 77–80, 87, 91.
  10. Namensverzeichnisse und Kalendarien aus drei Handschriften der ULB Düsseldorf: Ms. D1, zuletzt ediert von Huth, Sakramentarhandschrift, S. 243f., 254–274; Kalendarium aus Ms. D2, ediert von Harleß, Necrologien, S. 77ff.; Kalendarium aus Ms. D3, ediert von Boewe-Koob, Antiphonar, S. 357–366.

Nachweise

  1. Humann, Einzelheiten, S. 187, mit Fig. III, IV.
  2. KDM Essen, S. 30.
  3. Kraus, Inschriften 2, S. 293, Nr. 635.
  4. Zimmermann, Münster, S. 130f., mit Abb. 111.
  5. Nisters-Weisbecker, Grabsteine, S. 273, Nr. 75; mit Tf. 36, Abb. 89, S. 279.
Addenda & Corrigenda (Stand: 29. März 2017):

Heinrich Tiefenbach, Rez. DI 81, in: Beiträge zur Namenforschung 47 (2012), S. 474: "Bei […] VVENDELBOLDVS […] ist die sprachliche Form (Abschwächung, a>o im Zweitglied) frühestens vom 10. Jahrhundert ab zu erwarten."

Zitierhinweis:
DI 81, Stadt Essen, Nr. 37† (Sonja Hermann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di081d007k0003707.