Inschriftenkatalog: Stadt Essen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 81: Stadt Essen (2011)

Nr. 32 Domschatzkammer 11. Jh.

Beschreibung

Rundes Altarsepulchrum mit Deckel.1) Blei. Dose und Deckel sind dickwandig und aus je einem Stück getrieben, sie waren kreuzweise mit Pergamentstreifen verschnürt, wie an Verfärbungen am Deckel und an der Unterseite der Dose erkennbar ist. In die Innenseite des Deckels ist eine Reliquienbezeichnung (A) eingeritzt, in die Außenseite ein Einzelbuchstabe (B). In dem Bleireliquiar befinden sich in Stoff gehüllte, teils vergangene Reliquien. Im Dom ist kein eigener Altar für den heiligen Dionysius nachzuweisen, deshalb muss offen bleiben, welchem Altar das Altarsepulchrum entnommen wurde.

Maße: H. 4 cm; Dm. 4,2 cm (Dose); H. 4,5 cm; Dm. 5,4 cm (Deckel); Bu. 0,3 cm (A), 2,0 cm (B).

Schriftart(en): Karolingische Minuskel mit Versalien (A), Kapitalis (B).

Domschatz Essen [1/2]

  1. A

    Reliq(uie) s(an)c(t)i / Dyonisii · et alior(um) / plurimor(um) s(an)c(t)or(um) ·

  2. B

    B

Übersetzung:

Reliquien des heiligen Dionysius und mehrerer anderer Heiliger.

Kommentar

Die in karolingischer Minuskel geschriebene Inschrift A ist vergleichbar mit den Reliquienbezeichnungen auf sieben weiteren Altarsepulchren aus der Essener Domschatzkammer.2) Charakteristisch sind die eckigen Formen von e, o, u und die Bögen von c und q, die wohl dem Material Blei geschuldet sind. y ist mit einem Punkt versehen. Das Ligatur-et wurde, wie auch bei Nr. 17 und 30, mit mehrmaligem Ansetzen ausgeführt. Die Ausführung der -orum-Kürzung mit angedeutetem Bogen des r, der nicht an das mit r ligierte o anschließt, ist vergleichbar auch in den Inschriften weiterer Essener Altarsepulchren zu finden.3) Das einzige Interpunktionszeichen besteht aus einem Punkt, auch am Ende der Inschrift wurde auf die Zeilenmitte ein Punkt gesetzt.

Der heilige Dionysius soll als erster Bischof von Paris im 3. Jahrhundert das Martyrium erlitten haben, zusammen mit Rusticus und Eleutherius. Ob seine Reliquien aus St. Denis oder vielleicht aus Corvey oder Halberstadt nach Essen gekommen sind, ist bislang nicht untersucht worden. Die besondere Verehrung des Heiligen ist im Stift Essen durch Einträge seines Festtages in den Kalendarien des 10. Jahrhunderts belegt.4) Darüber hinaus findet sich in der Sakramentarhandschrift D1 ein Messtext für ihn.5) Reliquien des Heiligen befinden sich zusammen mit Reliquien seines Gefährten Rusticus auch im Johannesaltar in der Krypta.6) Sein Festtag wurde laut dem Liber ordinarius der Essener Kanoniker vom Ende des 14. Jahrhunderts am Altar des heiligen Thomas begangen, so dass dort ein ursprüngliches Dionysiuspatrozinium nicht auszuschließen ist.7) Die Erwähnung weiterer Heiliger folgt dem Wortlaut von Nr. 30 und legt die Entnahme der Reliquien, deren Identität nicht mehr bekannt war, aus älteren Altären nahe.8)

Der Einzelbuchstabe auf der Außenseite steht in Zusammenhang mit weiteren außen eingeritzten Einzelbuchstaben auf Essener Altarsepulchren.9) Ob es sich hierbei um die Kennzeichnung mehrerer Bleireliquiare für einen Altar gehandelt hat, konnte bislang nicht geklärt werden.10) Eine sichere Datierung dieser Einzelbuchstaben ist nicht möglich.

Anmerkungen

  1. Inv.-Nr. 231 (E/r8).
  2. Nr. 11, 17, 29, 30, 31, 33, 34; das Formular entspricht Nr. 11, 30, 31, 33, 34.
  3. Vgl. auch Nr. 17, 30, 33, 34.
  4. Bodarwé, Martyrs, S. 364.
  5. Dies., Sanctimoniales, S. 390. Die Handschrift Ms. D1 wird in der ULB Düsseldorf aufbewahrt.
  6. Vgl. Nr. 15.
  7. Arens, Liber ordinarius, S. 109; Ilich/Kösters, Patrozinien, S. 214.
  8. Vgl. Röckelein, Reliquienbehältnisse, S. 117f. Sicher aus einem älteren Altar stammen nur die Reliquien aus Nr. 29.
  9. So ist auf Nr. 31 außen ein A eingeritzt und auf Nr. 33 ein D. Ein wahrscheinlich einst vorhandenes Bleireliquiar mit eingeritztem C ist nicht (mehr) erhalten.
  10. Röckelein, Reliquienbehältnisse, S. 123.

Nachweise

  1. Bodarwé, Martyrs, S. 359 (A).
  2. dies., Sanctimoniales, S. 203, Anm. 56.
  3. Röckelein, Reliquienbehältnisse, S. 145, mit Abb. 30, S. 138.

Zitierhinweis:
DI 81, Stadt Essen, Nr. 32 (Sonja Hermann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di081d007k0003202.