Inschriftenkatalog: Stadt Essen
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 81: Stadt Essen (2011)
Nr. 31 Domschatzkammer 11. Jh.
Beschreibung
Rundes Altarsepulchrum mit Deckel.1) Blei. Dose und Deckel sind dickwandig und aus je einem Stück getrieben, sie waren kreuzweise mit Pergamentstreifen verschnürt, wie an Verfärbungen am Deckel und an der Unterseite der Dose erkennbar ist. In die Innenseite des Deckels ist eine Reliquienbezeichnung (A) eingeritzt, in die Außenseite ein Einzelbuchstabe (B). In dem Bleireliquiar befinden sich in einen Stoffbeutel eingepackte Reliquien.
Maße: H. 4 cm; Dm. 5 cm (Dose); H. 0,6 cm; Dm. 5,3 cm (Deckel); Bu. 0,2 cm (A), 1,8 cm (B).
Schriftart(en): Karolingische Minuskel mit Versalien (A), Kapitalis (B).
- A
Rel(iquie) · S(ancte) Ma/riea)·Marga/rete
- B
A
Übersetzung:
Reliquien der heiligen Maria und der Margareta. (A)
Textkritischer Apparat
- Rel. S c[yli]a[n]e Bodarwé, Martyrs.
Anmerkungen
- Inv.-Nr. 230 (E/r7).
- Nr. 11, 17, 29, 30, 32, 33, 34; das Formular entspricht Nr. 11, 30, 32–34.
- So ist auf Nr. 32 außen ein B eingeritzt und auf Nr. 33 ein D. Ein Altarsepulchrum mit eingeritztem C ist nicht vorhanden.
- Röckelein, Reliquienbehältnisse, S. 123.
- Angenendt, Heilige, S. 224.
- Bodarwé, Martyrs, S. 363; dies., Sanctimoniales, S. 391. Vgl. zur Verehrung der hl. Margareta in Essen Siebert-Gasper, Margaretentradition, S. 26–36.
- Hahn, Kommentarband, S. 135ff.; Immel, Einleitung, S. 246; Bodarwé, Sanctimoniales, S. 270f., 432f.; Siebert-Gasper, Margaretentradition, S. 30–36. Bodarwé, Martyrs, S. 263, liest Rel. S c[yli]a[n]e und nennt deshalb das Altarsepulchrum als weiteres Argument für die Zuordnung der Handschrift nach Essen, da die Kombination der hl. Margarete und des hl. Kilian ungewöhnlich ist, vgl. Bodarwé, Sanctimoniales, S. 270. Das Titelbild der Passio Margaretae weist Parallelen zu Titelbildern einer von der Äbtissin Hadwig gestifteten Handschrift auf, die vermutlich Viten der hl. Cosmas und Damian sowie der hl. Pinnosa enthielten, vgl. Rensing, Kunstwerke, Abb. 31, S. 46, Abb. 32, S. 49.
Nachweise
- Bodarwé, Martyrs, S. 363 (A).
- Röckelein, Reliquienbehältnisse, S. 144, mit Abb. 29, S. 138.
Zitierhinweis:
DI 81, Stadt Essen, Nr. 31 (Sonja Hermann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di081d007k0003105.
Kommentar
Inschrift A ist in der Schriftausführung mit den Inschriften der sieben weiteren in karolingischer Minuskel beschriebenen Bleibehältnisse vergleichbar, das Formular entspricht den Inschriften auf fünf weiteren Altarsepulchren.2) Wie in Nr. 17 und Nr. 11 ist g mit ausgeprägtem Schaft und eckigem, leicht nach rechts schwingenden unteren Bogen gestaltet. Bei Marie und Margarete wurde einfaches e als Genitivendung verwendet. Dies ist auch bei dem Altarsepulchrum Nr. 17 festzustellen. Als Versalien wurden kapitales und unziales M benutzt. Die Worttrenner bestehen aus je einem Punkt auf der gedachten Mittellinie.
Der Einzelbuchstabe auf der Außenseite steht in Zusammenhang mit weiteren außen eingeritzten Einzelbuchstaben auf Essener Bleireliquiaren.3) Ob es sich hierbei um die Kennzeichnung mehrerer Altarsepulchren für einen Altar oder um solche für gleichzeitig oder zeitnah geweihte Altäre gehandelt hat, konnte bislang nicht geklärt werden.4) Eine sichere Datierung dieser Einzelbuchstaben ist nicht möglich.
Der Glaube an die leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel hat zur Folge, dass von ihr keine Körperreliquien überliefert sein können. Hier kann es sich also nur um Partikel von Zähnen, Haaren sowie Finger- oder Zehennägeln oder der Kleidung handeln.5) Die Gottesmutter ist die Hauptpatronin der Münsterkirche, ihre Bedeutung für die Essener Gemeinschaft ist evident. Die Verehrung der heiligen Margareta in Essen ist durch den Eintrag ihres Festtages (13. Juli) mit dem Vermerk „celebrandum“ in den Essener Kalendarien des 10. Jahrhunderts sowie durch die der Sakramentarhandschrift D1 beigebundenen Messgebete belegt.6) Möglicherweise wurde auch die im dritten Viertel des 10. Jahrhunderts entstandene Handschrift mit einer Passio Margaretae, die heute in der Niedersächsischen Landesbibliothek in Hannover aufbewahrt wird, in Essen in Auftrag gegeben oder war für das Stift bestimmt.7)