Inschriftenkatalog: Stadt Essen
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 81: Stadt Essen (2011)
Nr. 13 Dom, Ostkrypta 1051
Beschreibung
Steintafel mit Weihevermerk. Sandstein. Die Tafel ist an der Ostwand direkt über dem Kapitell des zweiten Wandpfeilers von Norden eingelassen. Drei vergleichbare Sandsteintafeln mit Reliquienbezeichnungen befinden sich über drei weiteren Wandpfeilern der Ostwand.1) Die achtzeilige Inschrift steht zwischen schwach eingeritzter doppelter Lineatur und innerhalb eines ebenfalls dünn eingeritzten Rechteckrahmens. Sie wurde mehrfach übermalt, zuletzt 1972 nach der Lesung von Karl Joseph Klinkhammer.2)
Maße: H. 40,3 cm; B. 38,2 cm; Bu. 1,9–2,4 cm.
Schriftart(en): Romanische Majuskel.
ANNO INCARNACI/ONIS DOMINICAE MIL(LESIMO) / · LI/ · INDICT(IONE) · IIII · V · ID(VS) SEP(TEMBRIS) / DEDICATV(M)a) E(ST) HOC ORATORI/V(M) A VENERABILI ARCHIEP(ISCOP)O / HERIMANNO P(RE)CATVa) NO/BILISSIMAE SORORIS / SVAE THEOPHANV ABB(ATISS)AE
Übersetzung:
Im Jahr der Fleischwerdung des Herrn 1051, in der 4. Indiktion, am 5. Tag vor den Iden des September, ist diese Kapelle vom ehrwürdigen Erzbischof Hermann auf Bitte seiner sehr edlen Schwester, der Äbtissin Theophanu, geweiht worden.
Datum: 9. September
Textkritischer Apparat
- V klein, zum Teil unter dem Balken des T.
Anmerkungen
- Vgl. Nr. 14, 15, 16.
- Klinkhammer, Inschriften, S. 176. Zum Zustand der Tafel vor 1931 vgl. Conrad, Epigraphik, S. 31, Anm. 7.
- Vgl. auch Nr. 17, wo das Datum ebenfalls durch Punkte unterteilt ist.
- Z. B. DI 29 (Stadt Worms), Nr. 11; DI 50 (Stadt Bonn), Nr. 21; DI 58 (Stadt Hildesheim), Nr. 10, 24.
- Braun, Altar 1, S. 299, 720; DI 70 (Stadt Trier 1), Nr. 151; vgl. auch Nr. 107.
- Vgl. Nr. 17. Zu Theophanus Bauprojekten vgl. Fremer, Theophanu, S. 83–94.
- Brunwilarensis monasterii fundatorum actus, Kap. 9 (hg. v. G. Waitz, MGH SS 14, S. 130).
- Nr. 21.
Nachweise
- Müller, Geschichtsschreibung, S. 13 (= Nünning).
- A[...], Münsterkirche, S. 4.
- von Quast, Inschriften, S. 38.
- ders., Münsterkirche, S. 16.
- KDM Essen, S. 24.
- Kraus, Inschriften 2, S. 294, Nr. 640,1.
- Arens, Liber ordinarius, S. 265.
- Clemen, Roman. Monumentalmalerei, S. 100, Anm. 7.
- Braun, Altar 1, S. 723.
- REK 1, S. 238, Nr. 825 (1051 September 9).
- Zimmermann, Münster, S. 250, mit Abb. 266, S. 251.
- Klinkhammer, Inschriften, S. 178, mit Abb. 3, S. 191, und Übersetzung.
- Küppers, Essen, S. 7, mit Abb.
- Funken, Bauinschriften, S. 88, Nr. 8,2, mit älterer Literatur.
- ders., Anmerkungen, S. 333, mit Abb. 4.
- Lange, Westbau, S. 5, Anm. 7, mit Übersetzung.
- Fremer, Theophanu, S. 73, mit Abb. 50.
Zitierhinweis:
DI 81, Stadt Essen, Nr. 13 (Sonja Hermann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di081d007k0001307.
Kommentar
Die in Scriptura continua eingehauene Inschrift ist überwiegend kapital geprägt, als einziger runder Buchstabe wird unziales E verwendet. Durch mehrere Nexus litterarum, Kürzungen und wohl aus Platzmangel untergestellte V wirkt die Inschrift variantenreicher als die drei für die Altäre der Krypta geschaffenen Inschriften (Nr. 14, 15 und 16), deren Inschriftenträger ansonsten vollkommen gleich gestaltet sind. Zur Markierung der Zahlen im Datum wurden halbkugelig vertiefte Punkte gesetzt.3) Die Buchstaben sind nur vereinzelt mit kleinen, serifenartigen Sporen ausgestattet, die Ausmalung der Inschriften mit klötzchenartigen Sporen entspricht nicht dem Schriftbestand. Diese Form des Datums mit Inkarnationsjahr, Indiktion und (römischer) Tagesbezeichnung findet sich häufig in Weihevermerken.4) Diese Anlehnung an die Urkundensprache unterstreicht die rechtserhebliche Bedeutung der Inschrift als Dokument der Weihehandlung.5)
Theophanu (1039–1058) war die letzte Essener Äbtissin aus der Familie der Ottonen. Nachdem vermutlich in der Amtszeit der Äbtissin Mathilde (um 973–1011) der Westbau der Münsterkirche begonnen worden war, führte Theophanu die Bauarbeiten daran und vor allem im Ostteil der Kirche fort. Die Inschrift belegt, dass sie als Bauherrin für die Erweiterung der Ostkrypta verantwortlich war. Vermutlich wurde auch der Neubau des Hochchors in Theophanus Amtszeit errichtet; darauf weist jedenfalls die Jahreszahl 1054 auf dem größten der Essener Altarsepulchren aus Blei hin, das sich vermutlich im Hochaltar befand.6) In der Chronik des von Theophanus Eltern Ezzo und Mathilde gestifteten Klosters Brauweiler werden diese Baumaßnahmen und die Erwartung, dass damit in Essen die Memoria Theophanus gesichert sei, angesprochen.7) Die Weihe der Krypta wurde vom Bruder der Äbtissin, dem Kölner Erzbischof Hermann II., vorgenommen. Äbtissin Theophanu wurde in einem nachträglich an die Ostseite der Krypta angefügten Raum bestattet, in ihrem Sarg befand sich eine Steintafel mit Sterbevermerk.8)