Inschriftenkatalog: Enzkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 22: Inschriften Enzkreis (1983)

Nr. 79 Maulbronn, Klosterkirche Mitte 15. Jh.

Beschreibung

Grabstein für Walter von Lomersheim. In der ersten Kapelle des nördlichen Querhauses an der Südwand. Früher vor dem Kreuzaltar im Boden. Hochrechteckige Platte mit Umschrift, im Feld Kreuz mit Lilienenden und Wappen darunter eingeritzt. Roter Sandstein.

Maße: H. 211, B. 87,5, Bu. 10,3 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. Hie lit bruodera) / walther ein frye von lamershein. der erste / anfah(er) und stifter / diser geistlichen sam(m)enu(n)ge . des sele rueb) i(n) fride.

Wappen:
Lomersheim.

Kommentar

Walter von Lomersheim gilt mit Bischof Günther von Speyer als Gründer bzw. Stifter des Klosters Maulbronn: nach dem ersten Ansiedlungsversuch auf seinem Ergbut in Eckenweiher (1138) wurde der Konvent nach Maulbronn verlegt und Walter trat als Konverse in das Kloster ein1. Sein Todesjahr ist nicht bekannt, seine erste Grabstätte kann er nicht in der Kirche gefunden haben2. Der Grabstein weist sich durch Schrift und Sprache als Arbeit des 15. Jahrhunderts aus3 und gehört damit der Epoche an, in der man im Kloster sich bewußt der frühen Geschichte zuzuwenden begann; die Rückbesinnung kann im Zusammenhang stehen mit dem Anschluß an die klösterliche Reformbewegung, der sich Maulbronn zur Zeit des Konstanzer Konzils zuwandte. Andere Zeugnisse für dieses Zurückgehen auf die Anfänge sind die Erneuerung der Grabplatten für die Bischöfe Günther und Ulrich von Speyer, die Gedenkplatten für Günther von Speyer und Walter von Lomersheim im Paradies und die dreiflügelige Stiftungstafel4. Letztere setzt das Vorhandensein des „Grabsteins“ für Walter von Lomersheim bereits voraus, da sie ausdrücklich Bezug darauf nimmt, daß der weltliche Stifter im Laienbrüderchor begraben sei: der Kreuzaltar hat seinen Standort vor dem Lettner, der Herren- und Brüderchor trennt. Die Namensform „Lamersheim“ (statt „Lomersheim“) begegnet auch im Text der Stiftungstafel; statt „Sammenung“ wird in der Stiftungstafel das Wort „Sammlung“ verwendet5. Da die Stiftungstafel auf 1450 datiert ist, ergibt sich dieses Jahr als Terminus ante für den Gedenkstein des weltlichen Stifters.

Textkritischer Apparat

  1. Das o klein über dem u.
  2. Das e kleiner und hochgestellt.

Anmerkungen

  1. Vgl. Katalog Maulbronn (1978), 25ff. (E. Gohl).
  2. Ausführlich dazu Neumüllers-Klauser, Maulbronner Stifterdenkmäler 41f.
  3. Die tief eingegrabene Minuskel ist vergleichbar mit der Schrift auf dem Grabstein für Swicker von Sickingen (1478), nr. 111 und Jörg von Schauenburg (1472), nr. 102; der Vergleich bleibt unzulänglich, weil die Schriftgröße unterschiedlich ist.
  4. Vgl. die nrr. 78, 80, 81.
  5. Vgl. DWB. VIII 1744, wo „sammenung“ und „sammlung“ als Sprachgebrauch des 15. Jahrhunderts für eine Klostergemeinschaft definiert werden.

Nachweise

  1. Jenisch 8.
  2. Jenisch II p. 13.
  3. WürttLB. Cod. hist. 2° 311, 108.
  4. Wickenburg II 289.
  5. Klunzinger, ArtBeschr. 4b.
  6. OABMaulbronn 140.
  7. Paulus, Maulbronn 2(1884) 7 (Abb. 2).

Zitierhinweis:
DI 22, Inschriften Enzkreis, Nr. 79 (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di022h008k0007905.