Inschriftenkatalog: Enzkreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 22: Inschriften Enzkreis (1983)
Nr. 305 Königsbach (Gem. Königsbach-Stein), ev. Pfarrkirche 1602
Beschreibung
Grabdenkmal der Eheleute Wolf Ulrich von Venningen und Barbara geborene von Flersheim. Innen an der Nordwand des Langhauses. Dreiteiliges Denkmal aus Sandstein, der Sockel rötlich, Pilaster, Bildnische und Giebelzone schwärzlich gefaßt. In der Giebelzone Auferstehungsrelief, darunter Bibelspruch (A); Bildfeld mit vollrunden Figuren der Verstorbenen, gerahmt von Pilastern mit jeweils 16-facher Ahnenprobe und bekrönt mit Vollwappen. Über den Figuren Inschriftkartusche mit lateinischen Versen (B), in der Sockelzone die Grabschriften (C). Ahnenproben mit Beischriften. Wappen farbig gefaßt.
Maße: H. ca. 450–500, B. 295, Bu. ca. 2,7 (A), ca. 3 (B), ca. 2,5 (C) cm.
Schriftart(en): Inschriften-Fraktur (A, B), Kapitalis (C).
Anmerkungen
- Matth. 11 irrtümlich statt Joh. 11, 25.
- Bebenburg.
- Kranich von Kirchheim.
- So statt von Brambato.
- Ratsamhausen.
- Vgl. die Bauinschriften nr. 258 (1551/86) am Königsbacher Schloß.
- DI. XVI (Mannheim-Sinsheim) nr. 324.
- Ebd. nr. 325.
- Vgl. DI. XVI, Einleitung S. XX Anm. 54.
- DI. XX (Großkreis Karlsruhe) nr. 352.
- Ebd. Einleitung S. XXVII.
- Fleischhauer, Renaissance 150.
Nachweise
- KdmBaden IX 7, 116f. (Abb.).
- Naeher, Umgebung Karlsruhe 41.
Zitierhinweis:
DI 22, Inschriften Enzkreis, Nr. 305 (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di022h008k0030503.
Ich bin die Aufferstehung vnd das Leben wer/ an mich glaubt der wirdt leben. MAT: XI CAP.1)
Anno D(omi)ni 1599. den. 26. /tag Marty. verschied der Edel / vnd vest. Wolff Vlrich vo(n) Ven/ninge(n) zu kinigspach Gott der / Allmächtig wölle ihm ein frö/liche vfferstehung verleihen. A(men)
Anno Domini. 1602 vff den / 19. FEBRVARIII. verschied die vil /Tugentsam vnd Edle Frauv. Bar=/bara von Venningen. wittib. ge=/borne von Flerscheim. deren der / Allmächtig Gott ein fröliche vff=/erstehung verleihen wölle.AMEN.
SIC ME MORS RAPUIT, FUERIM LICET I(N)CLITVS ORTV./AC MVLTOS PROAVOS ENVMERARE QVEAM / TVM GRAVIS ET IVSTVS: SI FORS, SI CAVSA DEDISSET./ CONSILIO AC DEXTRA DIGNA PATRARE POTIS / QVAE MORS CV(N)CTA TVLIT: SVPEREST MODO SOLA SALVTIS:/ ANCHORA, QVAE MERITVM MAXIME CH(RIST)E, TVVM. ET MIHI NATALES, VIRTVS, AC GRATIA FORMAE,/ MENS CASTA, ET PIETAS, GRA(N)DE DECVS DEDERAT / AT MECVM HAS OMNES DOTES MORS ABSTULIT ATROX / ABSTVLIT, AC MATRI REDDIDIT AEQVA MEAE./ SED BENE HABET: CHRISTO VIXI, CH(RIST)O MORIORQ(VE) / ILLE MEAS VERE SPES FACIT ESSE RATAS.
Übersetzung:
So hat mich denn der Tod hinweggerafft! Zwar war ich von ruhmvoller Abstammung und vermöchte viele Vorfahren aufzuzählen; auch von würdevollem Wesen und gerecht war ich – hätte das Schicksal, hätten die Umstände es gefügt, so hätte ich Handlungen vollbringen können in Rat und Tat, die (meiner Vorfahren) würdig gewesen wären. Das alles nahm der Tod hinweg, übrig bleibt einzig der Anker des Heils, welches dein Verdienst ist, erhabener Christus! Auch mir hatte Herkunft, Tugend und Anmut der Gestalt, keuscher Sinn und Frömmigkeit ein großes Ansehen verliehen; doch der grimme Tod nahm (zugleich) mit mir alle diese Gaben hinweg und gab sie zurück an meine Mutter (die Erde?), er der (alles) Gleichmachende. Doch es ist gut so: für Christus habe ich gelebt und für Christus sterbe ich; er läßt in Wahrheit meine Hoffnungen in Erfüllung gehen.
Kommentar
Wolf Ulrich von Venningen war ein Sohn des Erasmus von Venningen, († 1589), der die Burg in Königsbach baulich weitgehend erneuerte6. Sein älterer Bruder Ottheinrich († 1611) residierte auf der Stammburg Neidenstein im Kraichgau und ist in der dortigen Kirche beigesetzt7. In der Neidensteiner Kirche ist außer seinem Grabmal eine Gedenktafel für ihn (als letzten der Linie Venningen-Neidenstein) erhalten; sie zeigt die gleiche, sorgfältig und tief ausgehauene Kapitalisschrift mit sehr betonten Dreieckssporen (bei T, S, H), dem rechts verstärkten Balken des A und dem stark verkürzten Mittelbalken des E (eher ein gleichseitiges Dreieck) wie die lateinische Inschrift am Denkmal des Wolf Ulrich von Venningen und seiner Ehefrau8. Eine zweite Beobachtung tritt ergänzend hinzu: gewisse Stileigentümlichkeiten – Wortwahl, Bevorzugung von Invokationen – lassen es als sicher erscheinen, daß der Verfasser der Distichen des Wolf Ulrich-Epitaphs mit dem Verfasser der Distichen der Ottheinrichs-Gedenktafel identisch ist. Möglicherweise hatte die Familie von Venningen Beziehungen zu Heidelberger humanistischen Kreisen, die beiden Brüdern die Grabverse dichteten. Für die Ausführung des Denkmals muß die Schriftidentität unberücksichtigt bleiben, weil die Ausarbeitung der Schrifttafeln auch gesondert vergeben werden konnte9. Das Denkmal weist im Aufbau und in der Ausführung Verwandtschaft mit dem großen Grabdenkmal für Franz d. J. von Sickingen und Anna Maria von Venningen, Schweikhard von Sickingen und Maria Magdalena von Kronberg in Sickingen auf10. Anna Maria von Venningen war eine Schwester des Ottheinrich und des Wolf Ulrich von Venningen; die Zuweisung dieser Denkmäler in den Umkreis der Werkstatt des Jeremias Schwarz aus Leonberg bedarf noch näherer Untersuchungen11. Sicher scheint, daß verwandtschaftliche Beziehungen des Adels untereinander für die Wahl einer Werkstatt – für welche Art Arbeit auch immer – eine beträchtliche Rolle spielten12.