Inschriftenkatalog: Enzkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 22: Inschriften Enzkreis (1983)

Nr. 285 Maulbronn, Klosterkirche 1597

Beschreibung

Epitaph des Friedrich Besthlin. In der zweiten Chorkapelle der Nordseite, Nordwand. Querrechteckige Tafel aus Gußeisen (?) mit Rahmenprofil, im Feld lorbeergerahmte Inschriftkartusche. Nach der Überlieferung des 18. Jahrhunderts hing das Epitaph in der Sakristei: „auf einer eisernen Blatten mit eisernen Klammern zur Lincken angemacht“1.

Maße: H. 57,5, B. 85, Bu. 3 cm.

Schriftart(en): Kapitalis (erhaben).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1.   1597 OCCIDIS HEV FRIDERICH, / STERNIT TE PESTE GEORGI, VESPE= / RA DVM VARIIS SAEVIIT ILLA LOCIS OSSA / PATRIa) TVA SVNT, OBNOXIA FACTA SEPULCHRO, / SPIRITVS IMMODICE COELICA REGNA COLIT./ DONEC IN EXTREMIS VENIENT TVA TEM= / PORA, SVRGES CORPORE, IVNGETVR SPI=/RITVS ILLE TIBI. FECIT MAGISTER / MELCH(IOR) BESTHLIN, PASTOR STAINHEIM(ENSIS) / IN ALBVCHA PARENS FILIO .

Übersetzung:

Occidis, heu Friederich, sternit te peste Georgi/ vespera, dum variis saeviit illa locis./ Ossa patri tua sunt obnoxia facta sepulchro/ Spiritus immodice coelica regna colit,/ donec in extremis venient tua tempora, surges/ corpore, jungetur spiritus ille tibi.b)

Du bist dahingesunken, ach Friedrich, niedergestreckt hat dich der Vorabend von St. Georg (April 22), mit der Pest, während diese allerorten wütet. Deine Gebeine hat dein Vater dem Grab übergeben, der Geist wohnt ungehindert im himmlischen Reich, bis am Ende deine Zeit kommt, du leiblich auferstehst und der Geist sich wieder mit dir vereinigt.

Kommentar

Ein Melchior Besthlin von ‚Stein auf dem Albuch‘ (Steinheim am Albuch, Lkr. Heidenheim) wird 1608 als reisiger Schultheiß genannt; es wird sich am ehesten um einen älteren Bruder des Verstorbenen handeln, der den Vornamen des Vaters trug2.

1597 war ein Pestjahr, das auch unter den Schülern der evangelischen Klosterschule Opfer forderte3. Die gußeiserne Tafel – ein Unikum im Bearbeitungsgebiet – dürfte aus einer der in und um Heidenheim ansässigen Hütten der Brenztalwerke stammen; der Vater wird sie nach dem Tode des Sohnes in Auftrag gegeben haben4. Für die metrisch einwandfreien Distichen gibt er selbst seine Autorschaft an.

Textkritischer Apparat

  1. Auf dem Original: PVTRI.
  2. Das Original hat unregelmäßige Zeilen, weil sie der äußeren Form der Platte folgen; daher folgen die Zeilen nicht dem Versmaß.

Anmerkungen

  1. So Jenisch 57.
  2. Pfeilsticker 2406. – Der Vater Melchior Besthlin war seit 1575 Pfarrer in Steinheim und starb 1606 (Freundliche Auskunft vom Landeskirchlichen Archiv Stuttgart).
  3. Vgl. dazu DI. XII (Heidelberg) nrr. 477, 482, 485, 487. Die Heidelberger Universität flüchtete sich in den Pestjahren 1596/97 nach Ladenburg: Toepke II 185.
  4. Vgl. W. Fleischhauer, Renaissance 254ff.

Nachweise

  1. Jenisch 57.
  2. Jenisch II p. 113.
  3. WürttLB. Cod. hist. 4° 217, 17.

Zitierhinweis:
DI 22, Inschriften Enzkreis, Nr. 285 (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di022h008k0028506.