Inschriftenkatalog: Enzkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 22: Inschriften Enzkreis (1983)

Nr. 284 Mühlhausen (Stadt Mühlacker), ev. Pfarrkirche 1597

Beschreibung

Grabdenkmal der Agatha Thumb von Neuburg geborene von Kaltental. Innen an der Südwand des Langhauses. Mehrteiliges Denkmal aus weißem Sandstein, nicht mehr im ursprünglichen Aufbau erhalten. Fast vollplastische Figur der Verstorbenen vor einer Ädikula, der Hintergrund neu verputzt. Die seitlichen Pilaster belegt mit je 4-facher Ahnenprobe mit Beischriften (A). Bekrönung durch Reliefs mit Himmelfahrt und Auferstehung, darüber (kaum zugehöriges) Fragment einer Kreuzigung. Getrennt aufgestellt ist die von zwei Putti gehaltene Grabschrift (B), die wohl ursprünglich den Sockel des Denkmals bildete. Ebenso ist getrennt aufgestellt (Nordwand des Chors) die ursprüngliche Bekrönung in Form einer Ädikula mit Pilastern und Muschelgiebel, darin die Wappen Thumb von Neuburg und Kaltental. Die Zusammengehörigkeit aller drei Teile ist durch das gleiche Material, gleiche Schmuckornamentik und die Maße gesichert.

Maße: H. ca. 350, B. ca. 200, Bu. 1,8 (A), 1,6–2 (B) cm.

Schriftart(en): Inschriftenfraktur.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

  1. A

    sachsenheim. Kaltenthall. 
    Alltsachsenheim. Ellerbach. 
    Kronberg. Güssen. 
    schellenberg. Bappenheim. 

  2. B

    Anno Domini · 1597 · vff de(n) · 25./ tag Avgvsti · starb die Edel vnd / Tugentsam fraw Agatha Thu=/mi von Neuburg· geborne von / kaltenthal, Ires alters 60. Jar, /deren Gott gnad ·/Ich lig vnd schlaff gantz mit friden. Ps. 4.1) Ich weiß, das mein Erlößer lebt, vnd er / wirdt mich hernacher auß der Erden vff/erwecken, vnd werde mit / dißer meiner / haudt vmbgeben werden, vnd werde in / meinem fleisch Gott sehen. Job. 192).

Kommentar

Die Verstorbene – Ehefrau des Friedrich Thumb von Neuburg, 1594 als Truchseß auf dem Regensburger Reichstag im Dienst des Herzogs von Württemberg genannt, 1597 am 5. August verstorben3 –, war die Mutter des ebenfalls in Mühlhausen bestatteten Gottfried Thumb von Neuburg4. Die väterliche und die mütterliche Ahnenreihe sind seitenvertauscht, in der mütterlichen Ahnenreihe sind die beiden unteren Wappen falsch besetzt5. Friedrich Thumb von Neuburg wurde in Köngen (Kreis Eßlingen) in der Familiengrablege der Thumb von Neuburg beigesetzt; er ist der Bauherr des Schlosses zu Mühlhausen. Wappentafeln mit den Wappen Thumb und Kaltental und den Jahreszahlen 1562 bzw. 1566 sind an der Nord- bzw. Südseite des Baues noch erhalten und zeigen wohl Beginn und Ende der Bauzeit an6.

Brüche und Ausbesserungsstellen im Bekrönungsteil und die separat aufgestellten Teile des Denkmals weisen auf eine Totalzerstörung zu unbekannter Zeit hin. Das Denkmal muß damals in seine Einzelteile zerlegt gewesen sein; die Herstellung entspricht sicher nicht dem originalen Zustand. Die Nische hinter der Figur der Verstorbenen ist vertieft zu denken, statt des (Zement)Sockels ist die Inschrifttafel anzunehmen. – Eine Entstehung in der Werkstatt des Jakob Müller in Heilbronn muß als zweifelhaft gelten7.

Anmerkungen

  1. Ps. 4, 9.
  2. Hiob 19, 25–26.
  3. Zu Friedrich Thumb von Neuburg vgl. Pfeilsticker 1374 und 1522.
  4. Vgl. nr. 346 (1619). Ein weiterer Sohn verstarb im Kindesalter, s. nr. 218 (1562).
  5. Richtig wäre hier Erer und Volland von Vollandseck.
  6. Schahl, Neckarschwaben 274.
  7. So Fleischhauer, Renaissance 361. – Vgl. aber DI. XX (Großkreis Karlsruhe) S. XXVIf.

Zitierhinweis:
DI 22, Inschriften Enzkreis, Nr. 284 (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di022h008k0028409.