Inschriftenkatalog: Enzkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 22: Inschriften Enzkreis (1983)

Nr. 255 Tiefenbronn, kath. Pfarrkirche (1586)

Beschreibung

Epitaph für Dietrich IX. von Gemmingen. Im nördlichen Seitenschiff der Kirche, 6. Stein. Hochrechteckiges Denkmal aus weißem Sandstein, als Bekrönung drei Kartuschen mit Wappen. In der Gebälkzone 4-zeilige Inschrift. Im Feld angedeutete Nische, vor ihr die fast vollrunde Kniefigur des Ritters vor dem Kruzifix mit Titulus: INRI. Die Rahmenpilaster mit Beschlagwerk.

Maße: H. 297, B. 114, Bu. 2,5–3 cm.

Schriftart(en): Inschriften-Fraktur.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. Anno Domini. 1586. am Sontag Jubilate ist / in Gott seeliglich Entschlaffen der Edell vnd Vest Dieterich von Gemmingenn / dem Gott genedig sein wölle. Amen.

Datum: 24. April.

Wappen:
Gemmingen; Schellenberg, Reuß von Reussenstein.

Kommentar

Das Epitaph für Dietrich IX. von Gemmingen ist das dritte Denkmal für den Verstorbenen in der Tiefenbronner Kirche1. Es dürfte erst geraume Zeit nach dem Tode Dietrichs IX. entstanden sein, seine Komposition entspricht der des Epitaphs für Wolf Dietrich von Gemmingen, einen Sohn Dietrichs IX., der 1601 verstarb2. Enge Verwandtschaft besteht weiter mit zwei Epitaphien für Hans Jakob von Reischach in Nußdorf († 1591) und Hans Michael von Reischach in Eberdingen († 1593); ihnen scheint das Denkmal für Dietrich von Gemmingen nachgearbeitet zu sein. Selbst im ornamentalen Dekor und in Einzelheiten der Rüstung zeigen sich Übereinstimmungen; bei den Herren von Reischach sind die rahmenden Pilaster mit einer Ahnenprobe belegt, die bei den Gemmingen fehlt. Auf diese Einzelheiten wird die Zahlungskräftigkeit des Bestellers von Einfluß gewesen sein. Mit einiger Wahrscheinlichkeit lassen sich die Reischach- wie die Gemmingen-Denkmäler dem Leonberger Meister Jeremias Schwarz oder seiner Werkstatt zuweisen3. Das engt den Zeitraum für die Entstehung ein: von 1583 bis 1589 war Jeremias Schwarz in Heidelberg ansässig und hier mit großen Arbeiten befaßt4. Die Reischach-Denkmäler dürften erst nach 1593 entstanden sein, gleichzeitig mit ihnen oder noch später auch das Epitaph für Dietrich von Gemmingen. Das könnte wiederum erklären, warum ein Epitaph für ihn in Form einer aufwendigeren Grabplatte sozusagen ‚ersatzweise‘ geschaffen wurde: der Auftrag an Jeremias Schwarz war – vielleicht noch zu Lebzeiten Dietrichs IX.? – vergeben; seine Ausführung verzögerte sich, weil Jeremias Schwarz mit den Heidelberger Arbeiten befaßt war und die Leonberger Werkstatt in der Zeit keine anspruchsvolleren Arbeiten ausführte (vieleicht aber einfachere Platten in Serienfabrikation?). Nach der Rückkehr des Meisters aus Heidelberg lassen sich eine größere Anzahl von Epitaphien belegen, die seiner Werkstatt entstammen; möglicherweise wurden sie sogar in fast modern anmutender Serienarbeit gefertigt und jeweils nach Bestellung mit Inschriften ausgestattet5.

Anmerkungen

  1. Vgl. die vorhergehenden nrr. 254, 255.
  2. Vgl. nr. 301.
  3. Fleischhauer, PlastikLudwigsburg 171. – DI. XX (Großkreis Karlsruhe) S. XXVII. – Fleischhauer, Renaissance 358ff.
  4. Vgl. DI. XII (Heidelberg) nrr. 365, 370, 371 (alle nicht erhalten). In Leonberg ist Schwarz wieder nachweisbar von 1590 bis zu seinem Tode 1621.
  5. DI. XX (Großkreis Karlsruhe) S. XXVII mit Verweis auf künftige Untersuchungen.

Nachweise

  1. KdmBaden IX 7, 241 (Abb.).
  2. Stocker, Gemmingen III 23.
  3. Denkmalheft Gemmingen 46.

Zitierhinweis:
DI 22, Inschriften Enzkreis, Nr. 255 (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di022h008k0025508.