Inschriftenkatalog: Enzkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 22: Inschriften Enzkreis (1983)

Nr. 213† Niefern (Gem. Niefern-Öschelbronn), Niefernburg 1556

Beschreibung

Bauinschrift an der unteren Burg, mit der Martin Achtsynit (Martinus Amelius) 1555 vom Markgrafen Karl II. von Baden belehnt wurde1. Die Inschrift wurde noch im 18. Jahrhundert überliefert, ist aber heute nicht mehr auffindbar. Schrift Kapitalis.

Wortlaut nach Adamus.

  1. CONSENSU PRIVILEGIO ATQUE PRORSUS HEROICA LIBERALITATE ILLUSTRIS(SIMI) ET MAGNANIMI PRINCIPIS DOMINI CAROLI MARCHIONIS BADENSIS, TUNC TEMPORIS MARCHIONATUS PARTEM, RESTITUTA VERA RELIGIONE, GUBERNANTIS, PRINCIPIS SUIa) CLEMENTISS(IMI) MARTINUS AMELIUS J(URIS) C(ONSULTUS) CANCELLARIUS ANNO M. D. L. VI. HAS AEDES A FUNDAMENTISb) EREXIT, MUNIVIT, FEREQUE OMNES LABORUM SUORUM FRUCTUS HIC REPOSUIT, NON QUOD MORTALITATIS IMMEMOR, SED UT QUONDAM DEO VOLENTE, SERVITUTIS HOC VINCULO DEVICTO, CERTUM ET AMOENUM SENECTAE ESSET RECEPTACULUM, POSTERIS SEDES, ACCEPTORUMQUE BENEFICIORUM NON INGRATA EXTARETc) MEMORIA.

Übersetzung:

Mit Zustimmung, Privileg und dank einer geradezu das menschliche Maß übersteigenden Freigebigkeit des erlauchten und großherzigen Fürsten, des Herrn Markgrafen Karl von Baden, zur damaligen Zeit Herrscher im Teil der Markgrafschaft, wo die wahre Religion wieder eingeführt wurde, seines Fürsten voller Güte, hat Martinus Amelius, Jurisconsultus und Kanzler, im Jahre 1556 dieses Bauwerk von Grund auf errichtet, befestigt und fast die gesamten Früchte seiner Mühen in ihm niedergelegt. Nicht etwa der Sterblichkeit vergessend, sondern damit das Haus dereinst, so Gott will, wenn er der Fessel des Dienstes ledig ist, ein sicherer und angenehmer Ort sei, sein Alter zu bergen, den Nachfahren aber sich zeige als ein Wohnsitz und eine dankbezeugende Erinnerung an empfangene Wohltaten.

Kommentar

Martin Achtsynit (1526–92), der sich latinisiert Martinus Amelius nannte, war markgräflich badischer Kanzler und Kirchenratsdirektor unter Markgraf Karl II., der in der Markgrafschaft Baden-Durlach die Reformation einführte; Achtsynit war durch seine humanistische Bildung bekannt und geschätzt, er dürfte die Bauinschrift in ihrer ausgeprägt humanistischen Diktion selbst verfaßt haben2. In der von ihm errichteten Niefernburg zeugen mehrere Bauinschriften von seiner Tätigkeit3. Sein und seiner beiden Gemahlinnen Epitaph ist in der Schloßkirche zu Pforzheim erhalten4. – Überlieferungsgeschichtlich interessant erscheint es, daß dem Wortlaut der Inschrift bei Sachs, dem Geschichtsschreiber des badischen Fürstenhauses im 18. Jahrhundert, genau der Passus fehlt, der auf die Bemühungen Markgraf Karls II. (und seines Kanzlers Achtsynit) um die Einführung der Reformation Bezug nimmt.

Textkritischer Apparat

  1. Bei Sachs fehlt dominiprinicipis.
  2. Sachs: fundamento.
  3. Bei Sachs fehlt extaret.

Anmerkungen

  1. Belehnung mit der Niefernburg 1555, Oktober 20: GLAKarlsruhe, Kopialbuch 101, fol. 201–205.
  2. Vgl. M. Adamus, Vitae Germanorum iureconsultorum et politicorum. Heidelbergae 1620, 110ff.
  3. Vgl. nrr. 210, 224.
  4. KdmBaden IX 6, 147.

Nachweise

  1. Adamus a. a. O. 111.
  2. Sachs IV 176f.

Zitierhinweis:
DI 22, Inschriften Enzkreis, Nr. 213† (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di022h008k0021300.