Inschriftenkatalog: Enzkreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 22: Inschriften Enzkreis (1983)
Nr. 143 Gräfenhausen (Gem. Birkenfeld), ev. Pfarrkirche 15. Jh.
Beschreibung
Wandmalereien an der Ostwand (ehem. Chorturm). Freigelegt im Zusammenhang mit einer 1974 beendeten Renovierung der Kirche; teilweise stark restauriert, Schriftverlust durch Übermalung und Baumaßnahmen. Der jetzige Bestand zeigt in der obersten Reihe Szenen aus der Heilsgeschichte (erkennbar rechts vom Fenster noch Fußwaschung und Ölbergszene) ohne Beischriften. Darunter in jeweils abgegrenzten Feldern sechs Propheten in Halbfigur, unter ihnen zugeordnet sechs Apostel als Standfiguren. Bezeichnungen der Figuren jeweils zu ihren Häuptern auf den Abgrenzungsstreifen der Felder, auf Spruchbändern in den Händen der Figuren Bibeltexte (Propheten) bzw. Credo-Artikel in lateinischer Sprache (Apostel). In zwei Randfeldern zu beiden Seiten je ein Wappen.
Maße: Bu. 4–4,5 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel.
Textkritischer Apparat
- Das letzte Wort so im Befund, mit Sicherheit verderbt (statt communicationem?).
- Am Beginn des Spruchbandes ein Wortrest, vielleicht [r]remisio[nem].
Anmerkungen
- 1. Sm. 12, 5?
- Vgl. 3. Rg. 19, 11.
- Dan. 12, 2.
- Der dargestellte Apostel hat als Attribut ein Beil; das wäre auf Simon zu beziehen, dem in der verbreiteten Version auch der entsprechende Credo-Artikel zugeordnet ist; vgl. nr. 71 Anm. 14, ferner auch G. H. Mohr, Lexikon der Symbole, 19764, 34f.
- Als Attribut ein Messer, das jedoch für Matthias nicht nachweisbar ist; vgl. J. Braun, Tracht und Attribute der Heiligen 526ff. Die Zuordnung des Credo-Artikels ist die übliche.
- Joh. 19, 15.
- Vgl. nr. 71 mit Nachweis der vergleichbaren Bildzyklen in der Umgebung.
Zitierhinweis:
DI 22, Inschriften Enzkreis, Nr. 143 (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di022h008k0014303.
A.Prophetenfiguren von links nach rechts.
[. . .]ohel [. . .] ad vos [. . . .] dictv et ero testis1) [M]alachias [. . .]e spiritv meo2) Beischrift zerstört [. . .]via ars [. . . .] perviunt Beischrift zerstört Spruchband zerstört [M]oses [. . .]uem vos des[. . .] pulchris [. . .] uestris [. . .] ppti [. . .] me [D]aniel [. . .] os aly advita [. . .] ali [. . . . . .]3)
B. Apostelfiguren von links nach rechts.
Beischrift zerstört Spruchbandtext zerstört Beischrift zerstört Spruchband zerstört mathevs [. . .s]anct[am] eclesiam catolicam sanctorum comoniana) Beischrift zerstört4) [. . . . . . . . . . . . . . . . .] pecatorumb) ivdas thateus [c]arnis [resur]rexionem mathias5) [. . . . . . . . . . . . . .] et vitam eterna(m) amen.
Auf der anstoßenden Südwand des ehemaligen Chorturms sind noch Reste der zugehörigen Teile des Bildprogramms erhalten: in einem Feld Geißelungsszene (oder Christus vor Pilatus?), dabei in einem Spruchband (ausgehend von einer rechts angeordneten Gruppe von Juden) der Inschriftrest.
[. . . . .] crucifige evm6)
Kommentar
Die andere Malerei durch Baumaßnahmen zerstört. Zu erwarten wäre unter der heilsgeschichtlichen Szene der fehlende Teil des Propheten-Apostel-Zyklus, wie er etwa in der Kirche von Niefern auf den Wandflächen – die Apostel ebenfalls mit lateinischen Credo-Artikeln – dargestellt ist7. Die ursprüngliche Konzeption ist aus den noch erhaltenen Resten erkennbar; nicht zuzuordnen sind die Beischriften der Prophetenfiguren, weil die Schrift durch die Restaurierungen offenbar verderbt ist; die Beischriften waren vielleicht auch keine wörtlichen Vulgata-Zitate, sondern sinngemäße Zusammenfassungen.
Die Wappen Württemberg und Teck bieten einen Anhaltspunkt für die Entstehungszeit des Zyklus: 1442 erwarb Württemberg die Hälfte des Kirchensatzes in Gräfenhausen von den Herren von Straubenhardt; das Wappen der (1439 ausgestorbenen) Herzöge von Teck ging mit dem Titel erst 1495 an das Haus Württemberg über. Wenig später dürfte die Ausmalung der Gräfenhausener Kirche entstanden sein.