Inschriftenkatalog: Enzkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 22: Inschriften Enzkreis (1983)

Nr. 73† Maulbronn, Kreuzgang 1442

Beschreibung

Grabstein des Heinrich von Gernstein (Gerhardstein). Früher im Südflügel des Kreuzgangs, seit etwa 1850 nicht mehr auffindbar. Nach der schriftlichen Überlieferung bzw. Zeichnung querrechteckige Platte, die in 5 Zeilen zwischen Linien beschriftet war1.

Wortlaut nach Jenisch.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. Hic patera) Heinricus de Gernstein pacis amicus,Exuuias posuit corporis / astra petens.Nobilis ex genere, sed nobilior pietate,Cultor virtutis, carnis / quam strenu(us) hostis,Quam sic inanivit, quod cutis ad ossa resedit,Martyrio / longo se sacrificans crucifico:Sancta, Deoque placens sit taliter hostia vivens /De quo non dubitas, quin coelo sit sibi sedes.Obiit A(nno) 1442. die Lucae Evangelistae.

Übersetzung:

Hier hat Heinrich von Gernstein, der Vater und Friedensfreund, die Reste seines Körpers niedergelegt und ist zu den Sternen aufgestiegen. Edel von Geschlecht, noch edler aber durch Frömmigkeit, ein Freund der Tugend und unermüdlicher Feind des Fleisches, welches er derart züchtigte, daß die Haut bis auf die Knochen zurückwich, in langem Martyrium sich opfernd dem Gekreuzigten. Ein heiliges und Gott wohlgefälliges Opfer sei einer, der so lebt! Zweifle nicht an ihm, daß sein Platz im Himmel sei! Er starb im Jahre 1442 am Tag des Evangelisten Lukas (Okt. 18).

Kommentar

Heinrich von Gernstein ist identisch mit dem Mainzer Domherrn Heinrich von Gerhardstein, der zum Jahre 1401 in der Heidelberger Matrikel genannt wird2. Er resignierte auf die Mainzer Pfründe 1409 und wurde Mönch in Maulbronn.

Die Inschrift verbindet ein Distichon mit 6 leoninischen Hexametern.

Textkritischer Apparat

  1. In Cod. Guelf. 76. 8. Aug. fol. auf 170v stattdessen prior.

Anmerkungen

  1. Der Typus der querrechteckigen Grabplatte kommt in Maulbronn mehrfach vor, vgl. nrr. 33, 74, 106.
  2. Toepke I 85. – 1397 wird er in der Matrikel von Bologna genannt: Knod 153. – Mainzer Domherr war er seit 1398: Gohl, Diss. I 194f.

Nachweise

  1. Jenisch 44.
  2. Jenisch II p. 87.
  3. WürttLB. Cod. hist. 2° 311, 36.
  4. WürttLB. Cod. hist. 4° 217, 9.
  5. Wickenburg II 305.
  6. Klunzinger, ArtBeschr. 5b.

Zitierhinweis:
DI 22, Inschriften Enzkreis, Nr. 73† (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di022h008k0007306.