Inschriftenkatalog: Enzkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 22: Inschriften Enzkreis (1983)

Nr. 66 Stuttgart, Staatsgalerie 1432

Beschreibung

Retabel des Maulbronner Altars. 1924 von der Staatsgalerie erworben (Inv. Nr. 1634), bis dahin noch in stark beschädigtem Zustand in der Bibliothek in Maulbronn abgestellt1. Vermutlich ursprünglich zu einem Seitenaltar der Klosterkirche gehörig. Restaurierung 1942 abgeschlossen. Flügelaltar, Malereien auf Leder mit Temperafarben. Darstellungen: Mitteltafel mit Kreuzigung Christi und Beifiguren. Flügelinnenseiten links oben Bernhard von Clairvaux bei Auslegung der Ordensstatuten, links unten Bekehrung des Herzogs von Aquitanien durch Bernhard von Clairvaux, rechts oben Dominikus bei der Predigt (vor den Albigensern?), rechts unten stehender Heiliger mit Assistenzfigur, hl. Leonhard mit Gefangenem. Flügelaußenseiten rechts Vogelpredigt des hl. Franzikus, darunter hl. Bernhard durch den Gekreuzigten. Die Beischriften sind nur noch fragmentarisch zu entziffern. Im Kreuzigungsbild trägt der Titulus des Kreuzes lateinische und griechische Schriftzeichen ohne erkennbaren Sinnzusammenhang und Spruchbandinschriften bei der rechts stehenden Gruppe der Soldaten und Hohenpriester (A). Die Spruchbänder der linken Flügelinnenseite (lateinisch?) verderbt. Rechte Flügelinnenseite oben Namensbeischrift, unten Spruchband bei der Assistenzfigur (B). Flügelaußenseiten rechts oben Jahreszahl und Spruchband (C), unten ohne Inschrift , links beide Szenen ohne Beischriften.

Maße: H. 135, B. (geschlossen) 114, B. (Flügel) 56, Bu. 0,5–1 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel, Kapitalis.

  1. A

    Andern hat er geholfen [vnd vermochte sich] selber nit [ze helfen]
    vß haß hant ir den heiligen man gedodit. Der [so vil] godes hat gedan
    Werlich diere war gottes son. Vale gerech[tigkait]a)
    Nach drei dagen [. . . . . . . . .] tempel gotzb)

  2. B

    S. [D]OMINIC
    heiliger [yo]d hilf mirc)

  3. C

    1432
    [. . . .vögel in . . .ot] zu singe(n). Bis wir unser dagezit gotlobliche(n) volbringend)

Kommentar

Die Bildfolgen des Altars gruppieren sich um die Kreuzigungsdarstellung der Mitteltafel und nehmen die Szenen aus dem Leben der großen Ordensgründer zum Anlaß des Aufrufes zur Nachfolge Christi. Bernhard von Clairvaux steht dabei mit 5 Szenen (von insgesamt 8) durchaus im Vordergrund. Die dargestellten Szenen entsprechen den meist bevorzugten Motiven aus den spätmittelalterlichen Bernhards-Zyklen2. Die beiden Heiligen der unteren Darstellung im rechten Innenflügel werden auf Leonhard und Theodul (Joder) bezogen und mit dem Charakter eines Zisterzienserklosters als einer weinbau- bzw. ackerbautreibenden Gemeinschaft begründet3. Die Dialektformung des Namens Theodul könnte dabei einen Hinweis auf die Entstehung des Altars in der Konstanzer Gegend (Seeschwaben) geben. Da die Spruchbandüberschrift nicht mehr ganz eindeutig lesbar ist und die beiden fraglichen Heiligen nicht durch spezifische Attribute gesichert erscheinen, muß offenbleiben, ob es sich nicht um Ordensheilige handelt.

Textkritischer Apparat

  1. Bushart liest ‚vnd gerecht‘.
  2. Bushart liest ‘mach es daß ....tempel gotz‘.
  3. Bushart liest ‚yod‘. Nach heutigem Befund ist zwischen den beiden ersten Worten eine größere Lücke. Das zweite Wort auch leserlich als [. . .]ycd.
  4. Ergänzung nach Bushart.

Anmerkungen

  1. Vgl. B. Bushart, Der Meister des Maulbronner Altars von 1432, in: Münchener Jahrbuch der bildenden Kunst 3. Folge Bd. 8 (1957) 81–100. – Klunzinger, ArtBeschr. 7a.
  2. Dazu Bushart, a. a. O. 81 Anm. 2 und 3.
  3. Bushart a. a. O. 86ff. – Vgl. auch A. Stange, Kritisches Verzeichnis der deutschen Tafelbilder vor Dürer. Bd. II. München 1970, nr. 312.

Nachweise

  1. Bushart a. a. O. 81ff.

Zitierhinweis:
DI 22, Inschriften Enzkreis, Nr. 66 (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di022h008k0006601.