Inschriftenkatalog: Enzkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 22: Inschriften Enzkreis (1983)

Nr. 57 Maulbronn, Frankfurter Straße 34 1422

Beschreibung

Sühnekreuz aus rotem Sandstein vor einer Mauer. 1910 vom Gewann Seedamm an den jetzigen Standort verbracht. Das monumentale Kreuz ist auf der Vorderfläche des Schafts und der Kreuzbalken mit einer erhaben ausgemeißelten Schrift in 16 Zeilen bedeckt, die jeweils durch Stege getrennt sind. Unterste Zeile im Erdboden. Sehr starke Verwitterungsschäden mit Schriftverlust.

Maße: H. 138, B. 83, Bu. 5–5,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel, erhaben.

  1. I[n] dem jar] / na[ch] Christ / geburt als / man zalt / mccccxxij uff sant Bernharts / Abent wart totslagen Cůnr[at] tanaw getrewer diener seines / fuͤrsten [. . / . . . . . . . / . . . . .]war /[. . . .]ge / vo[. .]beiseg/hein dem / got barm/hertzig sin / [welle amen]

Datum: 19. August.

Kommentar

Die Lesung bereitet wegen der starken Verwitterungsschäden Schwierigkeiten. Schon im vergangenen Jahrhundert konnte am alten Standort die Inschrift nur unvollständig entziffert werden1. Die erhaben gearbeitete Minuskel ist sehr sorgfältig gearbeitet, bietet aber durch die geringe Betonung von Ober- bzw. Unterlängen zusätzliche Probleme. Mit Sicherheit handelt es sich um ein Kreuz, das zum Andenken an eine Mordtat aufgerichtet wurde. Die sehr aufwendige Ausführung – Größe des Kreuzes, Ausführung der Schrift – spricht dafür, daß es sich bei dem Erschlagenen nicht um einen gewöhnlichen Dienstmann des Klosters gehandelt haben kann2. Nach einem Bericht der um 1565 abgeschlossenen Zimmerischen Chronik haben aber ‚bei Menschengedächtnis‘ zwei Adlige aus den Geschlechtern Seckendorf bzw. Erligheim eine persönliche Feindschaft in oder bei Maulbronn mit dem Ende ausgetragen, daß ein niederadliger Converse des Klosters (Seckendorf?) von einem anderen (Erligheim?) niedergestochen wurde3. Eine Verknüpfung dieses Berichtes mit den lesbaren Angaben des Steinkreuzes läßt sich insofern finden, als die Herren von Erligheim ursprünglich bei Besigheim ansässig waren und der Ortsname Besigheim in der Inschrift deutlich auszumachen ist.

Anmerkungen

  1. Vgl. Paulus, Maulbronn 2(1884) 87.
  2. Lesung Paulus a. a. O. ‚cunrat von mulbronn‘. – Ebd. auch irrig ‚uf sant leonharts tag‘. – So auch übernommen von Losch, Steinkreuze 209 (Abb. 352).
  3. Den Hinweis auf den Bericht der Zimmerschen Chronik gibt H. Röger, Steinkreuze im Kreise Vaihingen an der Enz, in: Württ. Jahrbuch f. Volkskunde 1957/58, S. 129. vgl. dazu Die Chronik der Grafen von Zimmern, hg. A. Barack, Bd. IV 124, 13ff. Röger stellte die Möglichkeit eines Zusammenhangs vorerst zur Diskussion; die Parallelen haben sich durch die bessere Entzifferung der Inschrift zumindestens auffallend bestätigen lassen.

Nachweise

  1. Paulus, Maulbronn 2(1884) 87.

Zitierhinweis:
DI 22, Inschriften Enzkreis, Nr. 57 (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di022h008k0005702.