Inschriftenkatalog: Enzkreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 22: Inschriften Enzkreis (1983)
Nr. 9 Maulbronn, Klosterkirche 1250/1275
Beschreibung
Stiftergrabstein für Bischof Ulrich von Dürrmenz (?). Am Eingang des Querhauses an der Nordwand (Triumphbogenpfeiler). Bildnisplatte in sehr flachem Relief aus gelbem Maulbronner Sandstein. Der Bischof ist stehend mit Pedum und Buch wiedergegeben. Schräg abgefaste Rahmenleiste mit Rosetten, erhaben umlaufende Inschriftleiste, die im oberen Drittel beschriftet ist. Gesicht der Figur beschädigt, ebenso das Pedum (Flickstelle).
Maße: H. 203, B. 79, Bu. 3,6 cm.
Schriftart(en): Romanische Majuskel.
VLRICUS / POSITVS SPIREN/S(IS) EPISCOPVS HIC EST
Übersetzung:
Bischof Ulrich von Speyer ist hier beigesetzt (Hexameter).
Anmerkungen
- Vgl. dazu auch nr. 16 (soror Juditha), nr. 39 (Irmela, Pela, Guta). Wohltäterinnen aus Speyer sind mehrfach belegt: nrr.Verbindung zu bringen sein, ist kaum haltbar, da dann sicher die Ordnungszahl genannt wäre.
- WirtUB. II (1858) nr. 379.
- Vgl. nr. 11 Anm. 3.
- Dazu Neumüllers-Klauser, Maulbronner Stifterdenkmäler 27ff.
- Begründet wurde diese These offenbar von Paulus a. a. O. S. 64 u. 83; ihm folgten die meisten späteren Autoren; vgl. Neumüllers-Klauser, Maulbronner Stifterdenkmäler 31.
- Bauch, Grabbild 285.
- Vgl. nr. 76.
Nachweise
- Jenisch 6.
- Jenisch II p. 9.
- Wickenburg II 301.
- WürttLB. Cod. hist. 2° 311, 102.
- WürttLB. Cod. hist. 4° 217, 6v.
- Klunzinger, ArtBeschr. 3a.
- OABMaulbronn 142.
- Paulus, Maulbronn 2(1884) 83.
Zitierhinweis:
DI 22, Inschriften Enzkreis, Nr. 9 (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di022h008k0000903.
Kommentar
Bischof Ulrich von Dürrmenz (1161–63) war der unmittelbare Nachfolger Bischof Günthers von Henneberg auf dem Speyerer Bischofsstuhl1. Aus seiner Amtsszeit ist eine Schenkung an das Kloster Maulbronn mit besonderer Betonung der Speyerer Fürsorgepflicht bezeugt2. Eine authentische Nachricht darüber, daß er die Beisetzung in der Klosterkirche (damals noch im Bau befindlich, Weihe 1178) wünschte und erhielt, ist nicht überliefert; für den Nachfolger des „Gründerbischofs“ ist sie naheliegend.
Der Bildnisgrabstein war vermutlich ursprünglich in Form eines Tumba- oder Tischgrabes aufgestellt (bearbeitetes Randprofil). Die Beisetzung nach dem Tode des Bischofs kann nur unter einer glatten Platte unter dem Chorfußboden erfolgt sein, weil die Statuten des Zisterzienserordens skulpierte und damit das Chorbodenniveau überragende Grabsteine untersagten3. Eine Lockerung dieses Verbots im 13. Jahrhundert (und eine Aufweichung durch die Praxis) ermöglichte erst aufwendigere Grabsteine mit Relief, wie sie die Bildnissteine für die Speyerer Bischöfe zeigen4.
Die bisher in der Literatur vertretene Annahme, der Stein für Bischof Ulrich sei eine Kopie des 16. Jahrhunderts, entbehrt der gesicherten Grundlage5. Die historischen Voraussetzungen für die Kopie eines Stiftergrabes waren im Maulbronn des 16. Jahrhunderts nicht gegeben, weil der wirtschaftliche Niedergang und schließlich die Einführung der Reformation jedes dahin gerichtete Interesse unmöglich erscheinen lassen. Eine zeitliche Einreihung aufgrund stilistischer Erwägungen spricht nicht gegen eine Entstehung im 13. Jahrhundert: die Mitra entspricht der üblichen Form, Rosen als dekoratives Element auf Grabsteinen sind häufig belegt6. Die Faltengebung des Ornats ist – ebenso wie die Haartracht – zwar statuarisch streng, aber nicht außergewöhnlich.
Von den Schriftformen her ist eine Datierung in das dritte Viertel des 13. Jahrhunderts wahrscheinlich zu machen: der Buchstabenbestand zeigt zwar schon das Eindringen unzialer Formen, ist aber noch der romanischen Majuskel verpflichtet. Unziales U steht einmal neben drei V, rundes E einmal neben zwei kapitalen E, einmal steht für N und T die unziale Form; C ist einmal vorn durch einen Abschlußstrich geschlossen. Die Schrift wirkt noch sehr linear, Bauchungen und Schwellungen sind nur zaghaft angedeutet (bei S, R und P).
Für Bischof Ulrich liegt ebenso wie für Bischof Günther eine einfache Grabplatte mit Hügelkreuzdarstellung im Chorfußboden7; sie dürfte der Ersatz für die erste Grabplatte des 12. Jahrhunderts sein. Die Schrift verweist sie in die Mitte des 15. Jahrhunderts.