Inschriftenkatalog: Enzkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 22: Inschriften Enzkreis (1983)

Nr. 5† Bilfingen (Gem. Kämpfelbach), Wallfahrtskirche (1258)

Beschreibung

Grabschrift auf einem Reliquiensarg, der noch 1683 in der Bilfinger Kirche nachweisbar ist, seitdem verschollen. Nach den Berichten handelte es sich um einen kleinen Steinsarg (H. 60, B. 60, L. 12 cm), der im Fußboden des Langhauses eingelassen war. Der Deckel trug eine Umschrift, offenbar in Majuskeln.

Wortlaut nach Reiling.

  1. AN(N)O D(OMI)NI MCCLVIII. S(AN)C(TV)S MERWINVS S(AN)CTI GALLI / SOCIVS ET BEATVS / COMPOLDVS DIACONVS FVNDATOR HVIVS ECCLESIAE / SVNT HIC SEPVLTI.

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1258. Der heilige Merwinus, Gefährte des heiligen Gallus und der selige Diakon Compoldus, Gründer dieser Kirche, sind hier beigesetzt.

Kommentar

Die Erhebung der Reliquien und die Aufzeichnung der Inschrift sind aus dem Jahr 1647 bezeugt; sie geschahen durch den Jesuitenpater Johannes Gamans in Gegenwart der Frauenalber Äbtissin Maria Margaretha von Greith (1643–1660). Die Reliquien wurden nach Frauenalb überführt, sie sind verschollen. Außer den Reliquien fand man in dem Sarg Münzprägungen, darunter einen Heller mit dem Wappen der Markgrafen von Baden1.

Die Bilfinger Kirche wird 1415 das erste Mal als Wallfahrtsort erwähnt, sie war Filiale von Ersingen und stand unter dem Patronat des Klosters Frauenalb2.

In den Speyerer Visitationsprotokollen 1683 ist der Reliquiensarg noch erwähnt, er stand damals in der Nähe der Nordtür in einem Gatter3. Die Namen der Heiligen werden abweichend als SANCTVS WVNIMARVS und BEATVS GIMBOLDUS überliefert4.

Mit den historisch überlieferten Namen der Gefährten des Iren Gallus läßt sich keiner der Namen verbinden. Das muß nicht von vornherein Zweifel an der Echtheit der Überlieferung erwecken; die Inschrift mit den Münzbeigaben widerspricht dem Datum nicht. Johannes Gamans war 1639–46 als Instruktor der badischen Prinzen Ferdinand und Wilhelm (Söhne des Markgrafen Wilhelm von Baden) tätig; er hatte zweifellos die Möglichkeit, in dieser Stellung seine Materialien zu den Sammlungen der Bollandisten zu ergänzen5.

Anmerkungen

  1. Reiling, Bilfingen 94.
  2. Krieger I 191.
  3. KdmBaden IX 7, 36.
  4. Ebd. – Die Namensformen Merwin, Marwin bei Förstemann 1106 nachzuweisen. Verlesung der Namen in den Speyerer Visitationsprotokollen ist denkbar.
  5. Über die Nachlässe Gamans F. Falk, in: Correspondenzblatt des Gesamtvereins d. dt. Geschichts- u. Altertumsvereine 21 (1873) 36ff., 23 (1875) 76ff., 25 (1877) 43ff. – Die handschriftlichen Nachlässe Gamans in der Landesbibliothek Karlsruhe hat K. Obser, in: ZGO. 29 (1914) 710ff. seinem Ordensbruder Philipp Fehnle zugesprochen; sie scheiden daher als Quelle aus. Einen vergleichbaren Bericht über eine Graböffnung der angeblichen Märtyrerin Margaretha († 1267) in Pforzheim ebenfalls im Jahre 1647 durch Gamans überliefert Sachs II 16; auch hier wurden die Reliquien transloziert und nach Baden-Baden verbracht.

Nachweise

  1. Reiling, Bilfingen 94ff.
  2. KdmBaden IX 7, 36.

Zitierhinweis:
DI 22, Inschriften Enzkreis, Nr. 5† (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di022h008k0000508.