Inschriftenkatalog: Stadt Einbeck

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 42: Einbeck (1996)

Nr. 133 Marktstr. 13 (Eickesches Haus) Anfang 17. Jh.

Beschreibung

Eckhaus Marktstraße/Knochenhauerstraße, drei Geschosse, die beiden oberen vorkragend, traufenständig zur Marktstraße, fünf Gefache breit; giebelständig zur Knochenhauerstraße, acht Gefache breit. Sämtliche Teile der Fachwerkkonstruktion der beiden Schauseiten tragen Verzierungen. Auf zahlreichen mit Reliefs versehenen Brüstungstafeln befindet sich ein umfangreiches Bildprogramm, das jeweils Figuren mit ihren Attributen und einer Namensbeischrift vor einer Landschaft zeigt. Zwischen den Brüstungstafeln auf allen Ständerbalken halbplastische Tier- und Menschenköpfe sowie Masken. Auf den Ständern des vorgekragten ersten und zweiten Obergeschosses oberhalb der Brüstungsfelder im Flachrelief geschnitzte weibliche und männliche Karyatiden in unterschiedlicher Gestaltung. Aus den Eckständern aller drei Geschosse sind nahezu vollplastische männliche Trägerfiguren herausgeschnitzt. Auf den oberen Ständern des Untergeschosses – mit Ausnahme der Trägerfigur auf dem Eckständer – in Nischen stehende Apostelfiguren mit Namensbeischriften über den Figuren (A). Die Seite zur Knochenhauerstraße hin zeigt auf den unteren Ständern des Untergeschosses insgesamt sieben Kriegerfiguren, entsprechende Figuren zur Marktstraße hin fehlen, da das Untergeschoß hier durch den Einbau einer Ladenfront grundlegend verändert worden ist.

Auf der Giebelseite an der Knochenhauerstraße über der Schwelle des ersten und zweiten Obergeschosses sowie in der Mitte des Erdgeschosses und über dem Steinsockel des Hauses sind insgesamt vier Reihen mit jeweils acht Brüstungsplatten eingebaut. Im zweiten Obergeschoß sind acht mit Namensbeischriften versehene Planetengottheiten dargestellt (B); im ersten Obergeschoß – ebenfalls mit Namensbeischriften versehen – links eine Tugend, es folgen die Sieben Freien Künste (C); im Erdgeschoß über den Fenstern sechs Darstellungen der Tugenden mit Beischriften (D), das zweite und dritte Feld sind – vermutlich aufgrund späterer Umbaumaßnahmen – leer; im Erdgeschoß über dem Steinsockel acht Platten mit Darstellungen der Musen, die namentlich bezeichnet sind (E). Im Erdgeschoß in den beiden rechten Feldern unterhalb der den Schwellbalken des ersten Obergeschosses tragenden Knaggen zwei Tafeln mit Inschriften (F, G), die vermutlich bei der Umgestaltung des Untergeschosses von der Marktstraßenseite hierher versetzt wurden.

Auf der Seite zur Marktstraße oberhalb der Schwellen des ersten und zweiten Obergeschosses jeweils fünf Brüstungsplatten. Die Platten des zweiten Obergeschosses zeigen personifizierte Darstellungen der fünf Sinne mit Namensbeischriften (H); in den Feldern des ersten Obergeschosses Christus und die vier Evangelisten ebenfalls mit Beischriften (I). Im Erdgeschoß unterhalb der die Schwelle des ersten Obergeschosses tragenden Knaggen zwei Tafeln mit Inschriften (K, L) sowie zwei Tafeln mit Darstellungen von Tugenden, die namentlich bezeichnet sind (M). Die Tafeln dürften bei der Veränderung des Untergeschosses an diese Stelle versetzt worden sein. Im letzten Feld verweist eine Inschrift auf eine Renovierung des Hauses im Jahr 1968.

Einige Tafeln sind im Laufe der Zeit erneuert und umgesetzt worden. Dies gilt für die Tafeln mit den Tugenden Spes und Justitia und die Tafeln mit den Musen Terpsichore und Thalia; Mithoff1) gibt für die Tugenden noch eine andere Reihenfolge wieder, in der Spes am Anfang steht, die Darstellung der Justitia erwähnt er ebensowenig wie die Darstellung der Musen Terpsichore und Thalia. Es ist daher mit einiger Sicherheit anzunehmen, daß die drei letztgenannten Tafeln erst bei der Renovierung des Hauses im Jahr 1890 angebracht wurden. Dies könnte auch für die Darstellung der Spes gelten.2) Möglicherweise ist auch Jubal in der Reihe der Musen eine spätere Ergänzung, da die Schriftgestaltung von derjenigen der anderen Beischriften abweicht. Zur Zeit Mithoffs war diese Tafel aber bereits vorhanden. Die Inschriften sind erhaben vor vertieftem Hintergrund ausgeführt. Sie weisen zahlreiche Haufehler auf, die hier nicht im einzelnen emendiert werden.

Maße: Bu.: 5 cm (A, I), 3–8 cm (B–E, H, M), 4 cm (F, G, K, L).

Schriftart(en): Kapitalis (A–E, I, M), Fraktur mit Versalien (B, F–H, K, L).

Julia Zech [1/7]

  1. A

    PETRVS // S · SIMON // S · IVDAS // PHIL(IP)PVS // BARTHOLO(MEVS) // IACOBVS · // S THOMAS // S MATTHE(VS) // S. PAVLVS // S MATTHIA(S) // S · ANDREA(S)

  2. B

    MINVNAa) // Mon // Venus // Sonnen // Jupiter // Mercuri/us // Satur/nus // Venusb)

  3. C

    PIITAS // ASTROLOGIA // ARITHMETCA // RAETORICA // DIALCTICAc) // GRAMMATICA // MVSICA // GEOM/ETRIA

  4. D

    FIDES // CARI/TAS // PRVDE/NTIA // PATIE/NTIA // JVStitiA // SPES

  5. E

    POLYM(NIA) // JUBAL // ERATO // CALIOPE // EVTERPE // CLIO // TERPSI/CHORE // THALIA

  6. F

    Hoffe Auf den her/en · vnd dv das gvte blif im / Lande vnd ernere di redli(ch)3)

  7. G

    Habe deine lust am heren Der / wirt dir geben was din herz wun/schet beuel dem herren dein wege / vnd hoffe auf ein er wirt wol make(n)4)

  8. H

    Das gesik/te // Das gehoer // Der Ger/ivch // Der gesm/ach // Das / sviertd)

  9. I

    CHRIS/TVS // MATTEES // MARCVS // LVCAS // IOHANNES

  10. K

    Salomonis am 22 / Das geruchte ist köstlichte de/n gros reichthvmb vnd gun/st besser den silber vnt golt5)

  11. L

    Reiche vnd arme mussen / vnter ein ander sein der / her hat si alle gemacht.6)

  12. M

    PAX // TEMPE/RANTIA

Kommentar

Weder der Bauherr noch der Schnitzer sind bekannt. Stilistische Vergleiche mit der Lateinschule in Alfeld und dem Wernerschen Haus in Hildesheim legen eine Datierung des Hauses auf den Anfang des 17. Jahrhunderts nahe.7)

Textkritischer Apparat

  1. Es ist zweifelhaft, welche Figur gemeint ist. Eine fehlerhafte Ausführung des Namens MINERVA ist nicht auszuschließen, steht aber im Widerspruch zu der dargestellten männlichen Figur.
  2. Irrtümlich anstelle von Mars, der im Bild dargestellt ist. Geht vermutlich auf eine falsche Restaurierung zurück, da Mithoff noch Mars als Beischrift wiedergibt.
  3. Das D ist spiegelverkehrt und oben offen, es erscheint daher als G.
  4. Möglicherweise aus dem Wort gviehl bei einer Renovierung entstellt. Dargestellt ist das Gefühl.

Anmerkungen

  1. Mithoff, Kunstdenkmale, S. 50.
  2. Vgl. dazu Esser, Eickesches Haus, S. 47f. u. 59.
  3. Ps. 37,3.
  4. Ps. 37,4 u. 5.
  5. Spr. 22,1.
  6. Spr. 22,2.
  7. Vgl. dazu Esser, Eickesches Haus, S. 140–160.

Nachweise

  1. Mithoff, Kunstdenkmale, S. 50f.
  2. Feise, Allerlei Denkmäler, S. 54f. (F, G, K, L).
  3. Esser, Eickesches Haus, passim.

Zitierhinweis:
DI 42, Einbeck, Nr. 133 (Horst Hülse), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di042g007k0013308.