Inschriftenkatalog: Stadt Einbeck

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 42: Einbeck (1996)

Nr. 20 Neustädter Kirche (Sülbecksweg) 1483

Beschreibung

Kelch. Silber, vergoldet. Der Kelch stammt aus der Neustädter St. Marienkirche. Der Fuß in Form eines Sechspasses erhebt sich über einer flachen Sockelplatte und einer hohen in zwei Zonen unterteilten Zarge, die abgetreppt ist. Im unteren Teil der Zarge ein mit Maßwerkornament durchbrochenes umlaufendes Band, im oberen Teil durchbrochenes Rankenwerk. In einem Segment des Fußes ist eine Kreuzigungsgruppe mit Maria und Johannes aufgelötet; am Kreuz der Titulus A. Am Fuß des Kreuzes ein aufgelöteter Wappenschild mit einer silbernen Hausmarke (M1) in blauem Email. Unterhalb der Kreuzigungsdarstellung und des Wappens ein eingraviertes Schriftband mit der Inschrift B. In der Nähe des Schriftbandes drei Löcher, in denen ein um den Rand des Fußsegments gelegtes Schriftband befestigt war, das um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert noch vorhanden war, heute aber verloren ist. Es trug die Inschrift C. In dem Segment gegenüber der Kreuzigung ist die Figur einer Strahlenkranzmadonna aufgelötet, die auf einer Mondsichel steht. Um den Rand des Segmentes ein glattes erneuertes Schriftband. In den vier übrigen Segmenten befinden sich gravierte Heiligenfiguren: Martin auf einem Pferd mit einem Bettler zu seinen Füßen, aufgesetztes Schriftband am Rand des Segmentes leer; Andreas mit Andreaskreuz und Schriftband (D), um den Rand des Segmentes ein aufgesetztes Schriftband mit der Inschrift E; Thomas mit Lanze und Schriftband (F); aufgesetztes Schriftband mit Inschrift G; Anna Selbdritt, das aufgesetzte Schriftband ist leer. Alle aufgesetzten Schriftbänder sind an den Enden eingerollt; die Inschriften darauf weisen sternchenförmige Worttrenner auf. Der Fußhals steigt sechsseitig zum Schaft hin an. Der oben und unten gerippte, außen mit Engelsköpfen besetzte Nodus stammt aus dem 17. Jahrhundert. Darüber und darunter auf den sechsseitigen Schaftstücken vor schraffiertem Hintergrund oben die Inschrift H, unten die Inschrift I. Die becherförmige Kuppa ist schlicht. Unter dem Fuß auf dem Rand eingraviert ein Renovierungsvermerk.1)

Inschrift C nach Friese.

Maße: H.: 22,4 cm; Dm.: 16,4 cm (Fuß), 13 cm (Kuppa); Bu.: 0,15 cm (A), 0,2 cm (B, D), 0,25 cm (E, G), 1 cm (H, I).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A, B, E, G, H, I), frühhumanistische Kapitalis (D, F).

Bildarchiv ADW Göttingen, Inschriftenkommission [1/3]

  1. A

    inri

  2. B

    d(omi)n(u)s · hinricus · ha) · ians · dedit · anno · m° cccc° lxxxiii°

  3. C

    [rede(m)ptor · om(n)i(um) ·exaudi · preces · pauperum]

  4. D

    SANCTVS · ANDREAS

  5. E

    devs · deorvm ·ne spernas · preces · reorum

  6. F

    SANCTVS TOMAS

  7. G

    hic · dona · pije ·respice · ihesu · criste

  8. H

    o m a r i a

  9. I

    i h e s v s

Übersetzung:

Herr Heinrich H. Jans stiftete [diesen Kelch] im Jahr 1483. (B)

Erlöser aller, erhöre die Bitten der Armen! (C)

Höchster Gott, verachte nicht die Bitten der Sünder! (E)

Sieh gütig auf diese Gaben hier, Jesus Christus! (G)

Versmaß: Unregelmäßige endgereimte Zweizeiler (C, E, G).

Kommentar

Nach Harland war Heinrich Jans zunächst Pfarrer an der Neustädter Kirche, ging dann an die Liebfrauenkirche nach Moringen2) und wurde 1497 Pfarrer an St. Jacobi in Einbeck. Heinrich Jans stiftete für die Neustädter Kirche zwei Kommenden am Annenaltar3), diesen Kelch mit der zugehörigen Patene (Nr. 21) sowie einen weiteren Kelch (Nr. 26).

Textkritischer Apparat

  1. Das h ist mit einem Kürzungszeichen versehen. In der auf der Patene befindlichen Inschrift (Nr. 21) ist der Name her. gekürzt, so daß der Stifter wahrscheinlich Heinrich Hermann Jans hieß.

Anmerkungen

  1. Arnold Thiell Diacon(us) hunc Calicem in Honorem Dei Ampliari et inaurari fecit suis sumpt(ibus) 1658 Einb(ecensis).
  2. Eine Inschrift am Turm der Liebfrauenkirche in Moringen von 1490 nennt Jans als perner ‚Pfarrer‘, Text bei Mithoff, Kunstdenkmale, S. 132.
  3. Harland, Geschichte 1, S. 149 u. 152f.

Nachweise

  1. Friese, Einbeck, S. 50 (B, C).
  2. Mithoff, Kunstdenkmale, S. 45.
  3. Garbe, Kirchen, S. 161f.

Zitierhinweis:
DI 42, Einbeck, Nr. 20 (Horst Hülse), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di042g007k0002006.