Inschriftenkatalog: Stadt Einbeck

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 42: Einbeck (1996)

Nr. 10 St. Alexandri 1427

Beschreibung

Taufe. Bronze. Das Taufbecken, das sich bis zum 19. Jahrhundert unter der Orgelempore befand, ist heute in der Heilig-Blut-Kapelle aufgestellt. Der achteckige Taufkessel steht auf einem ebenfalls achteckigen, allseitig konkav gewölbt ansteigenden Fuß. Die Außenkanten des Kessels werden zusätzlich von vier auf Sockeln angebrachten Löwen gestützt, die je einen leeren Wappenschild vor der Brust haben. Vor den acht Seiten der Kesselwandung stehen fast vollplastisch gegossene Heiligenfiguren auf Sockeln unter gotischen Bögen mit angedeutetem Maßwerk. Die Figuren sind durch Namen auf dem unten um die Taufe verlaufenden Schriftband bezeichnet (A). Dargestellt sind: Felicitas mit Buch; Alexander in Rüstung mit Mantel und Schild, eine Lanze, die er ursprünglich in seiner rechten Hand trug, ist verloren; Thomas mit Buch und Stab (?); Johannes der Täufer mit Buch, auf dem ein Lamm kauert; Maria in der Rechten eine Kugel haltend, mit der linken Hand trägt sie das Kind; Christus, die Rechte segnend erhoben, in der Linken die Weltkugel; Johannes der Evangelist mit Kelch; Petrus mit Schlüssel und Buch. Auf dem Schriftband unterhalb der Felder des Johannes und Petrus ist zwischen i(o)h(ann)es · ewa(ngelis)ta und petrus die Inschrift B eingefügt, deren zwei letzte Wörter aus Platzgründen zweizeilig übereinander angebracht sind. Im Feld des Thomas ist – erheblich kleiner als der Heilige – der Stifter der Taufe, der Kanoniker Degenhard Ree, in betender Haltung dargestellt; über der Figur ein geschwungenes Spruchband (C), vor ihm ein Wappenschild. Um den oberen Rand der Taufe verläuft ein Inschriftenband (D), das über der Figur des Alexander beginnt. Die Buchstaben der Inschriften heben sich glatt vom schraffierten Hintergrund ab. Die Worttrenner sind in Form unterschiedlich gestalteter Blätter und Rauten ausgeführt.

Maße: H.: 101 cm; Dm.: 114 cm; Bu.: 3 cm (A, C), 1,5 cm (B), 3,3 cm (D).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien in gotischer Majuskel.

Bildarchiv ADW Göttingen, Inschriftenkommission [1/4]

  1. A

    · s(an)c(t)a · felicitas · mat(e)r · allex(a)nd(ri)a) // · sanctus · allexander · // · s(an)c(t)usb) · thomas · apostolus · // Joha(n)nes · babtista · // · sancta · maria · virgo // · Jhesus · cristus · // · i(o)h(ann)es · ewa(ngelis)tac) · // petrus

  2. B

    got · gheue · de(n) · sele(n) · // rat ·de · dit · ghe · m(a)k(e)td) · h(a)t ·1)regner(us) ·/ hen(n)y(n)g(us) ·

  3. C

    d(omi)n(u)s · dege(n)hard(us) · ree · orate · pro · dato(r)e ·

  4. D

    + Asperges · me · d(omi)ne · ysopo · et · // mu(n)dabor · lauabis · me · i(n)sup(er)e) · ny//ue(m) · de · albab orf)2) Vidi · aqua(m) · eg(r)ed(i)e(n)te(m) // · de · te(m)plo · a late(re) · dext(r)o · all(elui)a · et · om(ne)s // ad · quos · per·venit · aqua · is//ta · salui · facti · su(n)t · et · dicent · // alleluia · all(elui)ag)3) · Anno · d(omi)nih) · // · millesi(m)o · c°c°c°c° · xxvii° ·

Übersetzung:

Herr Degenhard Ree. Betet für den Stifter. (C)

Du wirst mich, Herr, mit Ysop benetzen, und ich werde gereinigt werden; du wirst mich waschen, ich werde weißer als Schnee werden. Ich sah das Wasser aus dem Tempel auf der rechten Seite hervortreten, Halleluja, und alle, zu denen dieses Wasser gelangte, wurden geheilt, und sie werden sagen: Halleluja, Halleluja. Im Jahr des Herrn 1427. (D)

Wappen:
Ree4)

Kommentar

Der in Inschrift C als Stifter des Taufbeckens genannte Kanoniker Degenhard Ree ist 1413 und 1414 urkundlich bezeugt.5) Außer dem Taufbecken hat er unter anderem einen Leuchter (vgl. Nr. 9) und zwei Kelche gestiftet. Er starb am 27. Oktober 1429.6) Ein diesem stilistisch sehr ähnliches Taufbecken befindet sich in der Kreuzkirche Hannover.7) Es ist ebenfalls in acht Seitenflächen gegliedert und trägt am oberen Rande dieselbe Inschrift (D). Auffällig gleichartig sind auch die Buchstaben gestaltet (s.a. Anm. f): die zum Teil als Quadrangeln ausgeführten Brechungen sind optisch so vor die Hasten gelegt, daß alle vier Ecken sichtbar sind. Ebenso ist der Querbalken z. B. bei f und t teils vor, teils hinter die Haste gelegt, so daß der Eindruck eines durch die Haste gezogenen Balkens entsteht. Diese Gemeinsamkeiten lassen darauf schließen, daß auch das Hannoveraner Taufbecken, auf dem der Gießer nicht genannt ist, von Henning Regner stammt. Habicht vermutet dessen Werkstatt in Hildesheim und weist dort einen Bürger gleichen Namens für die Jahre 1421, 1422 und 1427 nach.8)

Textkritischer Apparat

  1. allex(a)nd(ri)] Am Schluß kein Kürzungszeichen.
  2. s(an)c(t)us] xcus Garbe.
  3. ewa(ngelis)ta] Die beiden letzten Buchstaben hochgestellt.
  4. ghe·m(a)k(e)t] gheve(n) Mithoff; ghe wet mit Strich über dem zweiten e bei Garbe. Das Wort wurde aus Platzmangel stark gekürzt. Der Befund läßt sich folgendermaßen beschreiben: m und k sind ligiert, über m zwei Punkte, die möglicherweise das ausgefallene a bezeichnen. Das Schluß-t ist klein über den letzten Buchstaben gestellt und steht wohl für die Endsilbe et.
  5. i(n)sup(er)] et sup Mithoff. Die Lesung Mithoffs entspricht dem Bibelwortlaut.
  6. de · albab or] Irrtümlich durch einen Worttrenner unterbrochen; in gleicher Weise auf der Bronzetaufe der Kreuzkirche in Hannover, vgl. DI 36 (Hannover), Nr. 14.
  7. all(elui)a] alta und hochgestellter r-Haken Mithoff.
  8. d(omi)ni] Fehlt Mithoff.

Anmerkungen

  1. Der Text ist nicht sicher zu verstehen. Vielleicht: ‚Gott gebe der Seele desjenigen Hilfe, der dies gemacht hat‘.
  2. Ps. 50,9, Antiphon zur Austeilung des Weihwassers während des Jahres.
  3. Nach Ez. 47,1 u. 9ff., Antiphon zur Austeilung des Weihwassers in der Osterzeit.
  4. Wappen Ree (Reh).
  5. Feise, Urkundenauszüge, Nr. 529, S. 117, und Nr. 541, S. 119.
  6. Letzner, Chronica VI, Teil 1, 5, fol. 64r.
  7. DI 36 (Hannover), Nr. 14.
  8. Ebd.; Victor Curt Habicht, Die gotische Kunst der Stadt Hannover. In: Hannoversche Geschichtsblätter 16 (1913), S. 233–285, hier S. 259f.; zu Regner s.a. Thieme/Becker, Künstler-Lexikon 8, S. 88.

Nachweise

  1. Mithoff, Kunstdenkmale, S. 39.
  2. Friese, Einbeck, S. 37.
  3. Garbe, Kirchen, S. 59–61 (ohne D).

Zitierhinweis:
DI 42, Einbeck, Nr. 10 (Horst Hülse), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di042g007k0001000.