Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 64: Querfurt (2006)
Nr. 38† Gatterstädt (Stadt Querfurt), ev. Kirche (St. Georg) 1478
Beschreibung
Glocke. Sie war die größte des dreistimmigen Geläutes; ihre Verlustumstände sind unbekannt.1) Der Gußvermerk (A) und das anschließende Gebet (B) umliefen die Schulter zwischen zwei Schnurstegen.2) Auf einer Flankenseite sah man eine Kreuzigungsgruppe, auf der gegenüberliegenden eine Ritzzeichnung des hl. Georg, wie er zu Pferd gegen den Drachen ansprengt. Der Text wurde neben mehreren griechischen Kreuzen in der Zeilenmitte auch durch einige geometrische Figuren, die sich aus Dreiecken zusammensetzen, unterbrochen. Die Inschrift schloß mit einem Gießerzeichen.3)
Inschrift nach Faksimile der Abreibung in Kdm.
Maße: Dm.: 116 cm.2)
Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.
- A
Annoa) d(omi)ni + mo cccco lxxviiio ·b)
- B
Uasc) devs hoc signa + plebs salva + sit avra benigna ·d) +e)
Übersetzung:
Im Jahr des Herrn 1478. (A) – Gott segne diese Glocke, das Volk sei wohlbehalten, das Wetter freundlich. (B)
Versmaß: Leoninischer Hexameter (B).
Textkritischer Apparat
- Anno] Vor dem Wort ein gleichseitiges Dreieck, das in der Mitte aller Innenseiten und an den Außenseiten der beiden Schenkel mit jeweils einem kleineren Dreieck besetzt ist; vgl. Fig./Stz./M. 9. S. a. die ganz ähnliche Figur auf der Albersrodaer Glocke in Nr. 56 mit Anm. c bzw. Kdm. (Querfurt) 1909, S. 34. Das trapezförmige A mit beiderseits überstehendem Deckbalken, der linke Schrägschaft mit starker tropfenförmiger Schwellung unten nach links umgebogen. Der verkürzte rechte Schrägschaft verfügt im oberen Bereich über einen waagerechten Zierstrich; unten begrenzt ihn ein rechtwinklig angesetzter Sporn.
- Gleichseitiges Dreieck, an dessen Scheitel zwei weitere Dreiecke ansetzen; die Kontur des linken unvollständig wiedergegeben. Vgl. Fig./Stz./M. 10. S. a. dasselbe Zeichen auf einer Dreetzer Glocke (Lkr. Ostprignitz-Ruppin) in Wolff 1920, Taf. X (Abb. 23, rechte Fig.).
- Uas] Das U unzial und geschlossen, der Bogen mit starker Schwellung.
- Wie Anm. b, hier die Figur vollständig wiedergegeben, vgl. Fig./Stz./M. 11.
- Nach dem Kreuz das Gießerzeichen in Form eines waagerecht liegenden Doppelhakens, auf dem in der Mitte ein senkrechter Schaft steht, vgl. Fig./Stz./M. 12. Das Gießerzeichen Claus Rimans zeigt sonst anstatt des Schaftes ein Kreuz, vgl. Wolff 1920, Taf. X (Abb. 14); Liebeskind 1905, S. 59; Otte 1884, S. 207. S. a. die etwas abweichende Wiedergabe auf dem Abreibungsfaksimile der Riman-Glocke in Krumpa (Lkr. Merseburg-Querfurt) in Kdm. (Querfurt) 1909, S. 52.
Anmerkungen
- Die Glockenbestandsaufnahme von 1917 nennt sie nicht mehr, an ihrer Stelle aber eine Glocke von 1904, vgl. LfD Halle, Glockenbestandserfassung 1. Wk., Aufnahmebogen vom 12. 3. 1917 zu Gatterstädt. Hingegen lassen Bergners Angaben noch auf ihre Existenz schließen, vgl. Kdm. (Querfurt) 1909, S. 342. Zur Zusammensetzung des Geläutes vgl. Nr. 59, 60.
- Vgl. wie auch im folgenden Kdm. (Querfurt) 1909, S. 109 (Faksimile der Abreibung).
- Vgl. Fig./Stz./M. 12. Vermutlich Gießerzeichen des Meisters Claus Riman, vgl. Otte 1884, S. 207; Liebeskind 1905, S. 58f.; siehe Anm. e.
- Zu Meister und Werk vgl. Eichler 2003, S. 224; Walter 1913, S. 848; ThB 28, 1934, S. 358 (Lit.); LfD Dresden, Jungwirth 1941, S. 55f. (das hier angegebene Werkverzeichnis nicht gesichert); Liebeskind 1905, S. 58f.; Wolff 1920, S. 170.
- Vgl. zum Formular Nr. 21; Liebeskind 1905, S. 58.
Nachweise
- PfA Leimbach, Chronik 1714/17, S. 50.
- Dietmann 1/3, 1754, S. 792 (unvollst.).
- Kdm. (Querfurt) 1909, S. 109, 342.
Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 38† (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0003804.
Kommentar
Auf der Abreibung weisen manche Buchstaben einen leichten Neigungswinkel auf, weshalb anzunehmen ist, daß die Schrift über Wachsmodelle erstellt wurde. Ober- und Unterlängen sind fast gänzlich in das Mittelband gedrängt. Die Fahne des r verziert eine unten ansetzende, gebogene Haarlinie. Der Bogen des g holt nach rechts aus, bevor er in einen waagerechten Balken übergeht, der des h mündet unter der Grundlinie in ein Zierhäkchen. Die Schäfte von b, h, l und t enden oben stumpf und sind rechtsschräg abgeschnitten.
Das Gießerzeichen verweist mit einiger Sicherheit auf den Naumburger Meister Claus Riman, dem sich im weiteren Saale-Unstrut-Raum zwischen 1463 und 1481 mehrere Glocken zuordnen lassen.4) Das dem Gußjahr folgende Gebet deutet darauf hin, daß hier vermutlich eine ältere Glocke ersetzt und deren Inschrift übernommen wurde.5)