Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 64: Querfurt (2006)

Nr. 25 Obhausen, ev. Pfarramt 2.–3. V. 14. Jh.

Beschreibung

Kelch, Silber, getrieben, graviert, ehemals vergoldet. Er gehörte der Kirche zu Döcklitz. Die trichterförmige Kuppa sitzt auf einem runden Schaft, der ober- und unterhalb des äußerst flachen, gerippten Nodus durch getriebene Wellenranken und Perlstäbe verziert ist. Den mäanderartig sich fortsetzenden Stengeln entsprießen Weinblätter und Blüten. Am Rand des runden, erst im Zentrum steil ansteigenden Fußes verläuft in einem eingetieften Dreiviertelkreisbogen vor kreuzschraffiertem Hintergrund die erhaben ausgeführte Stifterinschrift mit Bitte um Fürbitte.1) Die schräg abfallende Zarge bleibt flach, der Standring unauffällig schmal.

Maße: H.: 14,4 cm; Dm.: 11,5 cm2); Bu.: 0,6–0,7 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Ilas Bartusch) [1/2]

  1. · MERSEBORGH · KATERINA · ORATE · PRO EIS ·

Übersetzung:

Merseborgh und (?) Katharina, betet für sie.

Kommentar

Die Buchstaben zeichnen sich vor allem durch starke Bogenschwellungen aus, die außen und an den Innenseiten der B-Bögen spitz ausgezogen wurden. Die Schaftenden sind gespalten und münden in beiderseits anliegende Sporen. Den Balken des T ersetzen keilförmige, nach außen gebogene Balkensporen, die in kleinerer Ausprägung auch am S und am oberen Bogenende des G anliegen. Den Mittelbalken des pseudounzialen A bildet eine rechtsschräge Haarlinie. Während das symmetrisch unziale M offen blieb, schließt das unziale E ein breiter Abschlußstrich gänzlich ab. Das N erscheint in runder Grundform. Als Worttrenner dienen quadratische Tatzenkreuze.

Anhand datierter und datierbarer Vergleichsstücke läßt sich dieser Kelch in die Zeit um die Mitte des 14. Jahrhunderts einordnen.3) Da die Aufforderung zur Fürbitte sich auf mehrere Personen bezieht ( EIS), möchte man schlußfolgern, daß mit MERSEBORGH nicht die Stadt, sondern eine zweite Stifterin neben Katharina gemeint ist. Die Beschränkung auf die Angabe des Vornamens wäre noch im 14. Jahrhundert durchaus kein Einzelfall, da in Anbetracht von Gottes Universalkenntnis eine präzise Bezeichnung der Person überflüssig schien.4) Allerdings spricht gegen diese Annahme, daß Merseborgh bisher als bürgerlicher Vorname nicht nachgewiesen ist, so daß die Inschrift letztlich widersprüchlich bleibt.5)

Anmerkungen

  1. Vgl. zu den Beschriftungstechniken auf Goldschmiedearbeiten Bayer 1999, S. 97 f.
  2. Dm. des Fußes; Dm. der Kuppa: 10 cm.
  3. Vgl. Nr. 26; die Kelche Nr. 34, 36, 37, 40, 41, 45 in Goldschmiedekunst 2001, S. 215ff., 218ff., 222f., 226f., 230f.; Kohlhaussen 1968, S. 129 Nr. 214 mit Abb. 217; DI 39 (Lkr. Jena) 1995, Nr. 9 mit Abb. 6a/b/c.
  4. Vgl. die Inschriften der Kelche Nr. 30, 33, 36 in Goldschmiedekunst 2001, S. 208, 212, 218.
  5. Bezüglich des Namens wurden vergeblich zu Rate gezogen: Förstemann 1900; Socin 1903; Bach 1956, Brechenmacher 1961; Gottschald 1982.

Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 25 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0002507.