Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 64: Querfurt (2006)

Nr. 24† Querfurt, ev. Stadtkirche (St. Lambert) 1352

Beschreibung

Glocke. Im Jahre 1352 wurden für die Querfurter Stadtkirche zwei Glocken gegossen, von denen die größere bei Löscharbeiten im Stadtbrand von 1655 sprang.1) Die kleinere hatte den Ton G und wies etwas unterhalb des Gußvermerkes (A) die Klage (B) auf.2) Diese wurde zusammen mit der Vesperglocke 1816 zugunsten eines neuen Geläutes eingeschmolzen.3)

Inschrift nach Webel [1714/15].

  1. A

    Anno Domini MCCC. LII. in die S(ancti)a) Johannis Bapt(istae)b) est fusac).

  2. B

    O sid) sentires, quo tendise), unde venires,Nunquam gauderes, sed omnif) tempore fleres.

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1352 ist sie am Tag des heiligen Johannes des Täufers gegossen worden (A). O wenn du wüßtest, wohin du strebst, woher du kommst, du wärest niemals froh, sondern weintest alle Zeit (B).

Versmaß: Leoninische Hexameter (B).

Datum: 24. Juni 1352.

Kommentar

Das in den beiden Versen anklingende Vanitas-Motiv spiegelt das Selbstverständnis der Bürger zu einer Zeit, in der die Pest den Tod zur alltäglichen Erfahrung werden ließ.4) Aus welcher Quelle diese Klage stammt, muß mangels weiterer Belege offenbleiben.5)

Textkritischer Apparat

  1. S(ancti)] Fehlt bei Webel 1687; 8. Heine.
  2. Bapt(istae)] Lat. Webel 1687.
  3. fusa] funda Webel 1687; fusata Heine, Kdm.
  4. si] oi Webel 1687.
  5. tendis] Lies metrisch und grammatikalisch korrekt: tendas. Ich danke Prof. Dr. R. Jakobi, Halle, für diesen Hinweis.
  6. sed omni] Lies metrisch korrekt: omni sed. Ich danke Prof. Dr. Th. Klein, Halle, für diesen Hinweis.

Anmerkungen

  1. Vgl. Einl. Kap. 6 Nr. 13. S. a. Webel [1714/15], S. 129 f.; Heine 1880, S. 32 f., 40; Kdm. (Querfurt) 1909, S. 199; Voigt 1928, S. 331. Das Gewicht der größeren betrug 43,5 Zentner. In Webels Manuskript stand wohl zunächst die Jahreszahl 1334, vgl. Webel [1714/15], S. 129, Anm.*. Anhand des vorliegenden Überlieferungsstranges läßt sich über das tatsächliche Gußjahr keine eindeutige Aussage treffen.
  2. Vgl. Webel [1714/15], S. 130; Heine 1880, S. 41.
  3. Vgl. Heine 1880, S. 41; s. a. Nr. 192.
  4. Vgl. Voigt 1928, S. 331, 403.
  5. Vgl. die sinnverwandten Spruchdichtungen im TPMA 11, 2001, S. 335 ff., z. B. „Was geboren ist, muß sterben.“

Nachweise

  1. Webel 1687, S. 73.
  2. Webel [1714/15], S. 130.
  3. Heine 1880, S. 41.
  4. Kdm. (Querfurt) 1909, S. 199.
  5. Voigt 1928, S. 403.

Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 24† (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0002400.